Berlusconis Partys und Gaddafis vollbusige Begleitung

Wikileaks: Die neuesten Enthüllungen gab es weltweit zuerst in Basel

Uhr | Aktualisiert

Eine logistische Panne sorgte dafür, dass der neueste Coup von Wikileaks weltweit zuerst in der Region Basel enthüllt wurde. Radios, Blogs und Twitter verbreiteten die Kunde wie ein Lauffeuer auf der ganzen Welt - noch bevor die eingeweihten Medien überhaupt offiziell berichtet hatten.

Rund 250‘000 zum Teil geheime diplomatische Depeschen hatte Wikileaks dem deutschen Nachrichtenmagazin Spiegel zugänglich gemacht. Auszüge davon hätten koordiniert - mit den ebenfalls eingeweihten Publikationen New York Times, Le Monde, El Pais und Guardian - veröffentlicht werden sollen.

Doch es kam anders: Aufgrund einer logistischen Panne wurde der neueste Coup von Wikileaks weltweit zuerst in der Region Basel enthüllt. Ein Kiosk am Badischen Bahnhof verkaufte die aktuelle Spiegel-Ausgabe, die eigentlich erst heute hätte erscheinen sollen, für kurze Zeit schon gestern.

Radio Basel bekam davon Wind und Blogs und Twitter trugen die Enthüllungen frühzeitig in die Welt hinaus. Diese sind allerdings weit weniger brenzlig als von Wikileaks im Vorfeld angekündigt.

"Desaster für die US-Diplomatie"

Mit seiner neuesten Veröffentlichung werde man die Weltgeschichte neu schreiben, kündigte das Whistleblower-Netzwerk im Vorfeld an. Was dann folgte, war eine leise Enttäuschung: Die Geheimpapiere aus dem US-Aussenministerium enthüllen zwar die diplomatisch heikle Weltsicht der USA, wirklich Überraschendes legen sie aber nicht offen.

Trotzdem: Der Spiegel spricht von einem "Desaster für die US-Diplomatie". So liest man zum Beispiel, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel von US-Vertretern als "selten kreativ und risikoscheu" betitelt werde. In US-Diplomatenkreisen nenne man sie Teflon, da alles an ihr abpralle. Sein Fett weg bekommt auch Bundesaussenminister Guido Westerwelle. Er wird als "amerikakritisch, eitel und inkompetent" verrufen.

Eine "schwache Persönlichkeit" und getrieben von "Verschwörungstheorien" und "Paranoia" sei der afghanische Präsident Hamid Karzai. Russlands Premierminister Wladimir Putin wiederum wird als "Alpha-Rüde" betitelt und Präsident Dmitri Medwedew als "blassen" und "zögerlichen" Charakter beschrieben.

Spionageversuch gegen die UNO

Gemäss der britischen Zeitung Guardian sollen die USA versucht haben, die UNO auszuspionieren. So sammle die USA Kreditkarteninformationen, Flugnummern sowie E-Mail- und Telefonverzeichnisse von UNO-Diplomaten, heisst es im Spiegel dazu. Dies soll direkt von US-Aussenministerin Hillary Clinton angeordnet worden sein.

Auch Israels Verteidigungsminister Ehud Barak hat sich in den neuesten Wikileaks-Enthüllungen nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Gemäss Guardian habe er die USA zu einem Militärschlag gegen den Iran aufgefordert. Länder wie Saudiarabien, Bahrain und Jordanien sollen ihn dabei unterstützt haben.

Weiter habe der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh dafür gesorgt, dass amerikanische Interventionen gegen Al-Qaida in der Öffentlichkeit als Angriffe der jemenitischen Armee dargestellt worden seien. Die New York Times zitiert Saleh wie folgt: "Wir werden weiterhin sagen, dass es unsere Bomben sind, nicht Ihre."

255 Dokumente aus der US-Botschaft in Bern

Und natürlich darf auch der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi nicht fehlen. Er reise so gut wie immer in der Begleitung einer vollbusigen ukrainischen Krankenschwester, heisse es in den Wikileaks-Dokumenten.

Und Silvio Berlusconi? Der italienische Ministerpräsident wird von US-Diplomaten als "inkompetent, aufgeblasen und ineffektiv" beschrieben. Zudem sei er "physisch und politisch schwach" und seine "Vorliebe für Partys" erschwere ihm seinen politischen Alltag.

Übrigens: Von den rund 250'000 Dokumenten sollen rund 255 aus der US-Botschaft in Bern stammen. Was diese für Informationen enthalten, ist bis jetzt allerdings nicht bekannt.

China hackt den Dalai Lama 

Aus den Wikileaks-Dokumenten geht ebenfalls hervor, dass China von den USA verdächtigt wird, für die Hackerangriffen auf Google und westlichen Regierungen verantwortlich zu sein. Eine Kontaktperson aus China nenne gar explizit die chinesische Regierung im Zusammenhang mit der Cyberattacke.

Doch damit nicht genug: Nicht nur Computer der USA und westlicher Verbündeter sollen von China gehackt worden sein, sondern auch die Rechner des Dalai Lamas, dem geistlichen Anführer der Tibeter. Eine öffentliche Beschuldigung der chinesischen Regierung durch die USA blieb bis jetzt aus. 

Cyberattacke kurz vor der Veröffentlichung

Kurz vor der Veröffentlichung der Dokumente wurde Wikileaks Opfer einer Denial-of-Service-Attacke. In einem Tweet übernahm der Hacker th3j35t3r die Verantwortung für den Cyberangriff.

Die Folgen des Angriffs waren allerdings nicht gravierend und Wikileaks nur für kurze Zeit im Web nicht erreichbar.