Jubiläum: 25 Jahre "Netzwoche"

Der Blick zurück lohnt sich durchaus, nicht nur anekdotisch

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von Min Li Marti, Nationalrätin (SP/ZH) und Co-Präsidentin Parldigi

Meine ersten Interneterfahrungen machte ich vor mehr als 25 Jahren. Seither veränderten technologische Entwicklungen unser Leben rasant. Weitere Umwälzungen stehen an – doch es gilt auch, die wachsenden Digitalisierungsskepsis im Blick zu behalten.

Min Li Marti, Nationalrätin (SP/ZH) und Co-Präsidentin Parldigi. (Source: zVg)
Min Li Marti, Nationalrätin (SP/ZH) und Co-Präsidentin Parldigi. (Source: zVg)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich damals, noch relativ zu Beginn meines Studiums – und das ist mehr als 25 Jahre her – zu einer Freundin in den ETH-Computerraum ging, um einmal dieses Internet anzuschauen. Etwas später besuchte ich das Seminar «Soziologie des Cyberspace» – in erster Linie, um mir eine E-Mail-Adresse zu ergattern, die damals noch rar waren. Und dann brachte ich eben dieses Internet nach ein paar Stunden basteln mit Trumpet Winsock auch zuhause zum Laufen. Etwas später – und jetzt nähern wir uns langsam dem Zeitpunkt der Gründung der «Netzwoche» – arbeitete ich als Onlineredaktorin bei einer Online-Musik-Plattform. Diese wurde von einem Provider namens The Blue Window herausgegeben, der später dann zu Bluewin wurde. Wir hatten damals auch einige Mittel zum Experimentieren übrig und zum Beispiel Livestreams von Open-Airs gesendet (in Briefmarkengrösse) und Live-Chats (unter Ausschluss der Öffentlichkeit) durchgeführt. Gegen Ende des letzten Jahrtausends kündigte ich diese Stelle, um das Studium zu beenden. Und nicht sehr viel später platzte die Dotcom-Blase – da war dann auch nicht mehr so viel Geld da für frivole Experimente. Dazwischen gab es noch den angekündigten Weltuntergang wegen des Y2K-Bugs – den es dann doch nicht gab.

Die Erstausgabe der «Netzwoche» erschien 2000, und seither ist tatsächlich viel passiert. Der Blick zurück lohnt sich durchaus, nicht nur anekdotisch. Viele Prognosen haben sich nicht bewahrheitet. Darunter auch meine: Das iPhone setzt sich niemals durch, es ist viel zu gross und unpraktisch! Britney Spears ist ein One-Hit-Wonder! Ich hätte damals wohl auch nicht geglaubt, dass ich einmal Nationalrätin werde. Unser Leben hat sich mit der technologischen Entwicklung rasant verändert – nicht nur, aber gerade auch durch das Internet und Smartphones. Und das hat grosse gesellschaftliche Auswirkungen, die uns auch in den kommenden 25 Jahren beschäftigen werden.

Das Platzen der Dotcom-Blase kann vielleicht auch als Warnung gedeutet werden, schliesslich gibt es doch ernst zu nehmende Stimmen, die vor einer KI-Blase warnen. Gleichzeitig bedeutet das Aufkommen der künstlichen Intelligenz, dass sich vielleicht ein Teil der durch die technologische Entwicklung geschaffenen Stellen wieder verändert oder obsolet wird. Wird es noch Mediamatikerinnen brauchen oder Webdesigner und Programmiererinnen? Und wenn ja, wie verändert sich das Berufsbild? Auch das ist ein Thema, das die Branche sicher beschäftigen wird. Im Nachgang zur hauchdünn gewonnenen E-ID-Abstimmung glaube ich auch, dass man sich mit der wachsenden Digitalisierungsskepsis beschäftigen muss. Diese ist nicht unberechtigt, weil häufig die Grundsatzfragen nicht gestellt werden. Technologie ist aber kein Selbstzweck, sondern sollte Mittel zum Zweck sein, Menschen und Gesellschaft dienen. An interessanten und wichtigen Themen wird es der «Netzwoche» auch in Zukunft nicht fehlen, und es wird auch in Zukunft einen fachkompetenten Journalismus brauchen, der sich mit diesen Themen auseinandersetzt. Alles Gute zum Jubiläum! 

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