Armin Blum zur ISDN-Abschaltung

"Es empfiehlt sich, nicht bis zum Abschalttermin zuzuwarten"

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Als Leiter Festnetzdienste und Grundversorgung ist Armin Blum beim Bundesamt für Kommunikation für die Sicherstellung des "Service Universel" zuständig. In dieser Funktion verfolgt er die Abschaltung von ISDN sehr aufmerksam.

Armin Blum, ehemaliger Leiter Festnetzdienste und Grundversorgung beim Bakom (pensioniert). (Quelle: Bakom)
Armin Blum, ehemaliger Leiter Festnetzdienste und Grundversorgung beim Bakom (pensioniert). (Quelle: Bakom)

Welche Auswirkungen wird die ISDN-Abschaltung auf Anwender und KMUs haben?

Armin Blum: ISDN war nicht nur ein zuverlässiges Netz für Telefonie und Daten, es war auch der Inbegriff einer End-zu-End-Digitalisierung. Die meisten KMUs stellten während der Lebensdauer von ISDN ihre Teilnehmervermittlungsanlagen auf die ISDN-Schnittstellen um und verabschiedeten sich vom analogen Anschluss. Die Abschaltung des ISDN-Netzes hat längerfristig zur Folge, dass auch ISDN-Schnittstellen verschwinden werden. Für eine gewisse Übergangszeit können diese aber über Schnittstellenadapter nachgebildet werden. Adapter bieten aber in der Regel nicht mehr die gleiche Zuverlässigkeit wie direkte Anschlüsse innerhalb der gleichen Technologie. Eine Umstellung der Endgeräte auf die IP-Technologie wird nicht zu vermeiden sein.

Wie informiert das Bakom über das Ende von ISDN?

Grundsätzlich bleiben die geltenden Bestimmungen des Bakom über die Schnittstellen der Grundversorgung einschliesslich ISDN bis Ende 2017 in Kraft. Die Information ist Sache der Anbieter, die den direkten Kontakt zu den Kunden haben. In einem wettbewerblichen Umfeld lässt sich eine Umstellung wie diese sicher nicht ohne eine ­sorgfältige Beratung der Kunden bewerkstelligen, schliesslich geht es darum, bestehende Kunden zu halten und die Umstellung so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten.

Ab wann sollten sich Unternehmen nach Alternativen umsehen?

Umstellungen müssen geplant und bezüglich der Kosten einkalkuliert werden. Es empfiehlt sich, nicht bis zum Abschalttermin zu warten. Neue Anlagen und alternative Lösungen sind längst erprobt und erfüllen auch erweiterte Leistungsmerkmale. Gerade KMUs können insbesondere von den Vorteilen profitieren, die moderne Kommunikationseinrichtungen bieten. Informatik und Telekommunikation wachsen mit zunehmender Konvergenz zu einer Dienstleistung zusammen. Zuerst werden sicher normale Hausanschlüsse auf IP-basierte Dienste mit VoIP als Telefondienst mi­griert. Für KMUs bleibt dank der Möglichkeit von Adaptergeräten etwas mehr Zeit, aber eine Umstellung sollte jetzt eingeplant werden.

Was schätzen Sie, bis wann wird die Umstellung bei den Unternehmen abgeschlossen sein?

Bei KMUs wird die Umstellung sicherlich länger dauern, dies ist absehbar. Ich bin der Meinung, dass hier Zwischenlösungen mit Adaptern eine Alternative sind. Haushalte werden tendenziell eher schneller umstellen. Ich glaube aber nicht an eine Torschlusspanik.

Erwarten Sie Engpässe in bestimmten Regionen?

In der Schweiz gibt es nur noch wenige Leitungen, deren Geschwindigkeit für IP-Telefonie nicht ausreicht. Wir schätzen, dass es bei weniger als 2 Prozent der Anschlüsse zu Engpässen kommen könnte und hier nach Alternativen gesucht werden müsste. Technisch ist es auch möglich, VoIP-Telefonie über Satellit anzubieten, die Qualität eines Gesprächs leidet allerdings unter den langen Transitzeiten des Signals via Satellit. Daher kann ich mir nur Alternativen über das Mobilfunknetz oder den Kabelanschluss vorstellen.

Wird die Versorgung mit DSL bis zum Abschalttermin flächendeckend sein?

Überall dort, wo DSL eingesetzt werden kann, werden auch auf DSL basierende Anschlüsse angeboten. Eine Pflicht, flächendeckend Breitbandanschlüsse mit einer vom Bund festgelegten Mindestbandbreite anzubieten, hat nur die Grundversorgungskonzessionärin Swisscom. Die technische Umstellung von ISDN zu IP hat keinen Einfluss auf die Verbreitung von DSL. Für Haushalte, die aus technischen Gründen nicht mit DSL erschlossen werden können, werden im Rahmen der Grundversorgung Alternativen über einen Satellitenanschluss angeboten. Der Bund macht keine Vorgaben bezüglich der eingesetzten Anschlusstechnologien.

Welche Priorität hat die ISDN-Abschaltung für Sie?

Bereits heute sind die Dienste der Grundversorgung in der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) weitgehend technologieneutral formuliert, das heisst, einer Umstellung der Schnittstellen auf neue Technologien steht nichts im Wege. Natürlich verfolgt das Bakom die Umstellung aufmerksam, vor allem, um die bei einer Umstellung berechtigte Forderung nach Vorwärts- und Rückwärtskompatibilität, nötigenfalls über Adapter, sicherzustellen, soweit sie im Rahmen der Grundversorgung gewährleistet sein muss.

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