Revision des BöB

Nationalrat lehnt Geheimhaltung im Beschaffungswesen ab

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Der Nationalrat hat sich für mehr Transparenz im Beschaffungswesen ausgesprochen. Er lehnte eine Einschränkung der Öffentlichkeitspflichten ab. Damit folgt der Nationalrat der Kritik vom EDÖB.

Der Nationalrat hat bei der Beratung des Beschaffungsgesetzes BÖB die Geheimhaltung von Ausschreibungsunterlagen und die Beschränkung des Einsichtsrechts oppositionslos gestrichen. Der Bundesrat befürchte, dass zu viel Transparenz zu Wettbewerbsmanipulationen führen könnte. Zudem wolle er das Geschäftsgeheimnis der Anbieter schützen. Im Nationalrat krebste Finanzminister Ueli Maurer zurück: Die Güterabwägung könne auch zugunsten der Interessen der Öffentlichkeit ausfallen, sagte er.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte soll schwere Bedenken gegen die geplante Einschränkung geäussert haben. Einer Mitteilung zufolge habe er die Pläne des Bundesrats als "Rückschritt in die Steinzeit" bezeichnet. Für Kopfschütteln sorgte auch die Tatsache, dass der Bundesrat den Eingriff weder in die Vernehmlassung geschickt noch offen kommuniziert haben soll.

Viel Geld ist im Spiel

Die Totalrevision Beschaffungsrechts ist nötig wegen einer Änderung des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA). Gleichzeitig soll das das Beschaffungsrecht von Bund und Kantonen angeglichen werden. Die Regelung hat grosse Bedeutung: Das jährliche Einkaufsvolumen wird auf über 40 Milliarden Franken geschätzt. Wo es um viel Geld gehe, drohten Korruption und Wettbewerbseinschränkungen, sagte GLP-Sprecherin Kathrin Bertschy. Umso wichtiger seien transparente und faire Regeln. Für Fairness und Transparenz sollen klare und einheitliche Ausschreibungs- und Zuschlagskriterien sorgen. Der Rechtsschutz soll mit der Revision etwas ausgebaut und die Ausstandsregeln präzisiert werden.

Die Vorschläge des Bundesrats sollen dem Nationalrat aber nicht weit genug gehen. Er will Chancengleichheit für in- und ausländische Anbieter schaffen. Auftraggeber sollen künftig zusätzliche Anforderungen an Anbieter im Ausland stellen können. Der Nationalrat wolle so verhindern, dass ein Schweizer Anbieter chancenlos ist, weil er sich ans Schweizer Gesetz hält. Strenge Vergabekriterien seien ohnehin hoch im Kurs. Der Nationalrat beschloss mit 102 zu 83 Stimmen, dass das Preisniveau im Land des Anbieters berücksichtigt werden müsse. Die Befürworter gaben zu, dass das mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz kaum zu vereinbaren sei. Unbeantwortet geblieben seien auch die Fragen, welcher Index angewendet werden soll und wie mit Subunternehmern oder Zulieferern im Ausland umzugehen sei.

Andere Anpassungen weniger umstritten

Nach dem Willen des Nationalrats sollen ausser dem Preis auch Qualität, Lieferbedingungen, technischer Wert, Kreativität oder Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Das vorteilhafteste Angebot soll nicht allein aufgrund des Preises, sondern anhand aller Kriterien ermittelt werden.

Nachgebessert hat der Nationalrat auch bei der Sprache der Ausschreibungen: Bei Bauaufträgen sollen Ausschreibungen mindestens in der Amtssprache am Standort verfasst werden. Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen seien zwei Amtssprachen nötig. Eingaben seien in allen Amtssprachen zulässig.

Um Dumping-Angebote zu verhindern, müsse bei ungewöhnlich niedrigen Offerten geklärt werden, ob die Teilnahmebedingungen eingehalten worden sind. Die Anbieter sollen verpflichtet werden, Leistung und Preis in separaten Couverts einzureichen, so dass die Qualität des Angebots unbefangen geprüft werden kann. Der Nationalrat soll auch Organisationen der Arbeitsintegration vom Gesetz ausnehmen. Schutzgebühren sollen verboten werden.

Keine Annahme von Minderheitsanträgen

Die meisten Minderheitsanträge scheiterten jedoch. Die Linke beantragte erfolglos, dass auch öffentliche und im öffentlichen Dienst tätige Unternehmen das BÖB einhalten müssen. Auch die Begrenzung von Subunternehmerketten fand keine Mehrheit. Die SVP bemühte sich vergeblich, einen Inländervorrang bei Ausschreibungen in der Vorlage unterzubringen. Auch der Ausschluss von subventionierten Unternehmen sei gescheitert.

In der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 184 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen für die Vorlage aus. Das geänderte WTO-Übereinkommen wurde mit 176 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen. Die Vorlagen sollen nun an den Ständerat gehen.

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