Blockchain

Blockchain : viel mehr als nur Bitcoin & Co.

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von Elsbeth Bruderer

Im Wettrennen um Kunden müssen sich die Banken fitrüsten für die Zukunft. Welche Rolle spielt hier die Blockchain-Technologie ? Wird sie Banken ausschalten ? Fraglos wird sie das Banking fundamental verändern. Im Zentrum stehen neue Services zum Registrieren, Aufbewahren und Übertragen von digitalem Eigentum.

Via Smartphone in Echtzeit Geld überweisen ? Das ist in Japan seit Kurzem möglich – gratis. Dank einer mobilen Banking- und Payment-App. Vorbei sind die Tage, als der Service teuer war und der Empfänger Tage warten musste, bis er sein Geld erhielt. Blockchain macht’s möglich !

Blockchain hilft auch Handelsfirmen : Sie verschlankt den Bearbeitungsprozess für die Ein- und Ausfuhr von Produkten in der Schweiz und in Europa. Und zwar von zwei Wochen auf 48 Stunden. Das spart auch Kosten. Dahinter steckt die Lösung « we.trade» einer Schweizer Grossbank.

 

Blockchain verknüpft Beteiligte ohne Umwege

Blockchain-Anwendungen sind vielfältig. Und das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft. In den kommenden Monaten und Jahren ist mit unzähligen neuen Anwendungen zu rechnen – gerade für Unternehmen. Nehmen wir das Beispiel eines KMUs, das Kapital beschaffen will. In der analogen Welt ist dies mit zahlreichen Formalitäten verbunden. Es ist kompliziert, ineffizient und teuer. Werden Herausgabe sowie Transfer von Kapital – und damit Eigentum – hingegen digitalisiert, gestaltet sich der Prozess deutlich einfacher, effizienter und sicherer.

Die dieses Jahr gegründete daura AG wird ab 2019 die Übertragung von Schweizer Aktien und deren Registrierung auf der Blockchain ermöglichen. Damit erhält jedes Unternehmen auch ohne teures Börsen-Listing Zugang zum Kapitalmarkt. Denn das Konzept basiert auf einem Marktplatz, der Unternehmen und Investoren direkt miteinander verknüpft. Die Blockchain-Technologie hat hier zwei wichtige Funktionen: Einerseits dient sie als dezentrale, sichere Datenbank. Andererseits erlaubt sie, Eigentums- und Stimmrechte, Kapitalmassnahmen (Dividendenausschüttungen, Rückzahlungen usw. ) sowie den Aktienhandel zentral in einem System zu managen.

 

Digitale Tresore zur sicheren Speicherung von Crypto-Assets

Die Blockchain dient aber auch als digitaler Tresor. Denn digitale Werte müssen sicher aufbewahrt werden. Das betrifft nicht nur frisch emittierte Aktien, sondern auch Blockchain-basierte Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether, Litecoin oder den Schweizer Lykke. Führend beim Handel sind gegenwärtig Asien und die USA. In Europa ziehen insbesondere Grossbritannien, Deutschland und die Schweiz mit.

Gerade die Schweiz bietet diverse Standortvorteile, um Speicherlösungen für digitale Assets anzubieten : Sie kann mit Datensicherheit, Bankgeheimnis und krypto-freundlichen Regulationen auftrumpfen. Denn gefragt sind sichere und benutzerfreundliche Lösungen, die kompatibel mit Finanzmarktregulierungen sind. Unterschieden wird dabei zwischen sogenannten kalten und warmen Speichermöglichkeiten. Erstere setzt auf eine Offline-Speicherumgebung, letztere auf einen Onlinespeicher, zu dem der Zugang nur mit Mehrfachauthentifizierung möglich ist.

Prinzipiell ist es Schweizer Banken erlaubt, digitale Assets ihrer Kunden entgegenzunehmen und für sie aufzubewahren. In der Praxis zögern viele Banken damit. Aus ihrer Sicht sind Legitimationsprüfung ( know your customer – KYC ) und das Vorbeugen von Geldwäsche (anti money laundering – AML ) im Zusammenhang mit digitalen Assets noch nicht zufriedenstellend gelöst. Dennoch bieten erste Institute aus der Schweiz und Liechtenstein Speichermöglichkeiten an. Denn die entsprechenden Services werden stark nachgefragt. Und es lässt sich mit den heutigen technischen Möglichkeiten zurückverfolgen, woher die digitalen Assets kommen.

 

Blockchain wird Banken nicht zum Verschwinden bringen

Es zeigt sich also : Für Banken bietet die Blockchain-Technologie und der Trend zur Digitalisierung von Eigentum immenses Potenzial. Die Nachfrage nach Angeboten für die Blockchain-basierte Ausstellung, Übertragung und Speicherung von Wertrechten wird sub-stanziell zunehmen. Die neue Technologie wird folglich Banken nicht zum Verschwinden bringen. Vorausgesetzt, sie konzentrieren sich auf das, was das Banking seit Jahrhunderten ausmacht: die Pflege der Kundenkontakte und das Erfüllen von deren Bedürfnissen. Dabei werden sie im Hintergrund von neutralen Service- und Technologie-Anbietern entlastet.

Auch für den Wirtschaftsstandort Schweiz bietet die Blockchain grosse Chancen. Denn Blockchain-basierte Börsen stehen in den Startlöchern. Damit werden sich die mit einem Börsengang verbundenen Kosten nochmals deutlich reduzieren – um rund 50 bis 80 Prozent am Standort Schweiz. Bessere Leistungen zu tieferen Preisen, das dient auch der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes !

 

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Blockchain kurz erklärt

Blockchain ist ein dezentrales Protokoll für Transaktionen zwischen Parteien. Es erfasst jede Veränderung transparent, ohne dass dabei eine vertrauenswürdige Drittpartei erforderlich ist. Wortwörtlich aus dem Englischen übersetzt, bedeutet Blockchain so viel wie « Blockkette » – in diesem Fall eine Kette aus Transaktionsblöcken. Jeder Block erhält einen Fingerabdruck des vorherigen und nachfolgenden Blocks, sodass eine zusammenhängende Kette entsteht. Die Entfernung einzelner Blöcke aus der Kette fällt auf. Dadurch werden nachträgliche Manipulationen verunmöglicht.

Die Blockchain funktioniert somit wie eine dezentral verwaltete Datenbank. Darin werden Geldeinheiten, Wertpapiere (z.B. Aktien) oder Besitzrechte (z.B. Grundbucheinträge) dezentral verwaltet. Dadurch wird die Transaktion von Eigentum ohne zentralen Vermittler ermöglicht. Die Technologie zeichnet sich dadurch aus, dass sie transparent, unveränderbar und sicher ist.

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Interview mit Johannes Höhener, Leiter Digital Fintech bei Swisscom, Digital Business

 

 

Wir entwickeln eine Plattform für regulierte Finanzdienstleister

 

Herr Höhener, Sie leiten den Bereich FinTech bei Swisscom Digital Business – welche Ziele verfolgen Sie da ?

Johannes Höhener: Um es gleich vorweg zu sagen: Swisscom wird keine eigene Bank aufbauen, sondern weiter den Markt für regulierte Finanzdienstleistungen digitalisieren. Dabei positionieren wir uns im Geschäftskundensegment. Wir fokussieren auf digitale Finanzmarktplätze. So sind wir beispielsweise Investorin und IT-Partnerin bei der kürzlich lancierten Credit Exchange. Wir setzen auf sogenannte digitale Vertrauensdienste und bringen zum Beispiel bei der SwissSign unsere Lösungen zur Authentifizierung und digitalen Unterschrift ein. Und wir bauen auf sogenannte Blockchain Digital Asset Services. Denn diese sind die Basis zukünftiger Finanztransaktionen. Wir wollen also Lösungen für das Registrieren, Aufbewahren und Übertragen von digitalem Eigentum schaffen.

 

Was sind konkrete erste Schritte von Swisscom im Kontext der Digital Asset Services?

Wir haben dieses Jahr gemeinsam mit dem Zuger Anwalts-, Steuer- und Compliance-Unternehmen MME die daura AG gegründet. Diese ermöglicht bereits ab 2019 die direkte Übertragung von Schweizer Aktien unter Investoren und deren Registrierung auf der Blockchain. Damit erhalten auch nichtgelistete Firmen Zugang zum Kapitalmarkt.

 

Und fürs Aufbewahren von digitalen Assets haben Sie auch bereits eine Lösung ?

Nein, so schnell geht das nicht, das ist ja doch einigermassen komplex (lacht) ! Deshalb gibt es bisher auch kaum Lösungen für das institutionelle Geschäft. Wir entwickeln aktuell in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern eine Plattform für regulierte Finanzdienstleister. Damit sollen deren Endkunden einen digitalen Tresor erhalten, in dem sie digitale Assets sicher aufbewahren können. In diesem Kontext haben wir auch in das Start-up Metaco investiert sowie gemeinsam mit Sygnum die Custodigit AG gegründet.

 

Sind denn digitale Assets nicht einfach ein Hype?

Fakt ist, dass die Blockchain-Technologie Vertrauen unter Unbekannten schaffen kann. Denn Transaktionen sind transparent und nachvollziehbar. Dadurch wird das System immun gegen Manipulationen.
Dank der Entwicklung offener Internetprotokolle wird es möglich, digitale Werte so unkompliziert zu übertragen wie Informationen über das Internet. Dies kann gar dazu führen, dass das von den Zentralbanken geschaffene Geld mittelfristig an Bedeutung verliert und durch andere digitale Vermögenswerte ersetzt wird.
Spannend ist zudem : Bis dato wurden über zwei Milliarden Schweizer Franken via Venture Kapital und zehn Milliarden via ICOs in Krypto- und Blockchain-Firmen investiert. Nun beginnen grosse Börsen wie die Eurex, SIX oder die Stuttgarter Börse mit dem Handel von digitalen Assets. Einzelne Finanzinstitute werden wohl künftig ausschliesslich auf diese Assets fokussieren.

 

 

 

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ZB201805