Huaweis Forschungschef Walter Weigel

"Wir übernehmen in Europa Verantwortung"

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Huawei investiert stark in die Entwicklung neuer Produkte. Walter Weigel gab als Leiter der europäischen Forschung einen Einblick in die Forschungsaktivitäten des Unternehmens.

Walter Weigel ist seit dem 1. April dieses Jahres Leiter des European Research Institute von Huawei. Im Rahmen der Innovation Days des chinesischen Unternehmens gab Weigel einen Einblick in die Forschungstätigkeit des Unternehmens und wie es im Bereich 5G weitergehen könnte.

5G ist eine Schlüsseltechnologie

Für Weigel nimmt die Forschung im Bereich 5G, also der fünften Generation der Mobilfunktechnologie und dem Nachfolger von LTE, eine Schlüsselstellung ein. 5G bietet eine deutlich höhere Bit-Rate, Echtzeitübertragung im Millisekundenbereich und deutlich höhere Datenvolumen sind möglich. Die Technologie ist aber nicht nur ein neuer Funkstandard, sondern sie beeinflusst eine komplexe Technologiefamilie. Angefangen vom Smartphone, über Wearables, vernetzte Maschinen bis hin zum Internet der Dinge (IoT).

Bei 5G befasst sich die Forschung daher mit vielen verschiedenen Technologien. Neben Funkantennen sind dies auch Wellenformen und elektronische Architekturen. Im Bereich Wearables geht es ebenso um die Forschung zum Energieverbrauch, wie Weigel sagte.

Momentan stosse die Forschung noch nicht an physikalische Grenzen, erklärte Weigel. Nur das Verhältnis von Bit pro Herz pro Sekunde könne nicht überwunden werden. Ein Problem stellten jedoch die zur Verfügung stehenden Funkspektren dar. Auf der World Radiocommunication Conference würden die Spektren zugeteilt, wobei sich hier immer die Frage stelle, welche Spektren wo bereitgestellt werden könnten. Dabei komme noch der negative Effekt hinzu, dass höhere Spektren eine geringere Reichweite hätten, also mehr Antennen benötigten. Daher könne die Entwicklung hier nicht unbegrenzt weitergetrieben werden, betonte Weigel.

Standards müssen gefunden werden

Momentan forschten noch viele Unternehmen und Forschungsverbünde an neuen 5G-Technologien und -Standards. Welche Standards sich letztlich durchsetzen würden, werde massgeblich von der ITU in Genf entschieden. Hier seien aber keine Firmen, sondern nur Länder Mitglieder, sagte Weigel einschränkend. Huawei leiste jedoch über China einen indirekten Beitrag zu den Entscheidungsprozessen.

Daneben gibt es aber noch diverse Organisationen, die sich um die Standards in der Industrie kümmern. Hier sind zumeist Firmen zusammengeschlossen, auch über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg. Laut Weigel ist Huawei als Firma bei vielen dieser Zusammenschlüsse sehr aktiv tätig und leistet einen grossen Beitrag.

Schwierige Abstimmungsprozesse

Bis wann die Standards im Bereich 5G feststehen werden, wollte und konnte Weigel noch nicht sagen. Die Forschung an den Standards könnte in drei Jahren abgeschlossen sein. Es könne aber noch länger dauern, bis diese dann als Standards beschlossen würden.

Den Grund für die Verzögerung sieht Weigel bei der Fertigungsindustrie. Denn bei 5G wachsen zwei bisher getrennte Bereiche zusammen, nämlich die ICT-Branche mit der klassischen Industrie. Zum Ausdruck kommt dies im Konzept Industrie 4.0 und dem Bereich IoT. Durch diese Entwicklung sind die Abstimmungsprozesse schwierig, da sich die Akteure noch nicht gut genug kennen und auch unterschiedlich funktionieren, wie Weigel weiter sagte.

Nicht alle Anforderungen können gleich verwirklicht werden

Bei den Anforderungen an 5G gibt es den Konsens, dass die Latenz unter einer Millisekunde liegt und die maximale Übertragungsgeschwindigkeit 100 Gigabit in der Sekunde betragen soll. Gemäss Weigel können diese Anforderungen aber nicht in jedem Fall immer gleichzeitig verwirklicht werden. Je nach Anwendung müsse man sich auf einen Aspekt konzentrieren.

In diesem Zusammenhang sei auch die Batterietechnologie eine Hürde. Die jetzigen Lithium-Ionen-Akkus hätten ihre Grenze erreicht. Zudem zeige die Forschung kurzfristig noch keine revolutionären neuen Akkus. Daher müsse die Forschung beim Einsparen der Energie ansetzen. Dabei stelle sich die Frage, welche Leistung von welcher Anwendung wirklich benötigt werde, ob nun mehr Übertragungsvolumen oder eine geringere Latenz nötig sei. So könne etwa schon heute das LTE-Modul im Smartphone deaktiviert werden, um Strom zu sparen und erst bei Bedarf aktiviert werden.

Weitere Forschungsansätze zum Energiesparen sieht Weigel im Bereich des Siliziums und besonders bei den Algorithmen. Bessere Algorithmen könnten die Rechenoperationen von Software reduzieren und somit automatisch den Stromverbrauch senken, sagte Weigel. Auch auf bestimmte Softwareanwendungen zugeschnittene Chips könnten erhebliche Einsparungen bringen.

Huawei setzt auch in Europa auf Forschung

In Europa betreibt Huawei mehrere Forschungszentren. Dabei sucht Huawei auch die enge Kooperation mit Hochschulen. Das Unternehmen bietet etwa Unterstützung für Master- und Doktorarbeiten an. Auch die Initiative, Jungforscher des Forschungszentrums auf einen Besuch nach Shenzhen einzuladen, kann als Teil des Engagements verstanden werden.

Mehrheitlich werde die Forschung bei Huawei vom Business getrieben, sagte Weigel. In der Regel würden die Forschungsthemen vom Business eingebracht wie auch das Budget. Es komme aber auch vor, dass die Forschung eigene Themen vorschlage, die dann entsprechend genehmigt werden müssten.

Abschliessend war es Weigel wichtig, zu betonen, dass sich Huawei als einen guten "European Corporate Citizen" verstehe. Das Unternehmen übernehme Verantwortung für Europa und unterstütze auch die europäische Forschungspolitik aktiv. Huawei verstehe sich nach wie vor als Familienunternehmen, das auch in dieser Hinsicht Verantwortung übernehmen wolle.

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