Arbeitswelten Konferenz 2022

So gewinnen und halten Firmen Talente

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von René Jaun und kfi

Seit der Coronapandemie ist die Arbeitswelt dynamischer geworden. Wie und wo sich die Flexibilität noch steigern lässt, zeigten die Referate an der diesjährigen Arbeitswelten-Konferenz. Doch es gab auch warnende Stimmen.

(Source: jannoon028 / Freepik)
(Source: jannoon028 / Freepik)

Es herrscht eine Schlacht auf dem Arbeitsmarkt. Diesen Eindruck erweckte zumindest die Einladung zur 6. Arbeitswelten Konferenz des Verbandes SwissICT. Am Event vom 31. August sollten "Rezepte im 'War for Talent'" gezeigt werden, stellten die Veranstalter in Aussicht.

"Es macht riesig Spass, heute so viele Leute wiederzusehen", sagte SwissICT-Geschäftsführer Christian Hunziker zu Beginn der Veranstaltung im Gleisarena-Campus der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). Dabei kam er auch auf neue Herausforderungen zu sprechen: Der Krieg in der Ukraine mit vielen Geflüchteten, hohe Inflation und steigende Cyberrisiken. Die Krisensituation beschere ihm ein weinendes Auge. "Gleichzeitig bin ich aber auch Optimist", erklärte Hunziker. Sein Verband bemühe sich, Best Practices aufzuzeigen und Sensibilisierungsarbeit zu leisten.

Christian Hunziker hiess die Besucherinnen und Besucher willkommen. (Source: zVg)

Kultur des "Sich-Kümmerns"

Mit der Pandemie haben viele Arbeitnehmende die Vorzüge des Homeoffice entdeckt. Madelon Barning, EMEA People Experience Manager beim Videokonferenzdienst Zoom, sprach in dem Zusammenhang von einem Geist aus der Flasche: "Er kam raus und wird von jetzt an nicht mehr verschwinden. Die Leute wollen weiterhin von Zuhause aus arbeiten können." Bei Zoom habe der Umstieg ins Homeoffice über Nacht problemlos geklappt. Doch auch Barning räumte die Existenz der "Meeting Fatigue" ein.

Madelon Barning, EMEA People Experience Manager beim Videokonferenzdienst Zoom. (Source: zVg)

Ihrem Unternehmen sei es wichtig, nicht nur glückliche Kunden, sondern auch zufriedene Mitarbeitende zu haben. Und um diese Zufriedenheit zu erreichen, brauche es vor allem eines: Flexibilität. Entsprechend erlaubt das Unternehmen allen Angestellten, ihren Arbeitsplatz frei zu wählen. Ins physische Büro muss nur, wer dafür wirklich einen Grund hat. Dabei sei wichtig, dass sich Teams Arbeitsformen angewöhnen, in denen die remote-arbeitenden Angestellten nicht zu kurz kommen.

Doch Zoom fördere die Mitarbeiterzufriedenheit auch mit anderen Massnahmen: So können Angestellte etwa Bücher (egal zu welchem Thema) auf Firmenkosten erwerben und sich an speziellen Themenwochen beteiligen. Zoom habe aber auch eine dedizierte "Happy-Crew", die für glückliche Mitarbeitende sorge, indem sie etwa bei Geburtstagen Cupcakes verteile. Ausserdem gebe man sich gutes Feedback und Komplimente. Kurz: Man pflege eine "Culture of Care", eine Kultur des "Sich-Kümmerns".

Teilzeitarbeit in der Chefetage

Für flexiblere Arbeitspensen im C-Level setzt sich FFHS-Forscherin Hannah Instenberg ein. Unter "normalen" Angestellten habe sich der Trend zur Teilzeitarbeit schon etabliert, und das aus gutem Grund: "Wir möchten nicht nur arbeiten, sondern auch ein gesundes Privatleben haben. Und wir möchten auch mehr Abwechslung – nicht nur fürs Unternehmen tätig sein, sondern sich selber verwirklichen. Dafür braucht man Zeit."

FFHS-Forscherin Hannah Instenberg sprach über Teilzeitarbeit auf Führungsetage. (Source: zVg)

Doch auf Führungsebene werden nach wie vor die meisten Stellen nur mit 100 Prozent Pensum ausgeschrieben. Dies "aus zum Teil sehr banalen Gründen", merkte Instenberg an. Dabei würde die Attraktivität des Arbeitgebers steigen, würden Teilzeitpensen auch für die Chefs eingeführt.

Damit dies klappe, müsse eine Führungsperson natürlich den Mitarbeitenden vertrauen und ihnen Aufgaben delegieren können. Weiter empfahl die Rednerin die Einführung eines strukturierten Informationssystems. Gefragt seien aber auch die Unternehmen und deren Geschäftsleitungen, die die Teilzeitarbeit für Führungspersonen in die Strategie aufnehmen sollten.

Viele Wege

Die These, dass Teilzeitarbeit für Führungskräfte in jedem Unternehmen möglich ist, blieb nicht ohne Widerspruch. Im Verlauf einer Podiumsdiskussion erinnerte eine Person aus dem Publikum an den Bankensektor, in dem Manager oft 150 Prozent arbeiteten. Sie kenne sich in der Bankenbranche nicht gut aus, räumte Instenberg ein, beharrte aber darauf: "Auch hier sollte es möglich sein, mit einem guten Team Verantwortung abzugeben."

FDP-Politikerin Doris Fiala hatte in ihrer Keynote die Vorzüge der Digitalisierung und auch die Gefahren erwähnt, namentlich im Bereich der Cybersicherheit. Ambitioniert Themen anzusprechen und Veränderungen anzustossen, sei sehr gut, kommentierte sie die Debatte um Teilzeitarbeit. Sie gab aber auch zu bedenken, dass zwischen Theorie und Praxis ein oft grosser Unterschied bestehe. Des Weiteren warnte sie davor, Vollzeitarbeit per se schlechtzureden, denn "die Schweiz hat es mit Fleiss und Einsatz zu Wohlstand gebracht".

Doris Fiala erinnerte an die Gefahren von Homeoffice. (Source: zVg)

Ausserdem erinnerte Fiala an die Gefahren des Arbeitens im Homeoffice: "Ein Mensch braucht die Kooperation und die Kommunikation", sagte die Politikerin.

Am Schluss der Diskussion wünschte sich Fiala eine Arbeitswelt, "in denen der Mensch sich als Mensch fühlt" und "auch in der Arbeit seine Erfüllung findet". Hannah Instenberg wünschte sich die Möglichkeit, dass alle so viel arbeiten können, wie sie sich wünschen. "Es muss jeder seinen Weg finden, egal welcher das ist. Aber wir müssen daran arbeiten, dass es viele Wege gibt."

Thema der letztjährigen Arbeitswelten Konferenz waren die Anforderungen des künftigen Arbeitsmarkts. Mehr über Soft Skills, Upskilling und Reskilling lesen Sie hier.

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