IT-Stellen für Menschen mit Autismus

"Menschen mit Autismus haben Mühe bei der Stellensuche"

Uhr | Aktualisiert

Specialisterne Schweiz schafft in Zusammenarbeit mit Autismuslink in Zollikofen IT-Stellen für Menschen mit Autismus. Im Interview erläutert Katharina Matter, Verantwortliche Kommunikation und Kunsttherapeutin bei Autismuslink, aus welcher Motivation heraus dieses Projekt entstanden ist.

Frau Matter, wie entstand die Idee, IT-Stellen explizit für Menschen mit Autismus zu schaffen?

Katharina Matter: Menschen mit Autismus haben oft grosse Mühe, eine Stelle zu finden. Dabei würden sich viele von ihnen eigentlich perfekt für Stellen eignen, bei denen grosse Konzentration, Beharrlichkeit und ein Auge fürs Detail wichtig sind. Dazu gehört beispielsweise die Fehlersuche in bestimmten Computer-Programmen bzw. Programmcode. So entstand die Idee, dass wir von Autismuslink selber Stellen für diese Menschen anbieten. Doch alleine wollten wir dies nicht durchziehen. Wir suchten einen Partner.

Die Sie dann auch bekamen.

Ja, genau. Der Leiter von Autismuslink, Thomas van der Stad, lernte bei einem Vortrag den Gründer der dänischen IT-Firma Specialisterne, Thorkil Sonne, kennen. Sonne hielt damals einen Vortrag über seine Firma, die im Informatikbereich Stellen für Menschen mit Autismus geschaffen hatte. Van der Stad war sehr beeindruckt und nahm Kontakt mit den Dänen auf.

Was geschah danach?

Die Gespräche zwischen Thorkil Sonne und Vertretern von Autismuslink haben dazu geführt, dass Specialisterne Schweiz enstanden ist. Thomas van der Stad ist nun neben seiner Funktion als Leiter von Autismuslink auch CEO von Specialisterne Schweiz in Zollikofen.

Was zeichnet die Zusammenarbeit mit Menschen mit Autismus aus?

Das ist sehr unterschiedlich, da das Spektrum an Autismus sehr breit ist. Wir arbeiten beispielsweise mit Asperger-Autisten zusammen, die oft über eine hohe Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und spezifische Begabungen verfügen. Hingegen sind soziale Kontakte sowie die Arbeit im Team für sie tendenziell schwierig. In diesem Bereich benötigen sie Unterstützung. Einige haben Mühe, sich mitzuteilen, andere rutschen in eine Blockade, Zwänge oder völligem Rückzug, wenn sie sozial überfordert sind.

Wie sieht nun die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Autismuslink und Specialisterne Schweiz aus?

Specialisterne Schweiz stellt sich ab dem 1. Januar 2012 dem Arbeitsmarkt und arbeitet auf privatwirtschaftlicher Grundlage. Das heisst, dass wir für Kunden bestimmte Dienstleistungen aus dem IT- (Software Testing, Software Services, Datenerfassung) und Backoffice-Bereich erbringen und dafür honoriert werden. Im Moment werden acht Mitarbeiter eingeschult. Daneben wird Autismuslink weiterhin Assessments und Beratungen durchführen und Persönlichkeitsbildung (Sozialtraining und Kunstmodule) sowie Jobcoaching für Specialisterne sicherstellen. Das heisst, dass Autismuslink weiterhin Arbeitsintegration für Menschen mit Autismus anbietet, auch für solche, die nach den Abklärungen nicht in die Firma übertreten.

Wie sehen Sie die Erfolgschancen für dieses Geschäftsmodell? Besteht in der Wirtschaft überhaupt ein Interesse, solche Stellen zu unterstützen?

Specialisterne Dänemark ist seit sieben Jahren erfolgreich mit diesem Modell auf dem Markt tätig und hat Dutzende von Stellen für Menschen mit Autismus geschaffen. In weiteren eurpäischen Ländern bestehen Kooperationen. In bestimmten Nischen besteht offensichtlich Nachfrage. Unsererseits bestehen Kontakte zu Firmen, die bestimmte Aufgaben auslagern möchten, Know-how oder Unterstützung im Umgang mit einem autistischen Mitarbeiter suchen und zudem ein soziales Unternehmen unterstützen wollen.

Was bedeutet "Specialisterne" eigentlich?

Es ist das dänische Wort für "Spezialist" und weist damit auf die besonderen Begabungen von Menschen mit Autismus hin.