Armee will ziviles IT-Personal zwangsrekrutieren können
Das Militär will selbst in Friedenszeiten in der Lage sein, Zivilisten zwangsweise für die Cyberabwehr zu verpflichten. Zudem soll die Armee die IT-Infrastrukturen von privatwirtschaftlichen Unternehmen beschlagnahmen können.
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Die Schweizer Armee plant einem Bericht der "NZZ am Sonntag" zufolge, Arbeitskräfte und Infrastrukturen von IT-Unternehmen zu beschlagnahmen, um die Cyberabwehr zu stärken. Dies soll auch in Friedenszeiten möglich sein, weil Cyberangriffe noch keinen Verteidigungsfall auslösen. Solche Zwangsmassnahmen müsste der Bundesrat allerdings einzeln genehmigen. So sieht es Artikel 95 des revidierten Militärgesetzes vor, das bis Anfang März in der Vernehmlassung ist.
Welches Ausmass ein Cyberangriff gegen die Schweiz annehmen müsste, damit dieser Artikel zur Anwendung käme, ist jedoch unklar. Dies kritisiert Rechtsanwalt Martin Steiger: "Es wirkt ein bisschen so, als würde eine absolute Dienstpflicht durch die Hintertür eingeführt", lässt sich Steiger von der "NZZ" zitieren. Der Rechtsanwalt beklagt die "zunehmende Militarisierung bei der Cybersicherheit", die sich auch daran festmachen lasse, dass der Bundesrat das neue Bundesamt für Cybersicherheit im Verteidigungsdepartement (VBS) untergebracht hat.
Von Verständnis bis Entrüstung
Die Reaktionen auf das Vorhaben sind gespalten. In der Politik gebe es durchaus Verständnis für die Stossrichtung, schreibt die "NZZ" und zitiert Franz Grüter, Nationalrat (SVP/LU) und Verwaltungsratspräsident des Rechenzentrumsbetreibers Green: "Wenn die Ressourcen der Armee nicht reichen, ist ein Zugriff auf Unternehmen zulässig." Fraglich findet Grüter jedoch den Punkt bezüglich der Beschlagnahmung von IT-Infrastrukturen. "Rechenzentren oder Server sind operationelle Systeme, deren Funktion für die Unternehmen selbst kritisch ist", sagt Grüter und ergänzt: "Soll wirklich die Rechenleistung von Unternehmens-Servern beschlagnahmt werden, welche dann dort fehlt? Wie stellt sich die Armee dies vor?"
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse hingegen stellt sich grundsätzlich gegen Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit. "Wir stehen klar hinter der Landesverteidigung, doch eine sogenannte Requisition in Friedenszeiten anzuordnen, ohne vorherige Anhörung der betroffenen Firmen, ist äusserst fragwürdig", sagt Erich Herzog, Mitglied der Geschäftsleitung von Economiesuisse, gegenüber der "NZZ". Dementsprechend will der Verband im Rahmen der Vernehmlassung eine Änderung des Artikels 95 vorschlagen. Die Privatwirtschaft könne im Kriegsfall wichtige strategische Vorteile bringen, sagt Herzog und verweist auf das Beispiel der Ukraine. "Dort hat zum Beispiel Microsoft einen wichtigen Beitrag zum Schutz der ukrainischen IT-Systeme geleistet und Daten in der Cloud gesichert, Elon Musk stellte dem Land seinen Satellitendienst Starlink zur Verfügung und sicherte damit die digitale Kommunikation."
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