in Kooperation mit IBM

Smarte Kunden wollen einen smarten Handel

Uhr | Aktualisiert
von Österreich bei IBM Schweiz

Das Kundenverhalten hat sich mit neuesten Technologien und nie dagewesener Transparenz im Internet grundlegend verändert. Die individuelle Adressierung des Kunden über alle Kanäle in einer vollständig integrierten Wertschöpfungskette zählt immer mehr. Die Zusammenarbeit zwischen Marketing und IT wird dabei in Zukunft für den erfolgreichen Handel eine Schlüsselrolle spielen.

Marcel Kuster ist Leader Smarter Commerce Schweiz und Österreich bei der IBM Schweiz AG. (Quelle: IBM)
Marcel Kuster ist Leader Smarter Commerce Schweiz und Österreich bei der IBM Schweiz AG. (Quelle: IBM)

Natürlich werden auch in Zukunft alle Bemühungen, Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, auf den Kunden fokussiert bleiben. Allerdings ändert sich grundlegend die Art und Weise, wie das geschieht. Den Ausschlag dazu hat die moderne Technik geliefert, die jedem Menschen heute erlaubt, von überall auf der Welt jederzeit Informationen auf jeglichen internetfähigen Geräten abzurufen. In Sekundenschnelle werden Informationen ausgetauscht, über die beispielsweise in sozialen Medien mit anderen diskutiert werden kann. Damit ist das Internet zur massgeblichen Kommunikationsplattform des Alltags mutiert, das mit rasantem Tempo auch im Handel Einzug hält. Mit der Fähigkeit zur einfachen, umfassenden Vernetzung ist es das zentrale Instrument geworden, um Einkäufe zu tätigen oder sie zumindest vorzubereiten.

Laut der neusten IBM-Handelsstudie setzen bereits 86 Prozent der Verbraucher weltweit beim Einkaufen auf mindestens ein digitales Medium und 49 Prozent benutzen dafür bereits zwei oder mehr Technologien. Sie profitieren von gemeinsamen Diskussionen im Internet über Marken, Firmen, Produkte und Dienstleistungen und bereiten so ihre Kaufentscheide vor. Wo sie dann kaufen, ob direkt im Web oder irgendwo an der Ladentheke, ist für sie sekundär geworden, solange sie den Kanal frei wählen können. Viel wichtiger ist dagegen, dass sich immer weniger Kunden allein auf Firmeninformationen verlassen, sie sind viel mündiger geworden. Nur noch etwa 19 Prozent der Konsumenten trauen den Unternehmen, sie holen sich viel lieber Rat und Tipps über unterschiedlichste Kanäle der Online-Community. Damit haben die interaktiven Kommunikationswege, wie sie etwa in Blogs, Chats, auf Twitter oder Facebook zur Verfügung stehen, das traditionelle Kundenverhalten drastisch verändert.

Die Macht des Kunden wächst

Die Auswirkungen auf die Produzenten und den Handel liegen auf der Hand. So ist aufgrund des unlimitierten Zugangs zu Informationen, die sich in kürzester Zeit weltweit verbreiten lassen, die Macht der Konsumenten rasant gewachsen. Hersteller und Handelsunternehmen, die sich auf die geänderten Rahmenbedingungen nicht einlassen, haben es künftig schwer, die Kommunikation und das Verhalten ihrer Kunden richtig einzuschätzen. Wenn sie sich nicht an die neue Situation anpassen, riskieren sie, auf Kundenpotenziale zu verzichten. Sie bemerken auch nicht, wenn ihre Produkte, Services oder die eigene Marke in einer der zahlreichen Web-Communitys öffentlich kritisiert werden. Welche Konsequenzen das haben kann, lässt sich an diversen Unternehmen ablesen, die – berechtigt oder nicht – ins Fadenkreuz von Netzaktivisten geraten sind und Umsatzeinbussen hinzunehmen hatten.

Weil die traditionelle Einweg-Kommunikation von der Firma zum Kunden immer obsoleter wird, sind Geschäftsmodelle und Prozesse gefragt, die zur Interaktion einladen und das aktive Mitmachen unterstützen. Dies führt zum Ansatz des «smarten Handels»: Die gesamte Wertschöpfungskette – Marketing, Einkauf, Vertrieb und Kundendienst – ist in Einklang mit dem interaktiven Verhalten der Kunden zu bringen, um sie mit den richtigen Angeboten zur richtigen Zeit adressieren zu können. Gefragt ist ein Businessmodell, das von hocheffizienten Marketingfähigkeiten profitiert, die konsistente Botschaften an alle relevanten Medien liefert. Dafür ist eine intelligente Infrastruktur nötig, die so optimiert ist, dass sie die gewandelten Kundenansprüche schnell aufnimmt und genauso effizient die nachgelagerten Prozesse vom Einkauf bis zum Vertrieb abwickelt. Nötig sind dafür hochleistungsfähige, integrierte Systeme, die alle Potenziale der neuen Multi- und Cross-Channel-Welt ausnutzen und grosse Datenmengen verarbeiten können. Infrastruktur-Silos werden hier zu Stolpersteinen.

Neues Gespann: Marketing und IT

Das Marketing als Schlüsselinstrument für die Kundeninteraktionen im Handel steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Die bisher grob segmentierte Kundenansprache in traditionellen Medien erreicht immer weniger potenzielle Kunden. Deshalb ist künftig ein gezieltes, individuelles und personalisiertes Marketing über alle relevanten Kanäle, mit verstärktem Fokus auf die digitalen Medien, wirkungsvoller und entscheidend für den Erfolg. Dafür gilt es, die Informations- und Kommunikationsmittel in die heute bereits etablierten Ensembles neuer Kanäle zu integrieren. Es geht beispielsweise darum, existierende Plattformen für den Kundenaustausch zu adressieren, über die bereits Empfehlungsketten laufen und auf denen Agenda-Setting betrieben wird.

Der Austausch im Internet erfolgt sehr stark über Interessen- und Onlinegruppen, Businessnetzwerke, kommentierende, kritische Blog-Aktivisten oder Abonnenten von speziellen Podcasts. Diese Kanäle haben sich zu veritablen Alternativen etabliert zu der durchaus weiterhin bestehenden Kundenansprache via E-Mail, SMS, Callcenter, Online-Shops, der eigenen Website und natürlich dem Ladengeschäft (POS). Hier müssen sich die Hersteller und Händler engagieren, um gezielt eigene Ideen einzubringen und zu reagieren, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in die Kritik geraten.

Um das zu erreichen, müssen die Marketingleiter als Erstes die in diesen Kanälen vorherrschende Datenflut effizient und effektiv nutzen können. Es gilt, aus einer Unmenge von vielfach unstrukturierten Daten sinnvolle Informationen, nämlich «Customer Insights» zu gewinnen. Basierend auf diesen Erkenntnissen müssen sie sich als Zweites in Echtzeit entscheiden, also während sich der Kunde im Online-Shop bewegt, welche Botschaft als Nächstes den Kunden ansprechen soll, das sogenannte «Next Best Action». Im dritten Schritt muss diese Botschaft idealerweise automatisiert über den richtigen Kanal zum Kunden gelangen.

Diese Anforderungen sind nicht mehr ohne Technologie abzudecken, wobei das Marketing je länger desto mehr auf die IT angewiesen ist. Hier bricht eine bisher gern aufrechterhaltene organisatorische Barriere in den Betrieben weg. Denn Marketing- und IT-Verantwortliche, CMO und CIO, können nur gemeinsam über die aktive Integration von nötigen neuen Lösungen entscheiden. Das Know-how beider ist nötig, um Innovationen umzusetzen. Ihr gemeinsamer Fokus ist dabei der automatisierte Fluss der Kundendaten und die erfolgsorientierte Kundenansprache.

Zuhören, entscheiden, optimieren

Um die Ansprüche der Kunden, die durch die sozialen Medien erheblich mündiger geworden sind, zu erfüllen, sind Hersteller und Handel im Marketing auf leistungsfähige Steuerungsinstrumente angewiesen. Immerhin müssen Tausende oder Millionen von Kunden adressiert, Dutzende Kanälen bedient und täglich hunderte Botschaften jederzeit an den Kunden gebracht werden können. Benötigt wird ein integriertes, zentrales Marketingcockpit mit Fähigkeiten zur regelbasierten Entscheidungsfindung und zur Optimierung der Marketingaktionen. In Zukunft werden beispielsweise Online-Marketers eine einzige hoch integrierte Plattform nutzen, die drei wesentliche Tools umfassen sollte: die Analyse aller relevanten Internetkanäle, ein auf diesen Analysen beruhendes Werkzeug zur Planung und Durchführung von Marketingaktivitäten und ein Messinstrument für die erzielten Resultate, das in direkter Korrelation mit den Umsätzen des Unternehmens zu stehen hat.

Intelligente Lösungen im EMM-Umfeld (Enterprise Marketing Management) integrieren diese drei Bereiche. Kunden- und Marktverständnis gehen hier Hand in Hand. Eine solche Software schafft es via Dashboards, auf einer einzigen Oberfläche spezifische unternehmens-, produkt- oder markenbezogene Onlinekommentare auszuwerten. Die Analyseergebnisse können dabei direkt in die Optimierung der Social-Media- oder anderer Onlineaktivitäten einfliessen und am Ende auf die Relevanz für das Unternehmen hin überprüft werden.

Immer mehr Unternehmen entwickeln ihre Marketingfähigkeiten in diese Richtung. Der Sportgetränkehersteller Gatorade beispielsweise zeigt auf Youtube anschaulich, wie in einem Mission Control Center die Onlinekanäle überwacht und Onlinemarketing betrieben wird. In dem Center wird ermittelt, was im Social Web über die Marke oder das Unternehmen gesprochen wird, relevante Tweets werden abgebildet und alle Tracking-Begriffe dargestellt, die im Zusammenhang mit Gatorade stehen. Eine detaillierte Stimmungsanalyse erfasst dabei aber nicht nur die Kunden-Feedbacks, sondern auch Mitbewerber, engagierte Athleten und allgemeine Diskussionen zum Thema Sporternährung. Alles wird präzise überwacht und die Analysedaten fliessen direkt in die Verbesserung der bisherigen Marketingaktivitäten und damit in neue Produktkampagnen ein.

Adieu Giesskannenprinzip

Ausgefeilte Lösungen für einen intelligenteren Handel gehen noch einen Schritt weiter. Mit ihnen können Kampagnen vorab simuliert und getestet werden. So ist es nicht nur möglich, die Effizienz geplanter Aktionen auszuprobieren und die optimale Kampagne für ein Segment zu definieren, sondern auch die besten Onlinekanäle für bestimmte Kampagnen festzulegen. Statt im Giesskannenprinzip unkontrolliert zu starten, wird hier auf individuelle Erwartungshaltung der jeweiligen Anspruchsgruppen fokussiert. Da ausserdem eine stark regelbasierte Technik zum Einsatz kommt, wird bei diesen Aktivitäten beispielsweise der Spam-Gefahr von Anfang an ein Riegel geschoben.

Die Auswertung der Marketingaktivitäten geht sehr weit, zumal die Kunden normalerweise zahlreiche Spuren im Internet hinterlassen. So lässt sich erfassen, wer auf die Marketingaktion zum Beispiel bei Facebook mit dem Like-Button reagiert hat oder wie sie auf Twitter kommentiert wurde. Anders als beim Brief, wo man nur weiss, dass er ankommt, lassen sich nun konkrete Reaktionen nachvollziehen. Neben dem Onlineverhalten werden zudem weitere Erfolgsdimensionen einer Kampagne integriert analysiert. Beispielsweise wollen Online-Marketer heute täglich den Status der Kundenloyalität abrufen können, um zu sehen, wie auf Marketingaktivitäten reagiert wurde. Und schliesslich darf auch eine Analyse des Return on Investment nicht fehlen. Die grosse Herausforderung dabei ist, dass Veränderungen von Verkaufszahlen mit Marketingaktivitäten in Social Media in Zusammenhang gebracht werden müssen. Entsprechende Technologien und Modellierungen können dies bereits ermöglichen.

Aktuelle Konzepte für einen intelligenteren Handel treiben diesen Integrationsgedanken aber noch einen Schritt weiter. In Zukunft müssen Unternehmen die Marketingfunktion so integrieren, dass automatisiert auch Einfluss auf den Einkauf, Vertrieb und Kundendienst genommen werden kann, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Produkte verfügbar zu haben. Neben der direkten Auswertung des Kundenverhaltens erlauben diese Konzepte die schnelle und einfache Optimierung, wenn die Marketingkampagnen Schwächen zeigen und beispielsweise Spitzenzeiten im Verkauf abzudecken sind oder der Einkauf zu beschleunigen ist.

Das Zuhören und Teilnehmen an für Hersteller und Handelsunternehmen wichtigen Diskussionen und die Analyse des Onlineverhaltens der Kunden sowie die daraus resultierende permanente Optimierung der eigenen Aktionen und Prozesse sind die wichtigsten Schritte in die Welt des Multi- und Cross-Channel-Marketing. Aus dem Modell des smarten Handels lassen sich klare Strategien ableiten, an deren Ende immer eine Umsatzsteigerung steht. Die gesamte Wertschöpfungskette –Marketing, Einkauf, Vertrieb und Kundendienst – noch weiter auf den Kunden auszurichten, ist somit eine lohnende Investition.