Branchenverband lädt zum KI-Event

Rauchende Köpfe und Küchen beim Swico

Uhr
von Lia Perbo und jor

Der Branchenverband Swico hat seine Mitglieder am 18. April zu einem KI-Event geladen. Die Referenten gewährten Einblicke in die Funktionsweise von künstlicher Intelligenz sowie konkrete Einsatzbereiche in Firmen.

Die Interessengruppe Webdienstleistungen des Swico hat zum KI-Event geladen. (Source: Netzmedien)
Die Interessengruppe Webdienstleistungen des Swico hat zum KI-Event geladen. (Source: Netzmedien)

An einem verregneten Aprilnachmittag lädt der Swico seine Mitglieder zu einem Event, der ganz im Zeichen von künstlicher Intelligenz steht. Die Frage im Fokus: Wie lässt sich KI für die Transformation von Wissensmanagement einsetzen? Inmitten von meterhohen Bücherregalen und imposanten Kunstobjekten geben die Referenten den Teilnehmenden im Luma Westbau in Zürich ein Toolkit an die Hand, mit dem sie künstliche Intelligenz besser verstehen und in ihren Firmen effizient einsetzen können. 

Joel Barmettler, KI-Student an der Universität Zürich und KI-Consultant für BBV, eröffnet die Veranstaltung mit dem Ziel, KI zu entmystifizieren. Er erklärt die Mathematik hinter künstlicher Intelligenz und Machine Learning, spricht von linearen Regressionen, Steigung und Vektoren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte das Publikum entzaubert sein: "Die Technik, auf der künstliche Intelligenz basiert, ist reine Statistik. Ähnlich wie Neuronen in menschlichen Gehirnen verarbeiten Sprachmodelle Inputsignale und generieren daraus einen Output." Sie seien lediglich darauf trainiert, basierend auf einem Wort als Input ein nächstes passendes Wort zu finden. 

Dementsprechend hätte die Art von Daten, mit der man das Modell trainiere, enormen Einfluss auf den generierten Output. Barmettler zeigt auf einer Karte, wie hoch der Anteil an demokratischen Wählern in der Region des OpenAI-Haupsitzes ist - und konkludiert: "Wir können stark davon ausgehen, dass ChatGPT politisch gefärbt ist, also nicht allwissend."

Derzeit forscht er dazu, wie man KI-Modelle kleiner und effizienter machen kann. Denn kleinere Firmen hätten heute das Problem, dass die gängigen Modelle grosser Player wie Microsoft oder der Open-Source-Community und von Universitäten zu viel Rechenleistung benötigten. "Daraus ergeben sich Challenges wie Datenschutz-, Privacy- und Security-Fragen. Wenn wir die Open-Source-Modelle aber verkleinern können, ohne dass sie schlechter werden, dann sind diese Fragen irrelevant", prognostiziert er. Und legt den Unternehmensvertretern ans Herz, sich schrittweise an KI-Projekte heranzuwagen, ohne sich von Sorgen rund um Datenschutz zurückhalten zu lassen. "Der Use Case wird sich automatisch auf einen Schlag vergrössern, wenn diese Open-Source-Modelle da sind".  

die drei referenten posieren vor der PPP

Marius Högger, Emre Özyurt und Joel Barmettler. (Source: Netzmedien)

Wie das in der Praxis aussehen könnte, zeichnen KI-Ingenieur Marius Högger und KI-Consultant Emre Özyurt von BBV nach. Besonders im Bereich Wissensmanagement eigne sich der Einsatz von KI. Verschiedene Informationen seien in verschiedenen Ordnern von verschiedenen Mitarbeitenden zu verschiedenen Zeitpunkten abgelegt und am Ende wisse niemand mehr genau, was wo zu finden sei. Sich in diesem "Wissenslabyrinth" zurechtzufinden, sei insbesondere für neue Mitarbeitende schwierig. 

Hier könnten sogenannte Wissensagenten auf KI-Basis Abhilfe schaffen, erklärt Högger. Grundlage dafür seien üblicherweise Large Language Models (LLM), auf denen auch ChatGPT oder andere Anwendungen generativer KI basieren. Dabei gelte wie bei allen Sprachmodellen: "Context is key". Je mehr Kontext man einem Modell gebe, desto genauer könne es antworten. Die Agenten hätten demnach Zugriff auf die Wissensdatenbank von Unternehmen sowie auf das Internet und entschieden autonom, ob sie für eine Anfrage zum Beispiel die eigene Kundendatenbank oder eine Suche im Web benötigten. Zudem könne der Agent mit anderen Apps, Codes oder Datenbanken ausserhalb des Chat-Fensters interagieren. So fungiere der KI-Agent als virtueller Mitarbeiter, der Fragen von Mitarbeitenden kompetent und menschenähnlich beantworten könne. 

Wissensmanagement mit KI-Agenten

Das Thema KI und dessen Implementierung im Firmenkontext sorgt offenbar nicht nur für rauchende Köpfe, sondern auch für rauchende Küchen: Beim Zubereiten des Apéros im Nebenraum hat anscheinend jemand etwas anbrennen lassen. So unterbricht ein Feueralarm den Vortrag von Marius Högger und zwingt die Eventteilnehmenden zwischenzeitlich, eine Pause einzulegen und das Gehörte setzen zu lassen. Mit seinem Eventmotto "KI in Action" scheint es der Swico ernst gemeint zu haben. 

Der Anlass kann zwar ohne weitere Zwischenfälle zu Ende gebracht werden - allerdings bleiben die Teilnehmenden skeptisch: Fragen nach Datenschutz und Manipulationspotenzial beschäftigen einige Zuhörer und Zuhörerinnen. Andere wollen wissen, wie sie solche kostspieligen Projekte der Geschäftsleitung unterbreiten sollen. 

KI-Agenten seien datenschutztechnisch bedenkenlos, klärt Marius Högger auf: Man könne genau festlegen, welche Berechtigungen der Agent haben soll und so vertrauliche Unternehmensdaten schützen. Bei der Manipulationsgefahr von Sprachmodellen hingegen zeigt sich Joel Barmettler weniger optimistisch: "Grundsätzlich ist die Gefahr sehr hoch. Im Moment haben wir es im Griff, weil Open AI hohe ethische Standards hat, aber darauf dürfen wir uns nicht zu lange verlassen."

KI-Agenten seien der Schlüssel, um KI gewinnbringend in Unternehmen einzusetzen. Sie beschleunigten interne Prozesse und ermöglichten es ganzen Teams, sich verstärkt auf strategische Aufgaben zu konzentrieren. Zudem könne man Schritt für Schritt vorgehen, sagt Marius Högger: "Wir können einen kleinen Wissenstopf nehmen und einen Agenten aufbauen. Wenn dieser gut funktioniert, kann man für andere Bereiche weitere einsetzen." 

Der anschliessende Apéro riche bietet den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich weiter über die Chancen und Risiken von KI auszutauschen - und die Risotto-Bällchen können ohne verkohlte Kruste verköstigt werden. 

Tags
Webcode
UV9jmxbN