Partner-Post Fachbeitrag von Die Ergonomen

A Pint of Bitter, please!

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von Christopher Müller, Expert Consultant, Die Ergonomen Usability

Wer als Kunde ein Produkt bestellt, ohne es vorher in Händen gehalten zu haben, könnte enttäuscht werden, wenn seine Erwartungen nicht mit dem Gelieferten übereinstimmen. Gleichzeitig dürfte sich ein Lieferant darüber ärgern, wenn es zu viele Retouren gibt. Denn sie verursachen Kosten. Schliesslich wollen alle nur zufriedene Kunden. Hier kann aktives ­Erwartungsmanagement helfen.

Christopher Müller, Expert Consultant, Die Ergonomen Usability
Christopher Müller, Expert Consultant, Die Ergonomen Usability

Egal ob im Verkauf von Hardware oder in der Webentwicklung – weder ein Onlineshop noch eine Digitalagentur wünscht sich enttäuschte Kunden. In manchen Fällen liegt die Enttäuschung tatsächlich an einem mangelhaften Produkt oder einer schlecht entwickelten Lösung. Häufiger aber liegt einer Enttäuschung auf Kundenseite fehlendes oder zumindest mangelhaftes Erwartungsmanagement zugrunde. Denn werden Erwartungen nicht richtig gemanagt, fühlen sich die Betroffenen weder gehört noch verstanden. Auch auf Lieferantenseite führen Reklama­tionen zu Frust. Schliesslich wünscht sich niemand verärgerte Kunden.

Erwartungsmanagement ist der Prozess, durch den man die Erwartungen anderer an die zu erwartende Realität anpasst, bevor eine Erfahrung gemacht wird. Dazu ein kleines Erlebnis, wie es wohl schon einige Schweizer Biertrinker beim ersten Besuch in einem englischen Pub etwa in West Yorkshire erlebt haben, die dort ein lokales Bier bestellt haben.

Wenn der an Feldschlösschen gewöhnte Schweizer Gaumen auch beim lokalen englischen Bier ein kaltes, mildes Helles erwartet, kann man sich die Enttäuschung des Touristen aus dem Alpenraum vorstellen. Denn der Bartender wird ein Ale auf den Tresen stellen, das weder eiskalt noch schäumend ist, sondern bitter schmeckt und ungekühlt aus dem Keller, also temperiert, ins Glas kommt.

Bessere Kommunikation, etwa durch ein einfaches Nachfragen des Gastes beim Barkeeper, welches lokale Bier es gebe, und wie dieses schmecke, hätte wohl nicht zu Enttäuschung und Ablehnung, sondern zu direkter Wertschätzung geführt. Auch hätte der Barkeeper sagen können: «Look ‘ere, when tha’s in a English pub an’ asks fer a local brew, tha’ll get a pint o’ bitter. It ain’t fer everyone, ‘specially not fer them Lager drinkers.» («Wenn du in einem englischen Pub nach einem lokalen Bier fragst, bekommst du ein Pint Bitter. Das ist nicht für jeden, besonders nicht für die Lager-Trinker.»)

Im Verkauf von hochpreisigen Produkten oder auch in der Dienstleistungsbranche ist Erwartungsmanagement natürlich sehr viel kritischer als im englischen Pub im nordmittelenglischen Nirgendwo. Aber auch hier stehen beide Seiten vor der Herausforderung, die Erwartungen ihres Gegenübers so zu managen, dass Enttäuschungen ausbleiben. Im kritischen Kundenkontakt kann effektives Erwartungsmanagement helfen, die Nachvollziehbarkeit und das Verständnis zu fördern.

Voraussetzung dafür ist, dass alle Beteiligten offen kommunizieren: Der Kunde artikuliert seine Erwartungen an ein Produkt oder an die zu erbringende Dienstleistung, der Lieferant gibt eine realistische Einschätzung seiner eigenen Leistungsfähigkeit in Bezug auf das zu liefernde Produkt oder die zu erbringende Dienstleistung ab. Dies schafft ein vertieftes Verständnis auf beiden Seiten.

Egal, ob es darum geht, im englischen Pub das richtige Bier zu bestellen oder Reklamationen zu minimieren: Die Beteiligten müssen miteinander sprechen, und erklären, mit welchen Resultaten zu rechnen ist. Das führt zu besseren Ergebnissen und einer höheren Zufriedenheit bei allen Stakeholdern.

Eine Einschränkung gibt es allerdings. Das beste Erwartungsmanagement nützt nichts, wenn auf der einen oder anderen Seite Menschen agieren, welche die Beziehung torpedieren. Und es ist nicht nur in 1:1-Beziehungen eine Herausforderung, sondern wird in 1:2- oder gar 1:n-Beziehungen schnell zu einem komplexen Balanceakt, der Fingerspitzengefühl und klare Kommunikation erfordert.

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