Interview

"Die traditionelle Telefonie spielt immer noch eine grosse Rolle"

Uhr | Aktualisiert
von Marion Ronca

Im VoIP-Bereich hat Aastra Konkurrenz von Microsoft und Cisco erhalten. Managing Director Ulrich Blatter erklärt im Interview, wie sich der Anbieter im hart umkämpften Markt behaupten will.

(Quelle: Netzmedien)
(Quelle: Netzmedien)

Herr Blatter, wie ist Aastra in der Schweiz aufgestellt?

Wir haben sieben Standorte. Davon ist einer im Tessin und zwei sind in der Westschweiz. Ausserdem haben wir hier ein mehrsprachiges Callcenter in Solothurn. Wenn jemand bei uns anruft, dann landet er in Solothurn oder in der Westschweiz und nicht in Irland. So wie wir aufgestellt sind, können wir innerhalb von zwei Stunden jeden Ort in der Schweiz erreichen. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Wie hat sich der Telekommunikationsmarkt letztes Jahr entwickelt?

Der Markt ist weltweit letztes Jahr insgesamt um 13 Prozent eingebrochen. Diese Entwicklung betraf aber nicht alle Bereiche gleichermassen. Der IP-Markt und der Applikationenmarkt sind zum Beispiel gewachsen. In der Schweiz hatten wir einen Umsatzeinbruch von 5 Prozent. Für diesen Rückgang verantwortlich war unter anderem der steigende Preisdruck. Diesen bekommen wir heute viel stärker zu spüren als vor zehn Jahren, wo Preisnachlässe in der Schweiz noch kein Thema waren. Trotz dieser veränderten Bedingungen wollen wir unseren Kunden auch in Zukunft werthaltige Lösungen anbieten, die anspruchsvolle Anforderungen erfüllen. Dabei ist es uns sehr wichtig, dass unsere Produkte auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt und bei Bedarf entsprechend erweitert werden können. 

Der VoIP-Bereich erfreute sich doch die letzten zehn Jahre einer grossen Nachfrage.

VoIP hat die letzten Jahre zwar deutlich an Bedeutung gewonnen, aber viele Firmen verfügen derzeit noch nicht über ein entsprechendes Netzwerk. Die traditionelle Telefonie spielt daher immer noch eine grosse Rolle.

Der Schweizer Markt für VoIP ist also noch nicht gesättigt?

Bestimmt nicht! Aber es gibt neue Marktplayer wie Microsoft und Cisco. Wir müssen diese Konkurrenten ernst nehmen, denn sie haben das Potential, viel Geld zu investieren, um Bedürfnisse zu wecken. Im Bereich Video ist das ein wesentlicher Faktor. Video ist zwar ein Trend, aber bisher war kein Marktplayer bereit, viel Geld zu investieren. Anbieter wie Microsoft und Cisco haben ausserdem den Vorteil, dass sie von der IT kommen. Im Konvergenzprozess zwischen IT und Telefonie hat die IT die Nase vorn. Allerdings ist es auch so, dass viele Unternehmen mit der Sprache (Voice) nicht auf das Netz wollen, das ist dann wieder ein Vorteil für uns.

Welche anderen Vorteile hat Aastra gegenüber einem Marktplayer wie Microsoft?

Unsere grössten Vorteile sind, dass wir sehr viele Leistungsmerkmale haben, offene Schnittstellen und dass wir integrierte DECT-Lösungen anbieten können. Das ermöglicht uns, den komplexen Bedürfnissen der vertikalen Märkte wie der Tourismusbranche, des Health-Care-Bereichs oder der öffentlichen Hand gerecht zu werden. Damit sind wir imstande, die Software zu integrieren, die die Branche braucht, und sprechen somit die Sprache des Kunden, was ja das Ziel ist. Bei einem Hotel können wir dank unserer offenen Schnittstellen zum Beispiel das Hotelmanagementsystem der Rezeption anschlies-sen. Dann kann die Dame, die das Zimmer geputzt hat, in ihr DECT-Telefon einen Code eingeben und auf diese Weise signalisieren, dass das Zimmer wieder frei ist. Unsere DECT-Lösungen funktionieren wie Mobilgeräte. Sie verfügen aber über alle Leistungsmerkmale, die Festnetzapparate auch haben. Im Gegensatz zu Mobilgeräten mit Apps sind sie aber benutzerfreundlicher und können an Orten eingesetzt werden, wo Mobilgeräte keinen Empfang haben.

Wie reagieren Sie auf die wachsende Bedeutung der mobilen Geräte?

Mit Blick auf die Fixed Mobile Convergence, also dem Zusammenwachsen der Fest- und Mobilfunknetzen, haben wir die Aastra-Mobile-Client-Lösung entwickelt. Mit dieser Lösung verhält sich das Mobiltelefon eines Aussendienstmitarbeiters wie ein Endgerät des Call-Managers. Wenn ein Kunde, der den AMC einsetzt, über das Mobiltelefon einen Anruf tätigt, wird die Verbindung nicht über das Mobilnetz, sondern über die Kommunikationsanlage, das heisst über das Festnetz, aufgebaut und geführt. Das Gleiche gilt natürlich auch bei Auslandsgesprächen.

Was ist Aastras Philosophie bei der Benutzerfreundlichkeit der Geräte?

Wir sind der Meinung, dass man komplexe Systeme auch ohne Bedienungsanleitung bedienen können sollte. Wenn ich also mit jemandem im Gespräch bin und eine weitere Person dazunehmen möchte, sollte mir das Display sagen, wie ich das machen kann. Es kann nicht sein, dass ich mir dafür eine komplizierte Zahlenkombination wie Stern-Raute-5 merken muss. Aus dieser Überlegung heraus geben wir keine Bedienungsanleitungen mit, sondern bieten diese nur als Download im Internet an. Wir sagen, unsere Apparate sind so gut, dass sie keine Bedienungsanleitungen brauchen.