Welche Lösung für welche Bank?

Kostenfallen in der Banken-IT

Uhr | Aktualisiert
von Marion Ronca

Die IT-Ausgaben haben sich die letzten Jahre zu einem kritischen Budgetposten entwickelt. Nebst der Grösse der Bank beeinflussen das Kernbankensystem und das Sourcing-Modell die Höhe der Kosten.

Gemeinhin wird IT mit Prozessoptimierung, höherer Leistung und grösserer Wirtschaftlichkeit assoziiert. In der Finanzbranche dürfte die IT jedoch seit einigen Jahren vor allem mit wachsenden Ansprüchen und steigenden Kosten in Verbindung bringen. Die Nachfrage nach Mobilität einerseits und die steigende Zahl an Sicherheitsrisiken und Reglementierungen jedoch stellen Banken vor immer neue Herausforderungen und machen IT-Ausgaben zu einem kritischen Posten in jedem Budget.

2011 betrugen die IT-Kosten bei Banken gemäss Erhebungen der Deutschen Bank weltweit rund 7,3 Prozent der Gesamtausgaben. Damit lagen die Ausgaben deutlich höher als im Bereich der Telekommunikation, des Gesundheitswesens oder der Industrie. Im EU-Durchschnitt stiegen die IT-Kosten von 2006 bis 2011 von 8,8 Prozent auf 10,5 Prozent der Gesamtausgaben. Andere Schätzungen – wie jene des Boston Consulting Groups – gehen für die EU sogar von durchschnittlich 14,8 Prozent der Gesamtausgaben aus. Die Schweiz nimmt eine Spitzenposition ein. Erhebungen von Itopia zufolge machen IT-Kosten in Banken zwischen 16 und 23 Prozent der Gesamtausgaben aus.

Der im internationalen Vergleich sehr hohe Kostenanteil dürfte einer der Hauptgründe sein, weshalb das Beratungsunternehmen Ernst & Young die kürzlich erschienene Studie zu den IT-Kosten in Schweizer Banken in Auftrag gegeben hatte. In dieser untersuchte das Unternehmen die Einflussfaktoren der IT-Kosten und befragte zu diesem Zweck 24 Privat-, Hybrid- und Universalbanken mit einem verwalteten Vermögen zwischen 1 und 100 Milliarden Schweizer Franken.

Size matters

Ernst & Young unterscheiden in ihrer Studie externe und interne Faktoren. Erstere sind fixe Rahmenbedingungen, auf die die Banken kaum Einfluss haben, während die internen Faktoren der jeweiligen IT-Strategie der Banken entsprechen und bei Bedarf geändert werden können. Die wichtigsten externen Einflüsse sind gemäss der Studie die Bankengrösse, das Geschäftsmodell sowie neue regulatorische Anforderungen wie beispielsweise das US-amerikanische Steuergesetz Fatca.

Die Grösse der Bank beeinflusst die IT-Kosten nach dem produktionstheoretischen Prinzip des Skaleneffekts. Entsprechend fallen der Studie zufolge bei den untersuchten Banken die IT-Kosten im Verhältnis zum Gewinn bei Grossbanken geringer aus als bei mittelgrossen und kleinen Banken.

Analog wirkt sich die Breite der angebotenen Dienstleistung positiv auf die IT-Kosten aus. So weisen Hybridbanken, die sowohl grosse Vermögen verwalten als auch im Massenkundengeschäft tätig sind, tiefere IT-Kosten im Verhältnis zu ihrem Gewinn auf als reine Privat- oder Universalbanken.

Standardlösungen sind nicht immer der beste Deal

In der Theorie sollten Standardlösungen und Outsourcing kostengünstiger ausfallen als massgeschneiderte Lösungen mit internen Mitarbeitern. Wie Ernst & Young bei ihrer Untersuchung der internen Kostenfaktoren in Erfahrung bringen, klaffen bei der Banken-IT Theorie und Praxis deutlich auseinander.

Bei den Kernbankensystemen unterscheiden Ernst & Young drei Varianten: Standardlösungen, individualisierte Standardlösungen oder selbstentwickelte Lösungen. Sie weichen in Bezug auf die anfallenden Lizenzkosten, in den Kosten für Integration und Anpassung und im Betriebsaufwand voneinander ab. Wie aus den Erhebungen hervorgeht, weisen selbstentwickelte Kernbankensysteme im Verhältnis zum Gewinn einer Bank die tiefsten Kosten auf. Individualisierte Standardlösungen sind kostenintensiver als selbstentwickelte Lösungen, aber immer noch vorteilhafter als reine Standardlösungen, die die höchsten IT-Kosten nach sich ziehen.

Ernst & Young zufolge nutzt rund die Hälfte der Kleinbanken Standardlösungen. Dies lasse sich damit erklären, dass Kleinbanken aufgrund ihrer limitierten personellen Ressourcen auf die Entwicklung eigener Systeme verzichten würden. Dabei seien gerade für Kleinbanken selbstentwickelte Umgebungen rentabler als Standardlösungen.

Ähnlich sieht die Situation bei mittelgrossen Banken aus. Eigenentwicklungen erweisen sich als viel attraktiver als Standardlösungen. Bei Grossbanken spielt die Art des Kernbankensystems im Hinblick auf die Kosten praktisch keine Rolle, selbstentwickelte Systeme und Standardlösungen erreichen fast dasselbe Kostenniveau.

Outsourcing zahlt sich nicht aus

Auch bei der Frage nach dem Einfluss des Sourcing-Modells auf die IT-Kosten widerlegen die Ergebnisse verbreitete Rentabilitätsvorstellungen. Intern verwaltete Systeme erweisen sich nicht als kostenintensiver als solche, die durch Dritte betreut werden. Am unvorteilhaftesten sind der Studie zufolge jene Modelle, bei denen sowohl die IT als auch die Backoffice-Prozesse – wie beim sogenannten Business Process Outsourcing (BPO) – ausgelagert werden.

Auch im Bereich des Sourcings spielt die Grösse der Banken eine entscheidende Rolle. Am unrentabelsten ist Outsourcing für Kleinbanken, obschon dies aufgrund der meist reduzierten IT-Teams auf den ersten Blick als gangbarster Weg erscheinen mag. Mittelgrosse Banken fahren hingegen laut den Ergebnissen der Studie mit BPO-Lösungen besser als mit intern verwalteten Systemen. Grossbanken vermeiden in aller Regel die Auslagerung ihrer gesamten IT- und Backoffice-Prozesse. Diejenigen Grossbanken, die ihre IT-Prozesse Dritten anvertrauen, haben aber nur unwesentlich tiefere IT-Kosten als solche, die ihre Businessprozesse intern verwalten.

BPO-Lösungen punkten mit Security-Angebot

Die Ergebnisse der Studie von Ernst & Young dürften den meisten BPO-Anbietern ein Dorn im Auge sein, versuchen diese doch gerade Kleinbanken vom Kostenvorteil ihrer Dienstleistungen zu überzeugen. So will auch Jean-Claude Favre, General Direktor bei den Crédit Agricole Private Banking Services (CAPBS) in Lausanne, die Ergebnisse der Studie nuancieren. Aus seiner Sicht rechnet sich nämlich das BPO-Angebot des CAPBS für Klein- und mittelgrosse Banken mit einem verwalteten Vermögen zwischen 500 Millionen und 10 Milliarden Franken durchaus. Anders als in der Studie aufgeführt, würden die angebotenen Dienstleistungen keine 17,2 Prozent der operationellen Kosten ausmachen, sondern würden in den meisten Fällen unter 10 Prozent liegen.

BPO-Lösungen sind Favre zufolge aber auch aus einem anderen Grund für Kleinbanken attraktiv. Damit kämen Kleinbanken in den Genuss viel höherer Sicherheitsstandards, als sie mit selbstentwickelten Systemen in ihren eigenen Räumlichkeiten erreichen könnten.