Vernetzte Gesundheit

"E-Health-Community braucht Geburtshilfe vom Staat"

Uhr | Aktualisiert
von asc

An der Veranstaltung "E-Health-Strategie und IHE im Spital umsetzen" am vergangenen Dienstag in Winterthur trafen sich IT-Administratoren aus Spitälern und Experten aus der E-Health-Branche um über die Trends und das kommende Schweizer Gesundheitsnetz zu diskutieren.

Informatik revolutioniert das Gesundheitswesen, in dem es das Wissen aller Ärzte zu einem Patienten zusammenführt und allen verfügbar macht. Die vernetzte Krankengeschichte entsteht, indem alle Akteure des Gesundheitswesens befähigt werden, ihren Teil der medizinischen Dokumentation zu einem Patienten über ein "Gesundheits-Netz" den anderen Berechtigten zur Verfügung zu stellen und umgekehrt, deren Dokumente einzusehen.

IHE schafft Brücken zwischen unterschiedlichen Standards

Die E-Health-Strategie Schweiz und IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) definieren standardisierte Wege dazu. IHE soll die Anwendung der bestehenden Standards im Gesundheitswesen verbessern, da sie den organisatorischen Gesamtprozess sowohl innerhalb eines Spitals oder einer Praxis als auch zwischen den Einrichtungen abbildet. IHE schafft so Brücken zwischen unterschiedlichen Standards und bietet Anwendern, Implementierern und Entwicklern ein umfangreiches technisches Rahmenwerk als Implementierungsleitfaden.

Nur leider ist das vernetzte Gesundheitssystem weitgehend noch eine Vision, den das wirklich vernetzte Gesundheitswesen gibt es in der Schweiz noch nicht.

Diese Vision legte auch Arben Thaqi, Business Integrator bei Bint, zu Beginn der Veranstaltung dar. Der Spezialist für Prozessintegration setzt alles daran, dass diese Vision bald zur Realität wird, denn auf Patientenseite und auf Seiten der Leistungserbringer gibt es jede Menge Vorteile der E-Health Schweiz Architektur. So könne der Patient verstreute Angaben bündeln und die eigene Krankengeschichte lückenlos dokumentieren. Und der Leistungserbringer hätte unter anderem mehr Transparenz des Behandlungsablaufes eines Patienten. Ein besonders grosses Problem sei heute laut Thaqi, die Interoperabilität zwischen den einzelnen Softwaresystemen in Spitälern.

Es fehlt der richtige Busines-Case

Dr. Helmut Oswald, Managing Partner Consulting des Swiss eHealth Campus erklärte in seinem Referat, dass es besonders wichtig sei, dass die Spitäler, Kliniken und Patienten vernetzt statt isoliert reagieren. Laut Oswald sind die Technologien schon alle vorhanden, allerdings werden diese noch nicht richtig eingesetzt. Ein erstes IHE-Projekt in der Schweiz wurde in Genf umgesetzt – doch auch das stellte laut Oswald noch keinen richtigen Business-Case dar.

Zudem steht die Frage im Raum, wer Zugriffsberechtigung auf die Daten hat. Wie viel Zugriffrecht haben zum Beispiel die Krankenkassen. Laut Oswald ist es heute so, dass die meisten Kassen einen kompletten Einblick haben. Doch das sei gar nicht nötig, da die Krankenkasse dazu da sei, die Behandlungen zu bezahlen und dafür reichen ein paar einfache Daten, welchen den Behandlungsprozess des Patienten transparent darlegen.

Holland macht es vor

Maarten Festen von Forecare war der ehemalige Projektverantwortliche des Medical Centre Leeuwarden für das IHE-Projekt "Friesland Regional Cardiology Network". Er hat mit seinem Team erfolgreich die Vernetzung von zwei grossen Herzspitälern und den dazugehörigen Praxen durchgeführt.

Nach Aussage nach Thomas Marko, Geschäftsführer von Bint, sei die Einführung eines "Gesundheits-Netzes" in der Schweiz ein "holpriger Weg", aber das stärkste Netz wird sich letztendlich durchsetzen. Die grösste Bremse bei der Entwicklung eines einheitlichen Systems sind bisher immer noch die Softwarehersteller. So gibt es am Universitätsspital in Basel über 200 verschiendene Softwaresysteme. Ein anderes Problem sei, dass viele Spitäler keine Prozessautomation wollen. Doch auch vom Bund fehlt die Unterstützung für den Aufbau eines einheitlichen Gesundheitsnetzes. "Eine E-Health-Community braucht die Geburtshilfe vom Staat", sagte Marko. Letztendlich hängt die Umsetzung eines vernetzten Gesundheitswesens von sehr vielen Faktoren ab.


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