Swiss BPM Forum 2013

Von Panzertüren und übervollen Postfächern

Uhr | Aktualisiert

Was tun, wenn den eigenen Mitarbeitern der Inhalt des eigenen Briefpostfachs über den Kopf wächst und sie deswegen ihre Post einfach mal eine Weile auf eine Rundreise schicken? Dann, so wissen wir nach dem Swiss BPM Forum, ist es Zeit für eine Prozessautomation.

(v.l.) Renato Stalder, Alain Badoux, Michael Rauchenstein (Moderation), Stephan Loretan und Thomas Allweyer bei der Executive Panel Diskussion. (Quelle: Netzmedien)
(v.l.) Renato Stalder, Alain Badoux, Michael Rauchenstein (Moderation), Stephan Loretan und Thomas Allweyer bei der Executive Panel Diskussion. (Quelle: Netzmedien)

Wissen Sie, was im Maschinenraum Ihres Unternehmens vor sich geht? Wenn nicht, sollten Sie ihn vielleicht einmal besuchen. Denn auch ein Stratege muss wissen, wie die Techniker arbeiten, um dann wieder seine Strategien weiterentwickeln zu können. Das hat Thomas Allweyer von der Fachhochschule Kaiserslautern den anwesenden Führungskräften gestern am Swiss BPM Forum in Regensdorf empfohlen. Er dürfte damit gemeint haben, dass die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis zwischen verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens wichtig sind.

Denn gerade zwischen dem Business und der IT hapert es des Öfteren. Das gab Renato Stalder, CEO von Soreco, an der Executive Panel Diskussion zu bedenken. Mit ihm standen Allweyer, Stephan Loretan, Mitglied der Geschäftsleitung der ZHAW, und Alain Badoux, Managing Director Software AG Schweiz, auf der Bühne. Der IT-Verantwortliche, so Stalder, müsse stets eine möglichst hohe Verfügbarkeit gewährleisten können. Daher neige er dazu, seine IT hinter einer Panzertür zu verriegeln. "Dann beklagen sich aber die Businessleute über fehlende Agilität", gab er zu bedenken.

Wo kann ich BPM einsetzen?

In einem zweiten Teil des Forums kamen Unternehmens-Vertreter zu Wort, die BPM-Lösungen eingesetzt hatten, um ihre Prozesse zu vereinfachen. Karl Unger, strategischer Berater des Vorstands der Uniqa Österreich Versicherungen, zeigte in einem unterhaltsamen Referat, wie das Unternehmen seine Briefpost digitalisiert und damit die Postwege massiv vereinfacht hat. "Die kleinen Tricks der Vergangenheit funktionieren nun nicht mehr", sagte Unger mit einem kleinen Lächeln. Er spielte damit auf Mitarbeiter an, die unter einem übervollen Briefpostfach litten. Um sich des Problems zumindest für eine Weile zu entledigen, verschickten sie ihre Briefpost kurzerhand erneut, nur um sie dann etwa drei Wochen später wieder in Empfang zu nehmen. "Das haben die Leute wirklich getan!", beteuerte Unger, während sich die Anwesenden im Saal köstlich amüsierten. Auf diese Weise waren 40 Prozent der Post laut Unger ständig unterwegs.

Das ist heute anders. Inzwischen wird die gesamte Briefpost von Uniqa in einer österreichischen Postzentrale gescannt und dann durch zehn Mitarbeiter der Post an die verschiedenen Stellen weitergeleitet. Zudem werde ein grosser Teil der Briefpost schon automatisch verteilt, so Unger. Und der Trick mit dem Wegschicken funktioniert nicht mehr. "Heute erhalten die Mitarbeiter ihre Post in drei Minuten wieder zurück."

Mitarbeiter müssen überzeugt sein

Prozessautomation bringt also einige Vorteile mit sich. Es ist jedoch nicht immer ganz einfach, die eigenen Mitarbeiter von diesen Vorteilen zu überzeugen. Denn nicht alle Führungspersonen könnten damit umgehen, wenn ihre Abteilung künftig nicht mehr Prozess-Owner ist und diese Verantwortung aus der Hand geben muss, sagte Unger.

Daniel Hüppi, CEO der Amag Leasing AG, dürfte es im Vergleich zu Unger einfacher gehabt haben, seine Mitarbeiter von BPM zu überzeugen. Sein Unternehmen kann Kreditentscheide heute dank Prozessautomation viel schneller fällen. Früher, so Hüppi, sei es manchmal vorgekommen, dass sie die Kunden vertrösten mussten, wenn auf einmal viele Leasing-Anträge eingegangen seien. Zudem habe alles viel zu lange gedauert. "Wenn wir schnell waren, konnten wir einen Antrag in zwei Tagen bearbeiten. Wenn es lange dauerte, benötigten wir vier Tage." Inzwischen dauert die Bearbeitung eines Antrags im Idealfall nur noch zehn Minuten. Um dies zu erreichen, musste Amag Leasing AG seit 2008 ihre Finanzbuchhaltung, die Vertragsverwaltung und die Kreditbewilligung erneuern. 2014 steht die Integration ins CRM an.

Der Nachmittag des BPM-Forums war verschiedenen Fachsessions gewidmet. Unter anderem sprachen die Referenten über Process Outsourcing, Prozessoptimierung und Kundenberatung mit der Hilfe von BPM.