Umfrage von "ICTjournal" und "Netzwoche"

Das sind die Pläne der Schweizer CIOs für 2026

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Schweizer IT-Chefs wollen mit KI die Effizienz steigern, doch Risiken und ein unklarer Return on Investment bremsen die ­Umsetzung. Eine Umfrage von «ICTjournal» und «Netzwoche» zeigt, wie der Hype dem Pragmatismus weicht: Jetzt bestimmen Sicherheit und klare Business-Cases die KI-Agenda.

(Source: Chin - stock.adobe.com)
(Source: Chin - stock.adobe.com)

Die Versprechen rund um künstliche Intelligenz klingen verlockend, doch die Realität sieht anders aus. Hohe Sicherheitsrisiken, ein unklarer wirtschaftlicher Nutzen und der ständige Druck aus dem Business zwingen IT-Führungskräfte zu einem pragmatischen Balanceakt zwischen dem technologisch Möglichen und dem wirtschaftlich Sinnvollen. Der Hype weicht der Realität, wie aus einer Umfrage von "ICTjournal" und "Netzwoche" unter 41 Schweizer CIOs und Führungskräften mit leitenden Funktionen im IT-Bereich hervorgeht.

Sicherheit als Alpha und Omega, Effizienz als Motor

Ein Blick auf die Agenda für 2026 zeigt ein klares Bild. Obwohl die Budgets für zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) steigen, bleibt die Personaldecke bei der grossen Mehrheit (63 Prozent) stabil (Grafik 1).

Grafik 1: Budget und Personal

Diese Konstella­tion – mehr Geld für Technologie, aber nicht für Personal – zwingt die IT-Verantwortlichen, gezielt in Automatisierung und Effizienz zu investieren, um die wachsenden Anforderungen überhaupt bewältigen zu können.

Die strategischen Prioritäten zeigen dies klar. An der Spitze der CIO-Agenda thront ein Thema, das zugleich Pflicht und Kür ist: die Cybersicherheit. Mit überwältigenden 85 Prozent Nennung als "hohe Priorität" dominiert sie die strategische Planung (Grafik 2).

Grafik 2: Strategische Prioritäten

Gleichzeitig ist sie mit 65 Prozent die mit Abstand grösste Herausforderung im Tagesgeschäft. Direkt dahinter folgt die "Effizienz-Achse": Automatisierung (59 Prozent "hohe Priorität") und Kostenoptimierung (51 Prozent "hohe Priorität") sind die entscheidenden Hebel.

Ein bemerkenswerter Widerspruch offenbart sich beim Thema Fachkräftemangel. Während über 70 Prozent der IT-Chefs die Gewinnung und Bindung von Fachkräften als mittlere bis hohe Herausforderung empfinden, landet dasselbe Thema in der strategischen Prioritäten­liste auf einem der hintersten Plätze. Nur 15 Prozent räumen ihm eine hohe Priorität ein. Die Lesart liegt auf der Hand: Statt in eine aufwendige Personalsuche zu investieren, scheinen die IT-Chefs das Problem über Technologie lösen zu wollen. Automatisierung und KI werden zum strategischen Hebel, um den Mangel an Fachkräften zu kompensieren.

GenAI: Ein starker Wille trifft auf hohe Mauern

In diesem Spannungsfeld positioniert sich die Einführung von KI-Diensten als eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Sie gehört zu den Top-5-Prioritäten und wird von über 75 Prozent der IT-Chefs als wichtig eingestuft. Doch der Wille allein reicht nicht. Die Integration von KI und Automatisierung zählt gleichzeitig zu den vier grössten Herausforderungen (Grafik 3). Der Wunsch ist da, aber der Weg in die Praxis ist steinig.

Grafik 3: Herausforderungen
Der Blick auf generative KI im Speziellen bestätigt diese ambivalente Haltung. Von einer blinden Euphorie ist in der Schweiz nur wenig zu spüren. Die grösste Gruppe der Entscheider (38 Prozent) sieht Chancen und Risiken im Gleichgewicht (Grafik 4).

grafik 4: Chancen vs. Risiken von GenAI

Addiert man die 21 Prozent hinzu, die sich noch kein abschliessendes Urteil zutrauen, befindet sich eine deutliche Mehrheit von fast 60 Prozent in einer Phase der sorgfältigen Abwägung. Dennoch ist die Grundstimmung klar positiv: Die Gruppe der Optimisten, für die die Chancen überwiegen (28 Prozent), ist mehr als doppelt so gross wie die der Pessimisten (13 Prozent).

Das grosse Versprechen: mehr leisten mit den gleichen Mitteln

Fragt man, welches konkrete Potenzial die IT-Chefs in Gen­AI sehen, fällt die Antwort praktisch einstimmig aus: Effizienz. Zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) erkennen hier ein hohes Potenzial (Grafik 5).

Grafik 5: Potenziale von Genai

Für sie ist GenAI der Schlüssel, um die Produktivität zu steigern. An zweiter Stelle folgt mit 56 Prozent das Wissensmanagement. Hierfür liefern die Befragten auch konkrete Projektbeispiele, die von der "Analyse des organisationalen Wissens" über eine "interne Know-how-Sammlung" bis zur automatisierten Auswertung medizinischer Dokumente reichen.

Der Fokus beim Einsatz von generativer KI liegt also klar auf der Optimierung bestehender Prozesse und der Effizienzsteigerung. Im Gegensatz dazu rangiert das disruptive Ziel, mit der Technologie völlig neue Geschäftsmodelle zu erschliessen, mit nur 15 Prozent "hohem Potenzial" weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Die dunkle Seite: Datenschutzrisiken und das Black-Box-Problem

Dem Potenzial stehen in der Wahrnehmung der befragten Entscheiderinnen und Entscheider jedoch ebenso grosse Risiken gegenüber (Grafik 6).

Grafik 6: herausforderungen

An der Spitze der Sorgenliste thront der Datenschutz (69 Prozent "hohes Risiko"), dicht gefolgt vom Kontrollverlust durch das "Black-Box-Problem" der KI (62 Prozent). Somit bilden die Angst vor dem Abfluss sensibler Daten und die Intransparenz der KI-Entscheidungen die Kernpunkte der geäusserten Bedenken.
Die weiteren Ränge der Risikoliste verdeutlichen die Bedeutung der Gesamtbewertung: So rangieren rechtliche Unsicherheiten wie Urheberrecht und Haftungsfragen in der Gesamtwertung knapp vor der Gefahr fehlerhafter oder irreführender KI-Ergebnisse (sogenannte "KI-Halluzinationen"), obwohl letztere mit 46 Prozent sogar häufiger als "hohes Risiko" gelten (gegenüber 41 Prozent). Ebenfalls weit oben auf der Liste stehen strategische Gefahren: die Abhängigkeit von wenigen grossen Anbietern (Vendor-Lock-in) mit 51 Prozent und der befürchtete Verlust von kritischem Denken bei den Mitarbeitenden (49 Prozent).
Ein oft medial gezeichnetes Schreckensszenario entkräften die IT-Chefs hingegen deutlich: Den Wegfall von Arbeitsplätzen bewerten die Befragten als das mit Abstand geringste Risiko.

Wo der KI-Motor stottert: der unklare ROI als Hürde Nummer eins

Doch was bremst die Umsetzung am stärksten? Ganz oben steht kein technisches, sondern ein betriebswirtschaft­liches Problem: der unklare Return on Investment (ROI), den 56 Prozent der Befragten als Hürde Nummer eins nennen (Grafik 8).

Grafik 8: Hürden

Dabei zeigt sich eine feine, aber entscheidende Nuance: Während der unklare ROI die grösste Hürde für die Genehmigung von Projekten darstellt, stufen die Befragten das finanzielle Risiko eines laufenden KI-Projekts als vergleichsweise gering ein (Grafik 6). Die eigentliche ROI-Hürde ist also weniger die Angst vor operativen Verlusten, als vielmehr die Schwierigkeit, den Nutzen im Vorfeld zu beweisen und einen überzeugenden Business Case für die Budgetfreigabe zu erstellen.

Diese wirtschaftliche Hürde, kombiniert mit den hohen Bedenken bezüglich Datenschutz und Datenqualität (jeweils 51 Prozent), bildet die zentrale Blockade, die viele KI-Projekte ausbremst. Verstärkt wird dies durch die fehlende übergeordnete KI-Strategie, die fast der Hälfte der Firmen fehlt.
Ein CIO bringt die Blockade auf den Punkt: "Rechtlich gesehen blockiert uns das neue Datenschutzgesetz, sobald es um sensible Daten oder automatisierte Entscheidungen geht." Die Tatsache, dass kein einziger Befragter angab, "keine nennenswerten Hürden" zu haben, unterstreicht die Komplexität des Vorhabens.

Der Rollout: Die IT gibt den Takt an

Wo genau findet generative KI also heute statt? Die Umfrage zeichnet das Bild einer gestaffelten Einführung, bei der die IT-Abteilung selbst als Lokomotive agiert. Bei 41 Prozent der IT-Teams ist GenAI bereits produktiv im Einsatz, etwa zur Code-Erstellung oder zu Dokumentationszwecken (Grafik 7).

Grafik 7: Einsatzgebiete

Als wichtige Experimentierfelder erweisen sich Marketing und Rechtsabteilungen, wo der Anteil der Pilotprojekte am höchsten ist. Die Planungsphase dominiert hingegen im Kundenservice und vor allem in der Datenanalyse, während das Personalwesen (HR) als klares Schlusslicht weit hinterherhinkt.

Fragt man die CIOs abschliessend nach ihren Top-Projekten für die kommenden zwölf Monate, bestätigt sich dieses pragmatische Vorgehen. Abgesehen von Dauerbrennern wie SAP-Migrationen und der Modernisierung der Anwendungslandschaft nennen die Führungskräfte eine ganze Reihe spezifischer KI-Vorhaben. Die Bandbreite reicht vom Aufbau einer "KI-Governance" über Piloten für "interne GPTs" bis hin zur "Einführung von KI-gestützten Self-Checkout-Kassen". Auffällig ist zudem, dass das Thema digitale Souveränität, obwohl es in der allgemeinen Prioritätenliste weit unten rangiert, in den konkreten Projektplänen einzelner Unternehmen eine wichtige Rolle spielt. Explizite Nennungen wie der Aufbau einer "souveränen KI-Infrastruktur" oder einer "Zero-Cloud-Strategie" zeigen, dass digitale Souveränität für einen Teil der Befragten mehr als nur ein Schlagwort ist.

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