Mehr Macht für den Nachrichtendienst

Ständerat sagt Ja zu mehr Überwachung

Uhr | Aktualisiert

Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat über das neue Nachrichtendienstgesetz debattiert. Die Redaktion präsentiert die wichtigsten Voten.

Big Brother is watching you. (Quelle: Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Generic: www.flickr.com/photos/doctorow/ )
Big Brother is watching you. (Quelle: Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Generic: www.flickr.com/photos/doctorow/ )

Nachdem der Nationalrat das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) Mitte März angenommen hatte, trat am 31. März auch die sicherheitspolitische Kommission einstimmig auf die Vorlage ein. Heute wurde die Gesetzesvorlage im Ständerat debattiert. Das Protokoll der Sitzung ist erschlagend. Die Redaktion wühlte sich durch über 200'000 Zeichen und präsentiert einige Voten im Überblick.

Was sich nun ändern wird

Zu Beginn ergriff Alex Kuprecht (SVP/SZ) das Wort. Der Präsident der sicherheitspolitischen Kommission erinnerte an den Unterschied zwischen NDG und Büpf: Das NDG schaffe die Grundlage für die präventive Informationsbeschaffung vor dem Eintreten eines staatsgefährdenden Ereignisses, das Büpf erlaube den Strafverfolgungsbehörde diesen Vorgang bei bereits begangenen Straftaten.

Danach nannte Kuprecht einige Punkte, die sich bei der Annahme des NDG ändern werden:

  1. Künftig soll auf Gesetzesebene zwischen gewalttätigem Extremismus mit Bezug zur Schweiz und allen übrigen Bedrohungsfeldern unterschieden werden.

  2. Der Nachrichtendienst soll mehr Möglichkeiten für die Beschaffung von Informationen erhalten - unter anderem bei Terrorismus oder Angriffen auf kritische Infrastrukturen.

  3. Daten sollen je nach Thematik, Quelle und Sensibilität unterschiedlich gesammelt und aufbewahrt werden. Daten, die über "genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen" eruiert wurden, sollen speziell behandelt und nur Spezialisten des NDB zugänglich gemacht werden.

  4. Der Nachrichtendienst soll dreifach kontrolliert werden. Erstens durch das Departement selbst, zweitens durch den Bundesrat, drittens durch die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments. Für die Funk- und Kabelaufklärung gebe es zusätzlich die "Unabhängige Kontrollinstanz" (UKI), an dem unter anderem Fachleute aus dem Bundesamt für Justiz und Bakom beteiligt sind.

  5. Kabelaufklärung dürfe der Nachrichtendienst nur betreiben, wenn das Bundesverwaltungsgericht und der Sicherheitsausschuss des Bundesrates einverstanden sind. Dieser besteht aktuell aus drei Mitgliedern der Landesregierung sowie dem zuständigen Departementschef.

"Namens der Sicherheitspolitischen Kommission ihres Rates bitte ich Sie, auf die Vorlage einzutreten, also den Nichteintretensantrag Rechsteiner abzulehnen, und der Vorlage in der Gesamtabstimmung zuzustimmen", adressierte Kuprecht die anwesenden Ständerate.

Linke rebellierte vergebens

Nach Kuprecht folgte Paul Rechsteiner (SP/SG). Er erinnerte an den Fichenskandal, der vor 25 Jahren von einer parlamentarischen Untersuchungskommission aufgedeckt wurde. Danach stellte er einen Antrag auf Streichung der Kabelaufklärung, über den bei einem Nein zum Antrag auf Nichteintreten abgestimmt werden sollte. Das geschah dann auch, weil der Nichteintretensantrag mit 37 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen verworfen wurde. Bundesrat Ueli Maurer sagte im Ständerat zwar noch, dass er "notfalls auch mit dem Streichungsantrag leben" könne. Das hatte aber keine Auswirkungen - auch dieser Antrag wurde mit 29 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.

Niemand bestreite, dass Gefahren wie der "Islamische Staat" bekämpft werden müssen. Dafür gebe es aber bereits die Bundesanwaltschaft. "Weshalb nun auch die Nachrichtendienste ohne Verdachtsmomente in die grundrechtlich geschützten Privat- und Intimbereiche eindringen sollen, ist bisher nicht nachvollziehbar begründet worden", sagte Rechsteiner.

Den Nachrichtendiensten fehle es gar nicht an Daten. Das Problem sei vielmehr die sinnvolle Auswertung der Informationen. "Dafür braucht es aber weder ein neues Gesetz noch eine Gesetzesrevision", sagte Rechsteiner, der sich vor allem an der geplanten Kabelaufklärung stört. Sie mache die gesamte private Kommunikation im leitungsgestützten Internet abhörbar.

Debatte vertagt

Ausser Rechsteiner lehnte nur Christian Levrat (SP/FR) das neue Nachrichtendienstgesetz auf der ganzen Linie ab. Anita Fetz (SP/BL) sprach sich ebenfalls lautstark gegen die Kabelaufklärung aus, wurde aber wie auch ihre Parteikollegen von der bürgerlichen Mehrheit überstimmt.

Maurer rief den Ständerat vergeblich dazu auf, keine weitere Hürden für das Eindringen in Computer im Ausland zu etablieren. Der Rat hiess eine Ergänzung aber mit 34 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. Auch die Notwendigkeit einer richterliche Erlaubnis für den Einsatz von Drohnen bei Bild- oder Tonaufnahmen, die die geschützte Privatsphäre betreffen, wurde mit 21 zu 15 Stimmen abgelehnt.

Die Debatte wurde aus zeitlichen Gründen abgebrochen. Sie soll nun am Mittwoch ein Ende finden.

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