Schwerpunkt: Personal

Auch IT-Manager brauchen ein hohes Mass an Sozialkompetenz

Uhr | Aktualisiert
von Stefan Stöckler

Im IT-Management zählen nicht nur technische Kompetenzen. Auch soziale Fähigkeiten im Umgang mit Kunden und Mitarbeitern sind wichtig. Welche Soft Skills brauchen IT-Manager? Wie können sie diese bei sich und ihren Mitarbeitern fördern? Und welchen Nutzen ziehen sie daraus?

Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Stefan Stöckler. Er ist Studienleiter der Nachdiplomstudiengänge Master of Advanced Studies (MAS) in Business Process Engineering und in Business Information Management am Management-Weiterbildungszentrum der FHS St. Gallen (Fachhochschule).

Die Praxis zeigt es immer wieder: Projekte, die fachlich noch so perfekt geplant werden, können schnell an Konflikten, Kommunikationsproblemen oder ähnlichen Schwierigkeiten scheitern. Das gilt auch für Projekte im IT-Umfeld, wo fachliche Aspekte mehr im Vordergrund zu stehen scheinen als in anderen Branchen. Erfreulicherweise haben viele IT-Manager in den letzten Jahren verstärkt ein Bewusstsein für die Bedeutung der Soft Skills entwickelt. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Denn alle wesentlichen Tätigkeiten von IT-Expertinnen und -Experten – wie zum Beispiel Geschäftsprozesse verstehen und optimieren, Anforderungen erheben und neue Software einführen – haben mit zahlreichen Personen aus unterschiedlichen Fachabteilungen und oft auch aus verschiedenen Kulturkreisen zu tun.

Aber auch im Umgang mit den Kunden spielen die Soft Skills eine wesentliche Rolle. Es geht darum, zuhören, präsentieren, überzeugen und verhandeln zu können. IT-Manager müssen in der Lage sein, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu verstehen, in deren Arbeitsumfeld einzuordnen und das Optimierungspotenzial in Bezug auf die IT-Unterstützung abzuschätzen. Dafür braucht es einen ausgeprägten Kommunikationssinn, die Kunst des richtigen Nachfragens im Sinne von aktivem Zuhören und das überzeugende Darstellen der IT-Lösungen inklusive der neu gestalteten Prozesse. Nur wer ein hohes Mass an Sozialkompetenz aufweist, wird langfristig Erfolge und Anerkennung gleichermassen erzielen. Gerade für IT-Experten, die von einem operativen Aufgabenfeld in eine Führungsfunktion wechseln, sind Soft Skills wie Leadership und Konfliktmanagement neue und nicht zu unterschätzende Herausforderungen.

Wo Handlungsbedarf besteht

Mit hohen Sozialkompetenzen können IT-Manager nicht nur den Unternehmenserfolg fördern. Auch für sie persönlich bringen die Soft Skills einen grossen Nutzen mit sich, denn sie stellen eine Art Meta-Kompetenz dar. Das bedeutet, dass sie nicht nur in bestimmten fachlichen Umgebungen, sondern in fast allen Berufsfeldern gefragt sind. Zudem verlernen oder vergessen wir einmal angeeignete Soft Skills nicht so schnell. Umso mehr lohnt es sich, in diese Kompetenzen zu investieren.

Wie steht es nun um die Soft Skills bei den IT-Managern in der Schweiz? In den Forschungs- und Lehrtätigkeiten am Institut für Informations- und Prozessmanagement an der FHS St.Gallen (Fachhochschule) stellen die Experten und Dozenten immer wieder fest : Häufig sind «nur» in Teilbereichen Defizite zu spüren, die – wenn sie erkannt wurden – durch gezielte Schulungsmassnahmen entschärft werden können. Insgesamt werden die IT-Projekte sehr gut vorbereitet und durchdacht. Es gilt aber noch intensiver auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Projektteams zu achten. Denn auch gut vorbereitete Projekte sind zum Scheitern oder zumindest zur Kostenüberschreitung verurteilt, wenn die handelnden Personen nicht aufeinander abgestimmt sind, keine gemeinsamen Ziele sehen und das nötige Rüstzeug sowohl auf fachlicher als auch menschlicher Ebene nicht mitbringen.

Die Soft Skills optimieren

Wie können Unternehmen ihre Soft Skills fördern? Der erste Schritt zur Optimierung von Soft Skills ist zugleich der schwierigste: Erkennen, dass es an einzelnen oder mehreren Sozialkompetenzen fehlt. Soft Skills umfassen sehr viele Bereiche wie Konflikt- und Kritikfähigkeit oder Team- und Kommunikationsfähigkeiten bis hin zu Zivilcourage und emotionaler Intelligenz. Eine Selbsterkenntnis ist daher oft nur schwierig oder gar nicht möglich, wenn genau diese Kompetenzen in zu geringem Mass vorhanden sind.

Wer diese Hürde überwunden hat, kann sich mit seiner eigenen, aktuellen Unternehmenskultur auseinandersetzen und die Defizite identifizieren. Das geht nur mit einer Sicht von aussen und professioneller Hilfe durch geschulte Coaches, die aufbauende Trainings anbieten. Aber auch die internen Führungskräfte spielen eine wesentliche Rolle in der Förderung von Soft Skills. Sie sind verantwortlich dafür, dass die Soft Skills nicht nur als modernes Schlagwort im Leitbild auftauchen, sondern in der täglichen Arbeit umgesetzt und bei Bedarf durch gezielte Schulungen gestärkt werden. Manager verfügen idealerweise über ein hohes Niveau an Sozialkompetenz und ermutigen ihre Mitarbeitenden dazu, entsprechende Schulungen zu fordern beziehungsweise daran teilzunehmen. Es liegt an den Führungspersonen, für eine Atmosphäre zu sorgen, in der soziale Kompetenzen wahrgenommen und gefördert werden. Besonders nach Krisensituationen ist es wichtig, dass wieder eine fruchtbare Arbeitsumgebung geschaffen wird.

Und wie können IT-Manager ihre Sozialkompetenzen fördern? Nebst der praktischen Erfahrung und der Selbstreflexion bieten Weiterbildungen eine geeignete Möglichkeit. Die Bildungsinstitutionen haben auf die wachsende Bedeutung der Soft Skills im IT-Bereich reagiert.

Einfluss der Persönlichkeit

Wird nun durch wirksame Förderung jeder Mitarbeitende und jeder IT-Manager zu einem perfekten, fehlerfreien Soft-Skill-Experten? Wohl kaum, denn Soft Skills sind auch von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen abhängig, jeder stösst dabei einmal an seine Grenzen. Was IT-Manager von ihren Mitarbeitenden aber wünschen und erwarten dürfen, ist ein grundsätzlich menschlicher, wertschätzender Umgang miteinander. Der entwickelt sich schnell, wenn die Führungskräfte diese Werte auch vorleben. Weiter gilt es zu berücksichtigen, dass soziale Kompetenzen nicht wie technische Inhalte erlernt und verstanden werden können. Wertschätzung, Selbstbeobachtung, Kritik- und Kompromissfähigkeit, Respekt und Toleranz gilt es langfristig immer wieder zu üben, zu reflektieren und aufzubauen.

Technik ersetzt direkten Kontakt nicht

Der grösste Handlungsbedarf besteht beim Kernthema «Kommunikation»: Es muss noch mehr für eine bessere Kommunikation der Aufgaben, Zielsetzungen, Lösungen und Leistungen der IT-Abteilungen unternommen werden. Das Herausfordernde dabei ist: Wir leben in einer Zeit, in der Kommunikation offensichtlich immer einfacher und schneller wird. So nehmen wir es zumindest wahr, beziehungsweise so vermittelt es uns die ICT-Industrie und die Welt der Social Media. In Wirklichkeit müssen wir uns der modernen Kommunikation intensiver stellen, da durch sie viele menschliche Kommunikationsebenen wegfallen, denn eine E-Mail vermittelt weder Tonfall und Lautstärke noch Mimik und Sprechmelodie des Absenders. Diese Effekte werden oft übersehen und führen zu massiven Fehlinterpretationen und damit direkt in (unnötige) Konfliktsituationen. Wir sollten also wieder lernen, uns auf die Menschen hinter den Botschaften zu konzentrieren und versuchen, den direkten Kontakt wieder höher zu bewerten. Virtuelle Arbeitsgruppen oder geografisch verstreut arbeitende Teams funktionieren häufig nur dann gut, wenn die einzelnen Protagonisten sich auch persönlich kennen und wertschätzen gelernt haben. Ein Nutzen, den Skype, Facebook usw. nur beschränkt bieten können.

Konflikte frühzeitig erkennen

Auch wenn ein Unternehmen in Sachen Soft Skills weit entwickelt ist: Konflikte zwischen Personen und Interessengruppen wird es immer wieder geben. Doch Soft Skills wie Einfühlungsvermögen und Wissen zu sozialen und gruppendynamischen Effekten helfen den Führungskräften, Konfliktpotenzial frühzeitig zu erkennen und möglichst zu entschärfen. Gerade bei Veränderungsprozessen, in denen Mitarbeitende mit neuen Situationen konfrontiert werden, ist die Sensibilität der Führungskräfte gefordert. Mitarbeitende müssen animiert werden, die selbst geschaffenen «Komforträume» zu verlassen und sich auf Änderungen einzustellen. Dies ist mit Ängsten verbunden, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise ausdrücken. Mit diesen Ängsten und den daraus resultierenden Verhaltensweisen richtig umzugehen, stellt hohe Anforderungen an die Mitglieder von Änderungsprojekten. Eine solide Ausbildung zu Methoden und Verfahren in diesem Bereich hilft ungemein, diese Hürden erfolgreich zu meistern.

Moderne IT als grösste Herausforderung

Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren die Anerkennung sozialer Kompetenzen im IT-Umfeld deutlich zugenommen. Es ist inzwischen vielen Personen in verantwortungsvollen Positionen klar, dass nicht nur eine fachliche Eignung die wertvollen Mitarbeitenden ausmacht. Aktuell und in Zukunft liegt eine grosse Herausforderung für das IT-Management im Umgang mit den modernen Kommunikationsmöglichkeiten. Es ist nicht einfach, die Vor- und Nachteile beziehungsweise Einflussgrössen unterschiedlicher Kommunikations- und Zusammenarbeitsformen zu erkennen. Die Bedeutung der Soft Skills wird dabei weder sinken noch steigen. Es wird aber mehr und mehr darum gehen, wieder die Menschen, die miteinander kommunizieren, in den Vordergrund zu stellen und nicht die dazu verwendeten technischen Mittel. Es muss für eine erfolgreiche Zusammenarbeit trotz Facebook und Co. zuerst ein persönlicher Kontakt geschaffen und anschliessend regelmässig gepflegt werden.