SPONSORED-POST Plattformökonomie

Embedded Finance bindet Services in die Customer Journey ein

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von Thomas Zerndt, CEO, Business Engineering Institute St. Gallen; Ralph Hutter, Head Product Management Ecosystems, Finnova

Start-ups ergänzen traditionelle Prozesse von Banken und Versicherungen und binden deren Kundschaft mit nützlichen Services an sich. Banken und Versicherungen müssen sich mit der Plattformökonomie befassen und entsprechende Geschäftsmodelle entwickeln, wollen sie nicht weiter die Kundenschnittstelle an digitale Plattformen verlieren.

Thomas Zerndt (l.), CEO, Business Engineering Institute St. Gallen; Ralph Hutter, Head Product Management Ecosystems, Finnova. (Source: zVg)
Thomas Zerndt (l.), CEO, Business Engineering Institute St. Gallen; Ralph Hutter, Head Product Management Ecosystems, Finnova. (Source: zVg)

Wenn Banken und Versicherungen zusammenarbeiteten, dann hiess das früher «Allfinanz». Vielleicht erinnern sich die einen oder anderen noch an die 1990er-Jahre, als die Credit Suisse die damalige Winterthur Versicherung kaufte und nach verlustreichen Jahren schliesslich an die französische Axa abstiess. Hierzulande galt diese Strategie, die von Unternehmensberatern am Reissbrett entworfen worden war, denn auch während langer Zeit als gescheitert. Nur in Einzelfällen fruchtete sie.

Die neuerliche Annäherung zwischen Banken und Versicherungen steht heute unter einem anderen Stern. Die Marktentwicklung der vergangenen Jahre mit Minuszinsen und erodierenden Margen verlangt von den Banken, dass sie die eigenen Geschäftsmodelle hinterfragen und neue entwickeln. Zusätzlich machen den Banken und Versicherungen die fortschreitende Digitalisierung mit veränderten Kundenansprüchen und der damit entstehende Innovationsdruck zu schaffen. Ausserdem entstehen neue Neobanken, Marktplätze und Start-ups, die immer mehr Bank- und Versicherungsservices an den Kundenschnittstellen mit einfachen, smarten, kostengünstigen Lösungen für sich beanspruchen. Dadurch verlieren Banken und Versicherungen mehr und mehr die gewohnte direkte Kundenschnittstelle. Diese neuen Player schieben sich zwischen den Kunden und das Finanzinstitut.

Für die Banken und Versicherungen drängt die Zeit. Die primäre Gefahr sind vorerst nicht die grossen Bigtechs wie Google, Apple, Facebook oder Amazon, sondern die Early Movers wie etwa im Paymentbereich die Buy-now-pay-later-Anbieter. Ob sie zu den grossen Disruptoren werden, wird sich weisen, aber sie haben die Zeichen der Zeit auf jeden Fall erkannt und handeln.

Wie sehen diese künftigen Geschäftsmodelle aus, die es erlauben, die aktuelle Marktposition mindestens zu halten, um den Anschluss nicht zu verlieren? Im Unterschied zum «Allfinanz»-Konzept orientieren sich die Anbieter viel stärker an der momentanen Lebenssituation und den Bedürfnissen der Kundschaft als früher. Dabei steht die Customer Journey im Zentrum. Das erklärt auch die Fokussierung auf Ökosystem-Bereiche wie Wohnen, Gesundheit, Mobilität etc. Die Anforderung ist, sich über Contextual Financing zu positionieren. Hier bieten allerdings auch immer mehr Branchenfremde Dienstleistungen an.

Plattformen und Business-Ökosysteme

Wer über neue Geschäftsmodelle nachdenkt, egal in welcher Branche, muss sich also zwangsläufig mit digitalen Plattformen und Business-Ökosystemen auseinandersetzen. Diese gewinnen zunehmend an Bedeutung, wie ein Blick auf den Markt zeigt. Aktuelle Beispiele finden sich im B2C-Geschäft etwa im Bereich von Hypotheken oder in der Vorsorge. In diesen netzwerkartigen Strukturen ändern sich ausserdem die Rollen der einzelnen Akteure. So können Banken und Versicherungen in solchen Systemen wahlweise und je nach Geschäftsbereich als Technologieanbieter, Plattformeigentümer, Plattformbetreiber beziehungsweise Orchestrator, Anbieter, Zulieferer oder auch als Konsument auftreten. In der Praxis ist es oft eine Kombination davon.

Über Business-Ökosysteme wird sich die Bank beziehungsweise die Versicherung mit angestammten, aber auch neuen Services in die Customer Journey einbringen können. Diese neue Form der Kundeninteraktion und -zentriertheit verlangt allerdings ein Umdenken. Es geht nicht mehr um das Verteidigen der Kundenschnittstelle, sondern um die mit Partnern im Business-Ökosystem abgestimmte Serviceerbringung. Aus «mein» Kunde wird «unser» Kunde. Dies erfordert nicht zuletzt eine kulturelle Offenheit und einen neuen Mindset in der Kundenbetreuung. Auch die technologische Umsetzung ist ein Miteinander und bedingt gemeinsame abgestimmte Schnittstellen und die gemeinsame Bewirtschaftung eines auf den Service fokussierten Teils der Daten. Die gemeinsame Governance muss dies alles abdecken, denn koordinierte Spielregeln sind unabdingbar.

Klein anfangen und dazulernen

Um sich für diese neue Art der Zusammenarbeit fit zu machen, ist weder ein Umbau der gesamten IT-Infrastruktur noch ein grosses IT-Architekturprojekt nötig. Zum Start kann eine handelsübliche API-Management-Plattform mit überschaubarem Aufwand an Legacy-Systeme angeschlossen werden. Eine solche Plattform ist die technische Kernkomponente, damit sich zwei Teilnehmer über standardisierte APIs verbinden können. Sie enthält unter anderem die Security, die API-Dokumentation, das Entwicklerportal und die Registrierung von Benutzern und Drittanbietern.

Auf dieser Basis kann man durchaus auch mit einem kleinen internen Projekt starten. Das Ziel ist, Erfahrungen mit den neuen Technologien, dem Aufbau der Plattform, aber auch mit der Governance des Partnernetzwerks und neuen Preismetriken zu sammeln. Auch hier ist das Thema Mindset zentral. «Coopetition statt Competition» ist die Königsdisziplin der Innovation in vernetzten Business-Ökosystem-Geschäftsmodellen.

Dieser einzuschlagende Weg bedingt eine kontinuierliche Weiterentwicklung in kleinen, verkraftbaren Schritten. Das Warten auf den durchschlagenden Use Case, der etwa die komplette Standardisierung von Open Banking APIs nutzt, ist nicht sinnvoll. Vielmehr kann beziehungsweise muss jedes Unternehmen schrittweise die für sich passende Positionierung in den relevanten Ökosystemen entwickeln. Innovative Kooperationsmodelle mit neuen Partnern muss man üben und testen. Man darf dabei auch mal Fehler machen, Modelle verwerfen und wieder neu anfangen. Es geht darum, intern, extern, mit Partnern, mit Konkurrenten und nicht zuletzt mit und von den Kundinnen und Kunden zu lernen.

Studie zeigt Handlungsoptionen auf

Aus der Studie «Versicherungen 2025», die Finnova gemeinsam mit dem Business Engineering Institute St. Gallen durchführte, geht hervor, dass es keinen Sinn ergibt, bildlich gesprochen einfach die Prospekte von Bank und Versicherung nebeneinanderzulegen und damit den alten Allfinanzgedanken wieder aufleben zu lassen. In vernetzten Strukturen muss es das Ziel sein, serviceorientierte Angebote aufzubauen und damit aus der Konsumentensicht primäre Leistungen wie Hauskauf, Mobilitäts- und Gesundheitsbedürfnisse zu unterstützen.

Die Studie zeigt, dass sowohl Banken als auch Versicherungen ein sehr differenziertes Bild davon haben, in welches Business-Ökosystem sie sich einbringen möchten. Etwa ist «Wohnen» ein favorisiertes Business-Ökosystem von Banken wie auch Versicherungen. Es zeigt sich aber auch, dass sich beispielsweise einzelne Versicherungen explizit gegen Aktivitäten im Business-Ökosystem Wohnen ausgesprochen haben oder Banken wenig Mehrwert für sich im Ökosystem Mobilität sehen.

Marktattraktivität und Plattformanforderungen (n=45 Banken und Versicherungen)

Innovative Handlungsfelder für Banken und ­Versicherungen

Übergreifend bieten die Ökosysteme Wohnen, Finanzen (im Sinne der finanziellen Sorglosigkeit) und Gesundheit das grösste Potenzial. Wobei es anscheinend für Versicherungen mit einem Wert von 3.33 viel attraktiver ist als für Banken, sich in das Thema Gesundheit einzubringen. Eine weitere Ausdifferenzierung der Aussagen ermöglicht die Nachfolgestudie zu 40 Use-Cases. So haben etwa Plattformlösungen mit Services für Immobiliendienstleistungen einen hohen Stellenwert. Hierbei wird den technologischen Ansätzen wie der Datennutzung mit künstlicher Intelligenz eine grosse Relevanz beigemessen. Bei den Finanzen favorisieren die Umfrageteilnehmer ein All-in-one-Online-Finanzportal, das den Nutzenden einen Überblick über ihre Konten, Depots und Versicherungen gibt. Im Bereich Gesundheit schliesslich können etwa private Krankenversicherungen einen aktiven Lebensstil belohnen, wozu sie ihren Kundinnen und Kunden innovative Gesundheits-Apps und weitere digitale Produkte zur Verfügung stellen.

Es gibt mehr als genug Gründe, dass sich Banken und Versicherungen intensiv mit Geschäftsmodellinnovation auseinandersetzen. Denn sie sind in einer guten Position, gemeinsam und mit weiteren Akteuren neue Ansätze und Geschäftsmodelle zu etablieren. Embedded Finance für die Schweizer Finanzindustrie funktioniert dann, wenn der Nutzen für die Partner im Business-Ökosystem und somit am Schluss für die Konsumierenden erbracht wird. Verpasst die Finanzindustrie diese Entwicklung, werden sich vermehrt smarte Start-ups oder grosse Technologieunternehmen positionieren und immer mehr angestammte Bank- und Versicherungsleistungen für sich beanspruchen.

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