Interview

"SDN wird sich die nächsten fünf Jahre durchsetzen"

Uhr | Aktualisiert
von Marion Ronca

Elmar Hayoz von Hayoz Engineering berät Unternehmen zu Informations- und Telekommunikationstechnologien. Im Interview erklärt der Ingenieur, welchen Stand Software-defined Networking (SDN) derzeit in der Schweiz hat.

Elmar Hayoz, Hayoz Engineering.
Elmar Hayoz, Hayoz Engineering.

Herr Hayoz, Sie bieten im November am International Institute of Management and Technology in Fribourg eine Masterclass zum Thema Software-defined Networking, kurz SDN, an. Gibt es in der Schweiz einen grossen Informationsbedarf zum Thema?

Ja. Wir haben im Vorfeld zur geplanten Masterclass bei einigen Firmen nachgefragt und gemerkt, dass ein grosses Interesse am Thema besteht. Viele grössere Unternehmen haben SDN bereits auf dem Radar und fragen sich, wie sie die neue Technologie einstufen sollen und was sie in der Richtung erwartet. Konkrete Projekte gibt es in der Schweiz allerdings noch nicht viele. Wie ich ausserdem von einem KMU-Berater weiss, ist SDN bei kleineren und mittleren Unternehmen noch kein grosses Thema.

Wo steht SDN heute?

Die letzten achtzehn Monate haben sich alle Anbieter von Netzwerklösungen und Netzwerkkomponenten mit SDN-fähigen Produkten und einer SDN-Roadmap in Position gebracht. Selbst Anbieter, die bisher den Eindruck vermittelten, eher nicht in Richtung SDN gehen zu wollen, sind zwischenzeitlich auf diesen Zug aufgesprungen. Was die konkrete Anwendung von SDN betrifft, sehe ich, dass der Markt in den USA sehr viel weiter ist. Das liegt daran, dass dort die Umsetzung des Datacenter-Konzepts mit Cloud-Services weiter fortgeschritten ist. In der Schweiz kennen wir eine solche Konzentration von Verkehrsströmen noch nicht in dem Ausmass, wie diese in den amerikanischen Rechenzentren zu finden sind. Daher ist derzeit auch der Bedarf an Lösungen, die in der Art skalieren, nicht besonders gross.

Wie lange wird es dauern, bis sich die neue Technologie durchsetzt?

Ich glaube, die Technologie wird sich mit dem steigenden Datenvolumen durchsetzen. Wenn die Datacenter-Betreiber und die Netzwerk-Provider in Engpässe hineinlaufen und sie an den Punkt kommen, wo sie ihr Netzwerk nicht mehr wie heute bewirtschaften können, wird sich SDN durchsetzen. Ich schätze, dass sich SDN in den nächsten fünf Jahren – auch in der Schweiz – etablieren wird. Wichtige Treiber werden hier die Verbreitung von Cloud-Diensten sein, der mobile Datenverkehr und der Ausbau des Glasfasernetzes.

Auf welche Vorbehalte gegen SDN stossen Sie in Ihrer Beratungstätigkeit?

Ich höre im Zusammenhang mit SDN oft die Frage: "Brauchen wir das denn?" Die Bereitschaft, eine neue Technologie zu implementieren, hängt ja auch von der jeweiligen Phase im Lifecycle der Netzwerke ab. Bei jemandem, der heute ein stabil laufendes Netzwerk betreibt, das den heutigen Anforderungen genügt, verstehe ich, dass dieser nicht gleich auf SDN umstellt. Bei Betreibern, die gerade dabei sind, ein Rechenzentrum zu bauen, sieht die Situation natürlich anders aus. In dieser Situation sind Unternehmer eher bereit, die Technologie bereits heute zu übernehmen oder zumindest in ihrer Planung zu berücksichtigen. Das Rechenzentrum ist dann SDN-fähig, auch wenn der Betreiber die SDN-Technologie zunächst noch nicht nutzt. Mit SDN ändern sich ja nicht die Transportprotokolle, sondern die Steuerung der Daten. Das bedeutet, dass man gewisse Netzwerkfunktionen mit SDN-Technologie ersetzen kann, ohne dass das ganze Netz zwingend auf SDN umgestellt werden muss. Die traditionelle Netzwerktechnologie und SDN können nämlich innerhalb eines Netzwerks sehr gut koexistieren.