Wild Card von Daniel Liebhart

Smart Apart - Activate the World

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Ein Traum: IT-Systeme, die selbstständig auf Veränderungen reagieren, sich selbst reparieren und schützen können. Seit Dekaden wird daran geforscht. Neue Entwicklungen zeigen, dass «selbstadaptive Systeme» den Weg in unseren Alltag und in unsere Unternehmen finden werden.

"Activate the World", war das Motto von Mark Weiser, dem ehemaligen CTO von Xerox Parc. Er und seine Kollegen wollten bereits 1988 eine Welt erschaffen, in der hunderte kabellose, vernetzte intelligente Geräte als omnipräsente und unsichtbare Helfer unser Leben einfacher machen sollen. Was damals eine bahnbrechende Vision war, wird heute Realität. Unter dem Begriff "Self-Adaptive Systems" werden Anwendungen zusammengefasst, die fähig sind, während ihres Einsatzes das Verhalten und die Konfiguration selbstständig zu verändern.

Aufbau

Der innere Aufbau einer solchen Anwendung besteht immer aus zwei vollständig getrennten Teilen. Der eine Teil ist für die Interaktion mit der Umwelt zuständig. Damit sind beispielsweise Aktoren oder Sensoren gemeint. Ein zweiter Teil verantwortet die Adaption. Danny Weyns, Professor an der Katholischen Universität Leuven in Belgien, hat 2018 in seinem wunderbaren Überblick "Engineering Self-Adaptive Software Systems" ein einfaches konzeptionelles Modell entwickelt. Es geht davon aus, dass die Adaption durch drei logische Elemente realisiert wird. Sie implementieren Fachlogik, Verwaltung und Adaptionsziele. Die Fachlogik ist für die Ausführung bestimmter Aufgabenstellungen des Systems zuständig. Im Falle von Industrierobotern sind das beispielsweise Navigation, Fertigung oder Transport. Das Verwaltungselement realisiert die Adaptionslogik. Also etwa für die Anpassung der Navigation, um ein Ziel trotz Hindernisse rechtzeitig zu erreichen. Die Verwaltung steuert die ­Fachlogik über die Adaptionsziele. Selbstkonfiguration, ­Selbstoptimierung, Selbstheilung und Selbstschutz sind vier der typischen Ziele.

Schwierigkeiten

"Selbstadaptive Systeme" werden seit langem entwickelt. Die ins neue Jahr tanzenden Roboter von Boston Dynamics oder die selbstfahrenden Fahrzeuge sind lediglich die aktuellen Ergebnisse dieser Entwicklungen. Die entsprechenden Referenzmodelle aus der Kontrolltheorie wie beispielsweise MAPE-K (Monitor, Analyze, Plan, Execute and Knowledge) von IBM oder Modelle der kontext-basierten Selbstadaption sind gut etabliert. Die Realisierung verteilter selbstadaptiver Systeme und der Umgang mit unvorhergesehenen Situationen sind jedoch zwei Herausforderungen, die einer flächendeckenden Einführung dieser Technologie im Weg stehen. In diesen Bereichen werden gerade innovative Lösungen entwickelt.

Neue Lösungen

Ein Haus, das auf sich selbst aufpassen kann, ist der Traum vieler Besitzer. Schadensfälle werden vorausgesehen, verhindert oder zumindest gemindert. Das ist nur eines von vielen möglichen Einsatzgebieten. Mit der geeigneten Architektur können einfache und verteilte Sensoren und Aktoren – typische Smarthome-IoT-Komponenten – zu einem intelligenten "Self-Adaptive System" kombiniert werden. Wie so etwas gebaut werden kann, zeigte ein internationales Forschungsteam in der Dezember-Ausgabe 2020 der Zeitschrift "IEEE Computer" auf. Auch für den Umgang mit unvorhergesehenen Situationen gibt es Lösungen, wie etwa den Einsatz von künstlicher Intelligenz etwa in den Projekten des "paluno – the Ruhr Institute for Software and Technology" der Universität Duisburg-Essen oder die ­neuro-adaptiven Softwaresysteme von Barbara Weber, der Leiterin des Computer Science Institutes der HSG. Entsprechende Umsetzungen sind bald zu erwarten.

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