Gastbeitrag: Arbeitsplatzgestaltung

Prävention im Büro – mit wenig Aufwand viel Nutzen

Uhr | Aktualisiert
von Dr. Serge Pürro

Wer sich um die Gesundheit am Arbeitsplatz kümmert, wird dafür mit weniger Absenzen und leistungsfähigeren Mitarbeitenden belohnt. Am besten werden bereits bei der Büroplanung oder -einrichtung die Gesundheits- und Unfallrisiken berücksichtigt.

Anmerkung der Redaktion: Der Gastautor Dr. Serge Pürro ist Geschäftsführer der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS in Luzern. Der Artikel erschien in der Netzwoche 13/2012.

Im Büro stehen oft die Beschwerden im Vordergrund, die speziell mit der sitzenden Tätigkeit, dem Bildschirmarbeitsplatz und der Arbeit in klimatisierten Räumen zu tun haben: Rückenbeschwerden, Verspannungen, Sehnen- und Muskelleiden, Erkrankungen der Atemwege oder Augenprobleme bei schlechter Raumluft sowie psychische Probleme bei hoher Belastung. Hinzu kommen Unfälle im Büro, die meist durch Stolpern oder Stürze passieren. Oft unterschätzt wird die Tatsache, dass sich mehr als etwa 55 Prozent aller anerkannten Berufsunfälle in Dienstleistungsbetrieben ereignen. Ursachen dafür sind manchmal eine falsche Büroeinrichtung, aber oft auch ganz einfach zu behebende Mängel. Stolperunfälle können vermieden werden, wenn beispielsweise kein "Kabelsalat" geduldet wird, Schwellen markiert werden und alle Verkehrswege stets frei bleiben.

Prävention im Büro lohnt sich

Unfälle von Mitarbeitenden sind oft folgenschwer: Die Arbeit bleibt liegen, ein Ersatz muss eingestellt werden oder andere Mitarbeitende müssen Überzeit leisten. Im schlimmsten Fall geht ein Kunde verloren. Es lohnt sich für die Arbeitgeber, so gut wie möglich Beschwerden und Unfällen vorzubeugen. Denn grösstenteils tragen sie die Kosten bei Absenzen – und ein verlorener Arbeitstag kostet im Schnitt 600 Franken. Dabei gehen allein wegen Muskel-Skelett- Schmerzen Jahr für Jahr in der Schweiz rund 1,6 Millionen Arbeitstage verloren. Auch die Abwesenheiten wegen zu hohem Stress nehmen in der Schweiz stetig zu. Das Seco schätzt die belastenden Kosten für die Wirtschaft und die Unternehmen auf rund 4,2 Milliarden Franken.

Licht, Sicht ins Freie und Pausenräume

Die Gestaltung der Arbeitsräume hat einen wesentlichen Einfluss auf die Arbeitssicherheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Dies wirkt sich wiederum auf die Arbeitsweise und die Arbeitsqualität aus. Förderlich in einem Büro sind Tageslicht und die Sicht ins Freie von Arbeitsplätzen aus sowie eine der Arbeit und Nutzung der Räume angepasste künstliche Beleuchtung. Sehr wichtig ist die Sicht ins Freie auch in Pausenräumen, da sie damit eine wichtige Voraussetzung schaffen, um sich effektiv zu erholen. Lärm, Geräusche und Gespräche lenken ab Geräusche sind oft ein grosser Ablenkungsfaktor im Büro und können die Arbeitsleistung stark vermindern. Man sollte problemlos miteinander sprechen können, ohne die Stimme heben zu müssen. Elektronische Geräte wie Fax, Drucker und Kopierer sollten in einem separaten Raum platziert werden, um Mitarbeitende vor Lärm und Emissionen zu schützen. Ablenkungen entstehen dabei oft weniger durch die Geräte selbst, als vielmehr durch Personen, die die Geräte bedienen.

Können die Geräte nicht in einem separaten Raum aufgestellt werden, gilt es, darauf zu achten, dass ihre Lüftungsausgänge nicht gegen die Mitarbeitenden gerichtet sind. Somit kann eine unnötige Gesundheitsbelastung durch Emissionen umgangen werden. Denn elektronische Geräte verbreiten Feinstaub, die die Atemwege reizen und die Luftqualität belasten können. Um dies so gut wie möglich zu vermeiden, sollten die Geräte regelmässig gereinigt und gewartet werden.

Störfaktoren sind subjektiv

Die Wahrnehmung von Störfaktoren ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Ob etwas als informativ, angenehm oder störend empfunden wird, hängt von der Dosis oder den Umständen ab. Störende Faktoren können die Temperatur, Zugluft, der Geräuschpegel oder das Klingeln des Telefons sein. Auch berufliche oder private Gespräche unter Mitarbeitenden im gleichen Büro können je nach Arbeitsauslastung und Lärmpegel als störend empfunden werden. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass ein Besprechungszimmer oder ein Pausenraum zur Verfügung steht. So können diskrete, wichtige, aber auch persönliche Gespräche in einem separaten Raum abgehalten werden.

Auch die Raumtemperatur wird individuell sehr unterschiedlich empfunden und am besten ist es, im direkten Gespräch unter den Mitarbeitenden das Thema zu regeln. Mit regelmässigem Lüften der Räume kann eine vorzeitige Ermüdung vermieden werden.

Genügend Platz zum Arbeiten

Genügend Bewegungsraum bedeutet für die Mitarbeitenden einen angenehmen und sicheren Arbeitsplatz. Das heisst, genügend Ablagefläche auf dem Tisch und einen breiten Zugang zum Arbeitsplatz. Da persönliche Gegenstände wie Taschen, Mäntel, Regenschirme und Mappen häufig neben dem Arbeitsplatz abgestellt werden, können diese bei engen Verkehrswegen zu gefährlichen Stolperfallen werden. Deshalb sollte auch dafür eine Ablagefläche zur Verfügung stehen.

Gesundes Arbeiten ist oft nur eine Frage der Einstellung

Jeder Mitarbeitende ist einzigartig, und im Büroalltag arbeiten Menschen mit unterschiedlichsten körperlichen Eigenschaften. Um eine gesunde Arbeitshaltung zu fördern, benötigen sie deshalb Mobiliar, das durch verschiedene Einstellmöglichkeiten individuell an ihre Körpermasse angepasst werden kann. Oft braucht es dazu gar keine Neuanschaffungen, sondern nur die richtige Einstellung von Stuhl, Tisch, Bildschirm, Tastatur und Maus.

Für Arbeitsplätze, die mehr als 25 Stunden pro Woche sitzend genutzt werden, ist ein Sitz-Steh-Tisch ideal. Er erlaubt eine gesunde Abwechslung zwischen Tätigkeiten, die im Sitzen oder im Stehen verrichtet werden können. Ein optimal eingestellter Tisch nützt aber nichts, wenn der Stuhl nicht auch in der richtigen Höhe eingestellt werden kann.

Augen, Nacken und Rücken schonen

Bei der Arbeit am Bildschirm müssen Augen und Nacken viel leisten: 12 000 bis 33 000 Kopf- und Blickbewegungen zwischen Bildschirm, Tastatur und Unterlagen und 4000 bis 17 000 Pupillenreaktionen pro Tag. Wenn die Lichtverhältnisse am Bildschirmarbeitsplatz nicht stimmen, werden die Augen überanstrengt. Ein Teil der Beschäftigten klagt denn auch über häufige oder ständige Augenbeschwerden, wie müde, brennende und tränende Augen, die die allgemeine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.

Dies kann vermieden werden, indem der Bildschirmarbeitsplatz optimal eingestellt wird. Der Bildschirm sollte gerade vor dem Mitarbeitenden aufgestellt sein, sodass der Kopf nicht ab gedreht werden muss. Die Distanz zwischen Mensch und Bildschirm beträgt idealerweise eine Armlänge. Der Bildschirm sollte eine Handbreit unter der Augenhöhe sein. Auch zu vermeiden sind Reflexionen oder Spiegelungen von Lichtquellen auf dem Monitor, da die Augen dadurch noch mehr belastet werden. Werden diese und noch weitere Tipps im Büroalltag umgesetzt, erreicht man oft mit wenig Aufwand viel Nutzen am Arbeitsplatz.

Einige Informationen zur Büro-Einrichtung

  • Die Grundausleuchtung eines Büros sollte
    mindestens 500 Lux betragen.
  • Im Winter sollte die Temperatur zwischen
    21-23 °C liegen, im Sommer bis 25 °C.
  • Der Schallpegel sollte an einem Arbeitsplatz
    65 Dezibel nicht überschreiten.
  • Mit einer Arbeitsfläche von mindestens
    160 auf 80 Zentimeter ist für genügend
    Platz gesorgt, um Bildschirm, Tastatur
    und Maus ergonomisch aufstellen zu
    können.
  • Die Distanz zwischen der Tischkante und
    einem Hindernis oder einem Durchgang
    sollte einen Meter betragen.

So kann die Sitzhaltung getestet werden:

  • Bei geschlossenen Augen sollte der Kopf
    ohne Kraftanstrengung ausbalanciert
    sein. Ist dies nicht möglich, sitzt die
    Person nicht aufrecht.
  • Bei tiefem Ein- und Ausatmen sollte die
    Atmung bis tief in den Bauch gehen können
    und im Brustbereich nicht blockiert
    werden. Je besser und tiefer die Atmung
    gehen kann, desto besser ist die Sitzhaltung.