Interview mit Tim Bell

"Bei 15'000 Hypervisors ist Skalierbarkeit wichtig"

Uhr | Aktualisiert
von Rodolphe Koller

Tim Bell ist beim Cern für die Bereitstellung einer auf Openstack basierenden Cloud zuständig. Die Open-Source-Plattform wurde unter anderem wegen der Grösse ihrer Community und der Ausbaubarkeit gewählt.

Tim Bell leitet die Infrastruktur- und Betriebssystem-Services in der IT-Abteilung des Cern in Genf.
Tim Bell leitet die Infrastruktur- und Betriebssystem-Services in der IT-Abteilung des Cern in Genf.

In welchem Rahmen errichten Sie derzeit eine Cloud-Plattform?

Die Bereitstellung hängt mit verschiedenen Entwicklungen des Cerns zusammen. Wir wollen zum einen die Wartungspause des Teilchenbeschleunigers dazu nutzen, die IT-Services und die Art, wie sie ausgeliefert werden, zu verändern. Im Normalfall ist es praktisch unmöglich, mit 25 GB Daten pro Sekunde im Backend Änderungen vorzunehmen. Wir verfügen ausserdem seit kurzem über ein weiteres Rechenzentrum in Budapest. Dieses stellt zwar den Physikern eine doppelt so grosse Rechenkapazität zur Verfügung, aber wir müssen es mit demselben Team verwalten. Wir haben uns also damit auseinandergesetzt, wie andere grosse Rechenzentren verwalten. Das hat uns dazu gebracht, eine Cloud bereitzustellen.

Ist das eine Private oder eine Public Cloud?

Beides. Unsere Nutzer brauchen typischerweise zusätzliche Rechenleistung, wenn sie an Konferenzen teilnehmen. Wenn der Teilchenbeschleuniger auf Hochtouren läuft, sind wir nicht imstande, ihnen diese Rechenleistung zur Verfügung zu stellen. Für diese Leistungsspitzen wollen wir eine Public Cloud nutzen. Umgekehrt wollen wir, wenn der Teilchenbeschleuniger nicht läuft, die Rechenleistung unserer riesigen Serverfarmen den Physikern zur Verfügung stellen, die sie benötigen, und das auch an anderen Forschungsorten. Diese verschiedenen Private und Public Clouds müssen also miteinander kommunizieren können. Wir setzen deshalb die Openstack-Technologie ein.

Was hat Sie dazu veranlasst, Openstack und nicht eine andere Plattform zu wählen?

Vor zwei Jahren haben wir verschiedene Tools gesucht, um Lösungen zu ersetzen, die wir seit dem Jahr 2000 entwickelt hatten und die mit der Zeit schwerfällig wurden. Wir wollten möglichst Werkzeuge einsetzen, die von anderen entwickelt worden waren und uns darauf beschränken, Cern-spezifische Elemente hinzuzufügen. Wir haben also den Markt analysiert und verschiedene offene Lösungen ausgewählt, wie beispielsweise Puppet zur Verwaltung der Konfigurationen, Hadoop für die Datenanalyse und Openstack für die Cloud. Zwei Aspekte haben uns dazu bewogen, Openstack zu wählen: zum einen die Unterstützung der Marktakteure und der Entwickler-Community, zum anderen die Skalierbarkeit, die eine solche Plattformen bietet, da wir an die 15 000 Hypervisors an unsere beiden Standorten haben werden.

Gewisse Leute werfen der Openstack-Lösung mangelnde Reife vor …

Ich bin der Meinung, dass jede Organisation durch einen Evaluationsprozess selbst herausfinden muss, welche Cloud-Lösung am besten zu ihr passt. Man muss dabei zwischen der Infrastruktur, um die man sich sehr bewusst kümmert, und den Servern differenzieren. Diese werden nicht individuell unterschieden und ersetzt, wenn sie nicht mehr funktionieren. Dieser zweite Typ entspricht unserem derzeitigen Bedürfnis, und Openstack hat da sehr gut gepasst. Wenn wir in Zukunft eine Serverkonsolidierung vornehmen müssen, werden wir vermutlich zusätzliche Funktionalitäten benötigen. Die gute Nachricht ist, dass viele dieser Funktionalitäten von der Openstack-Community, zu der wir ebenfalls beitragen, entwickelt werden. Wir haben beispielsweise die Anbindung an ein Active Directory geschaffen, die in der letzten Ausgabe enthalten ist.