"Wachstum unterliegt keinem Wahlrecht"
Gesundes Wachstum - das ist das Ziel vieler Unternehmen. Wie das gelingen kann, darüber referiert Oliver Wegner von Evolutionplan im Januar in Baden. Im Interview gibt er erste Antworten und erklärt, weshalb sich ein Besuch des nächsten Focus-on-Future-Events lohnt.
Unternehmen sind wachstumsgetrieben. Doch wie soll das eigene Unternehmen wachsen? Eine Frage, die auch Schweizer Geschäftsführer aus der IT-Branche umtreibt. Darauf will Oliver Wegner,
Unternehmer und IT-Branchenexperte bei Evolutionplan, am nächsten Event von Focus on Future Antworten liefern.
Wegner berät IT-Unternehmen, die über Wachstum nachdenken, sich aber nicht in der Grundsatzdiskussion verlieren wollen, ob Wachstum nun gut oder böse ist. Im Gespräch liefert Wegner erste Antworten und erklärt, weshalb sich ein Besuch in der Villa Boveri am 18. Januar lohnt.
Google, Apple und andere Firmen machen klar: Wachstum ist für ein Unternehmen alles. Oder etwa nicht?
Oliver Wegner: Der Zusatz "alles" klingt zunächst einmal sehr absolut. Anders ausgedrückt würde ich sagen: Wachstum unterliegt keinem Wahlrecht – das ist richtig. Wenn dieser Fakt grundsätzlich einmal akzeptiert ist, dann geht es vielmehr um die Frage nach dem Wie, das heisst nach dem Gestaltungsspielraum im Feld von Wachstum. Die meisten Unternehmen schauen auch sehr einseitig auf Wachstum, und davor warne ich. Wachstum bedeutet nicht nur das akribische Verfolgen von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, sondern enthält auch wesentliche, nicht direkt quantifizierbare Faktoren.
Was führt in Unternehmen zu der Grundsatzdiskussion, ob Wachstum gut oder böse ist, und weshalb wird das diskutiert?
Ganz einfach: Es gibt Organisationen und Unternehmen, die ambitionierte Wachstumsziele verfolgen und wo Menschen nicht mitkommen. Im schlimmsten Fall äussert sich das durch gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Schlafmangel, Überforderungs-/Ermüdungserscheinungen oder gar Burn-out. Das Interessante daran ist, dass in solchen Fällen häufig der Rückschluss gemacht wird, dass das angestrebte Unternehmenswachstum dafür verantwortlich ist und Menschen krankmacht. Meines Erachtens werden hier aber Symptom und Ursache verwechselt. Es ist nicht das Wachstumsziel, sondern häufig die Rahmenbedingungen sowie die Firmenkultur, die hier mit grossem Einfluss auf den Arbeitnehmer oder die Führungskraft wirken. Zudem befinden wir uns im DACH-Raum ja in einer Region mit "freier Arbeitsplatzwahl", und somit spielt dann auch die Eigenverantwortung mit rein. Um sich gegen "böses Wachstum" immun zu machen, ist es entscheidend, seine eigenen Stärken sehr gut zu kennen und regelmässig die Wirkung des Umfelds auf das eigene Wohlbefinden zu kontrollieren und im Bedarfsfall zu handeln.
Wie lauten die typischen Pro- und Kontra-Argumente, und wie begegnet man diesen angemessen?
Bevor es um Pro- und Kontra-Argumente geht, braucht es ein gemeinsames Verständnis im Unternehmen für den Begriff Wachstum. Dabei ist es meines Erachtens entscheidend, nicht nur Wachstumsziele auszurufen, sondern sich gemeinsam in der Führung und auch mit den Mitarbeitern mögliche Wege und auch Hindernisse anzusehen. Dabei entsteht dann ein geschärfter Blick, und es wird miteinander und nicht gegeneinander gearbeitet. Ich kenne die Diskussion um wachstumsneutrale Unternehmen und finde mich da offen gesagt nicht wieder. Am Ende des Tages müssen auch diese vermeintlich wachstumsneutralen Unternehmen profitabel sein und sich – sofern sie an Nachhaltigkeit interessiert sind – entwickeln, um im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können.
Wer entscheidet letztlich im Unternehmen über gutes oder schlechtes Wachstum?
Zunächst einmal glaube ich, dass es keine Einmal-Entscheidung ist, sondern ein Managementprozess. Die Verantwortung im Management, was das Wachstum, und zwar das gute Wachstum anbelangt, liegt ganz klar bei den Executives und im mittleren Management. In sehr agilen Führungskulturen gelingt es später sicherlich auch, bei den Mitarbeitern Intrapreneure, das heisst Binnenunternehmer zu finden, die aktiv mitgestalten (wollen). Ich stelle mir vor meinem geistigen Auge übrigens gerade vor, wie die Person aussieht, die sich in einem Unternehmen bewusst für „schlechtes Wachstum“ entscheidet (sehr amüsant). Dahinter steckt aber natürlich die Frage, wie es denn zu schlechtem Wachstum kommen kann. Und das liegt in meiner Beobachtung daran, dass Menschen in Organisationen manchmal etwas übersehen oder nicht sehen können (blinder Fleck). Ein weiterer Aspekt, der hier reinspielt, trifft den Unternehmer selbst. Was ist, wenn er sich auch wie andere im Unternehmen verändern muss. Kann und mag er das denn überhaupt? Sie merken spätestens jetzt, dass die Antwort auf diese Frage sehr vielschichtig ist und im Einzelfall betrachtet werden sollte. Gutes Wachstum ist aber auf jeden Fall kein Zufallsprodukt, sondern wird in der Regel gemacht.
Sie wollen in Ihrem Referat am Event von Focus on Future im Januar über Wachstum im Sinne von Prosperität und Gedeihen sprechen. Was meinen Sie damit konkret?
Ja, das habe ich wirklich vor. Ich bin überzeugt davon, dass Wachstum dafür verantwortlich ist, dass ein Mensch gesund und erfolgreich ist und ebenso ein Unternehmen. Um das zu begreifen, braucht es manchmal einen Blick auf verschiedene Wege des Wachstums, die sich in der Ausgestaltung, und damit meine ich im "Innen" und "Aussen", häufig nur marginal voneinander unterscheiden mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Wachstum zu steuern ist nicht kompliziert, aber komplex.
Weshalb sollten Entscheider nach Baden fahren? Oder anders gefragt: Was können Sie den Besuchern konkret mitgeben?
Ohne dass es jetzt falsch rüberkommt: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass uns dieses Thema gesellschaftlich alle angeht und in den nächsten Jahren noch mehr Beispiele für schlechtes Wachstum ans Tageslicht treten werden. Mein Referat soll bei Unternehmenslenkern, die heute Einfluss haben und diesen auch nutzen, Bewusstsein und auch Orientierung schaffen. Im Kern geht es darum, im ersten Schritt zu erkennen, was gutes Wachstum ist, um es von schlechtem unterscheiden zu können. Der zweite Schritt ist dann konsequentes Handeln. Somit können die Besucher auch noch eine Handvoll Beispiele und Praxistipps erwarten.
Hinweis zum Event
Die Veranstaltung findet am 18. Januar 2016 in der Villa Boveri in Baden statt. Interessierte können sich auf der Website von Focus on Future anmelden.