Projekt "Codex" eingestellt

Wegen Apple? Schweizer Online-Kiosk gescheitert

Uhr | Aktualisiert
von Simon Zaugg

Tamedia, Ringier und NZZ wollten über einen E-Kiosk Inhalte verkaufen. Doch das Projekt ist gescheitert: die Kosten sind zu hoch und Apple zu mächtig. Weitere verlagsübergreifende Projekte sind aber bereits geplant.

Schon länger versuchen die Schweizer Verlagshäuser, für Online-Inhalte Bezahlmodelle zu finden. Zumindest ein Vorhaben ist jetzt wieder begraben worden, wie gestern die "Handelszeitung" bekannt machte.

Unter dem Namen "Codex" wollten Ringier, Tamedia und die NZZ gemeinsam mit Orell Füssli einen Online-Kiosk lancieren, der Anfang dieses Jahres hätte starten sollen. Als Zahlungsabwicklerin war die Swisscom vorgesehen. Auf der E-Reading-Plattform hätten Zeitungen, Zeitschriften sowie deutsch- und englischsprachige Bücher verkauft werden sollen. Erste Testversuche seien erfolgsversprechend gewesen. Laut Angaben der "Handelszeitung" schreckten jetzt aber zu hohe Kosten und zu komplexe Anforderungen die Verlage davon ab, das Vorhaben weiter zu treiben.

Apple mitschuldig

Doch auch die Vormachtstellung von Apple dürfte einen beträchtlichen Anteil am Entscheid ausgemacht haben. Der Technologie-Konzern hatte den Verlagen Anfang Jahr mit der Einführung von Abonnenten Bedingungen diktiert, um von den Vorteilen des Apple-Ökosystems und insbesondere des App-Stores profitieren zu können (die Netzwoche berichtete). Tech-Blogger und Apple-Kenner Jean-Claude Frick sagte damals: „Die Konzerne beschweren sich genau deshalb jetzt besonders heftig, weil sie im Apple-Modell ein funktionierendes System sehen, über das sie wenig Macht haben und Apple ausgeliefert sind. Sie fürchten möglicherweise eine Wachablösung.“

"Codex" reiht sich damit ein in eine Reihe zwar innovativer und erfolgsversprechender aber letztendlich gescheiterter Web-Projekte von Verlagen. Mit Vanilla.ch hatte Ringier im September 2010 eine Verkaufsförderungsplattform lanciert, Ende März schwang das Projekt an den Best-of-Swiss-Web-Awards sogar in der Kategorie Innovation oben aus. Gut zwei Wochen später gab Ringier mit einer Medienmitteilung am Ostersamstag die Einstellung bekannt, weil die Plattform die im Businessplan formulierten Erwartungen nicht erfüllte.

Verlage geben nicht auf

In der Tat scheinen die Verlage aber erkannt zu haben, dass mit Eigenprojekten gegen Apple & Co. kein Staat zu machen ist. Weitere verlagsübergreifende Projekte sind in der Pipeline, wie die Netzwoche von Verlagsvertretern weiss.

Zusätzlich wollen Verlage von den neuen Absatzkanälen profitieren und werfen neue Angebote auf den Markt. So wurde heute etwa die Lancierung einer iApp-Kombi von Tamedia bekannt. 20 Minuten Online, Newsnetz und search.ch wollen den Traffic ihrer iPhone-Apps bündeln und lancieren ein iApp-Kombi.