Chinas grösster Tech-Deal

Lenovo kauft Motorola

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Urech

Lenovo hat sich gestern bereit erklärt, Googles Smartphone-Sparte für 2,91 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Nur eine Woche nach dem bislang grössten Tech-Deal in China übertrifft der Hersteller damit seinen eigenen Rekord.

Die Lenovo-Gruppe und Google haben gestern einen Kaufvertrag für Googles Smartphone-Sparte unterzeichnet. Der chinesische Hersteller wird Motorola für 2,91 Milliarden US-Dollar übernehmen, wie dem offiziellen Googleblog zu entnehmen ist.

Die Übernahme ist Lenovos zweiter Grosseinkauf in den USA innerhalb nur einer Woche. Vergangenen Donnerstag wurde bekannt, dass der Konzern IBMs Server-Sparte für 2,3 Milliarden Dollar übernimmt.

Für Google markiert der Kaufvertrag den Rückzug von einem kurzen Ausflug in die Welt der Smartphone-Produktion und der gleichzeitig grössten Akquisition in der Firmengeschichte. Google zahlte 2012 rund 12,5 Milliarden Dollar für Motorola. Google wird trotz des Verkaufs nach eigenen Angaben einen Grossteil der Motorola-Patente behalten.

Für die Übernahme wird Lenovo 660 Millionen Dollar in Bar zahlen, 750 Millionen Dollar in Lenovo-Aktien und weitere 1,5 Milliarden Dollar in Form von Wertpapieren über eine Dauer von drei Jahren.

Nach Bekanntwerden des Deals kletterte Googles Aktienkurs im nachbörslichen Handel um 2,2 Prozent auf 1131 Dollar.

Milliardenverlust für Google?

Hat Google mit dem Kauf und Verkauf von Motorola einen Milliardenverlust eingefahren? Auf den ersten Blick scheint es so, als ob Google mit dem Deal über 9,5 Milliarden Dollar in den Sand setzt. Diese Zahl zeigt aber nicht die ganze Wahrheit. Google erlangte durch den Kauf von Motorola auch Patente, die es mit rund 5,5 Milliarden Dollar bewertet. Diese bleiben grösstenteils im Besitz Googles. Der Internetgigant konnte zudem Motorola Home, das Set-Top-Box-Geschäft von Motorola, für 2,35 Milliarden US-Dollar an die Arris Group weiter verkaufen. Damit bleibt für Google noch ein Verlust von rund 4 Milliarden US-Dollar.

Google setzt zudem grosse Hoffnungen in Motorolas Moonshot-Sparte. Dieser wird auch nach dem Verkauf Motorolas im Besitz Googles bleiben: Knapp 100 Mitarbeiter aus der Forschungsabteilung von Motorola werden laut The Verge in den Google-Hauptsitz nach Mountain View umziehen. Das Team arbeitete unter anderem an einem modularen Smartphone-Konzept, das allerdings noch nicht marktreif ist. Ob Google plant, dieses mit seinen Betriebssystemen Android oder Chrome OS zu verbinden, ist noch unklar.

Auffällig ist auch, dass der Motorola-Verkauf zeitlich mit einem neuen Patent-Deal zwischen Samsung und Google zusammenfällt. Google scheint es damit gelungen zu sein, Samsung von einem verstärkten Einsatz von Windows Phone oder gar einem Android-Fork abzuhalten. Auch der Kauf von Motorola bewirkte dazumals, dass sich der US-Handy-Hersteller nicht auf Windows Phone eingelassen hatte. Noch unklar ist, wie es nun mit Googles Nexus-Linie weiter geht, in deren Rahmen Google in enger Kooperation mit Partnern wie HTC, Samsung oder LG selbst Handys verkaufte.