Editorial

Unnötige Gadgets – oder Tools

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René Jaun, Redaktor. (Source: Netzmedien)
René Jaun, Redaktor. (Source: Netzmedien)

Immer dann, wenn ich meinen beiden Katzen neues Futter kaufe, passiert es beinahe reflexartig: Ich öffne im Onlineshop die Seite mit den Spielwaren. Da lese ich mich dann minutenlang durch viele tolle Artikelbeschreibungen – und Sklave der Werbung, der ich bin, erhalte ich dann ein paar Tage später ein Paket, das nicht selten deutlich mehr Spielzeug enthält als Futter.

Auf meiner letzten derartigen Einkaufstour landete unter anderem ein Spielbälle-Set im virtuellen Einkaufskörbchen. Dieses würde, versprach die Reklame, meinen Stubentigern viele Stunden voller Spass bescheren – und das garantiert! Denn ob pelzig, klingelnd, weich oder hart, im Set finde jede Katze einen Ball, der ihrem Geschmack entspreche. Besonders war ich auf die Wirkung des ­Raschelballs gespannt. Er, vermutete ich, könnte am ehesten meine Katze Amélie entzücken, denn sie spielt gerne mit knisternden ­Gegenständen – namentlich mit Joghurtdeckeln.

Als das Päckchen dann ankam, musste ich leider bald feststellen, dass meine Katzen entweder keine Katzen sind, oder aber, dass das Werbeversprechen einmal mehr völlig übertrieben war. Amélie entlockte dem einen Ball zwar tatsächlich ein leises Rascheln, während sie ihn beschnupperte; doch schon nach wenigen Sekunden (und nicht wie versprochen nach Stunden voller Spass) wandte sie sich vom Spielzeug ab, wartete dann auf mein Frühstück und schnappte sich meinen Joghurtdeckel. Auch meine zweite Katze Aurélie – sie spielt besonders gerne mit den Ohrstöpseln meiner Headsets – unterzog das Spielbälle-Set zwar einer gründlichen Inspektion, zog es dann aber vor, es sich auf dem Kratzbaum gemütlich zu machen und die Strasse zu observieren. Das Spielbälle-Set liegt jetzt seit mehreren Wochen auf meinem Tisch – unbenutzt und von meinen Katzen gepflegt ignoriert. Vorläufig lasse ich es noch dort liegen – vielleicht brauchen meine Mitbewohnerinnen Zeit, um sich für das neue Spielzeug zu begeistern. Und falls nicht, ist das Set ein Mahnmal an mich. Es erinnert mich daran, dass ich nicht jeder Reklame trauen sollte.

Derweil jagt Amélie beharrlich ihre Joghurtdeckel, während Aurélie heroische Kämpfe gegen Headset-Stöpsel austrägt. Und indem sie das tun, erteilen sie mir noch eine zweite Lektion: Um Spass zu haben, braucht es kein besonders ausgefuchstes Spielzeug – mit einfachen Mitteln erreicht man manchmal sogar die besseren Resultate. Von beiden Lektionen vermute ich, dass sie nicht nur für Katzen-­Gadgets, sondern auch für Digital-Tools gelten. 

Für den Sommer wünsche ich Ihnen die Zeit und den Mut, dies zu evaluieren. Auch wünsche ich Ihnen einen Ferienhimmel ganz ohne Clouds – und zum Ausgleich viel Vergnügen bei der Lektüre der aktuellen "Netzwoche" über Sicherheit in der Multi-Cloud.

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