Swiss E-Voting Workshop 2012

"Vote électronique ist ein Jahrhundertprojekt"

Uhr | Aktualisiert

Der E-Voting Workshop in Bern stand ganz im Zeichen von Vote électronique und den verschiedenen Hürden, die derzeit noch bestehen.

Barbara Perriard befragte die Kantons-Vertreter zu ihrer Meinung über Vote électronique. (Quelle: Netzmedien AG)
Barbara Perriard befragte die Kantons-Vertreter zu ihrer Meinung über Vote électronique. (Quelle: Netzmedien AG)

Barbara Perriard von der Sektion Politische Rechte der Bundeskanzlei formulierte gleich zu Beginn des Swiss E-Voting Workshops gestern Donnerstag das Fazit des Tages: "Vote électronique ist ein Jahrhundertprojekt." Es berge Chancen aber auch Risiken und vor allem Herausforderungen – juristischer, prozeduraler und technischer Natur.

Der E-Voting Workshop, der gestern Donnerstag im Herzen von Bern stattfand, sollte die Diskussion rund um Vote électronique anregen, Brücken bauen und so das Projekt einen Schritt weiter bringen. Die Hauptfrage des Tages war denn auch "How much trust do we need?" Dies, um zu zeigen, dass auch nach 10 Jahren Pilotversuchen mit Vote électronique noch längst nicht alle Hürden und alles Misstrauen überwunden sind. Die Netzwoche besuchte die Referate am Vormittag, bei denen es unter anderem um die technischen Herausforderungen von Vote électronique ging. Der Nachmittag war verschiedenen Workshops gewidmet.

Skala von 1 bis 10

Um die Diskussion anzuregen, fragte Perriard die anwesenden Kantons-Vertretern gleich zu Beginn, wie sehr sie sich auf einer Skala von 1 bis 10 für E-Voting erwärmen könnten. Die Antworten variierten zwischen gut gelaunt und stark ironisch gefärbt. Elisabeth Schneider-Schneiter, CVP-Nationalrätin aus dem Kanton Basel-Land, ergriff die Gelegenheit beim Schopf und machte ihrer Frustation Luft. Sie könne es kaum erwarten, bis E-Voting endlich flächendeckend verfügbar sei, ihr Wert liege daher bei 8,5, sagte sie. Leider tue sich ihr Kanton sehr schwer mit E-Voting. "Das liegt wahrscheinlich an den Köpfen", meinte sie vieldeutig und erntete damit ein Lachen aus dem Saal.

Christian van Singer, Grüne-Nationalrat aus dem Kanton Waadt, gab sich weit weniger enthusiastisch und warnte gleich zu Beginn, er werde die Anwesenden wahrscheinlich enttäuschen. Sein Wert liege bei 0,5. Das liege daran, dass er selbst als Wissenschafter der Technik nicht wirklich sein volles Vertrauen entgegenbringen könne. Wie könne man sicher sein, dass diejenige Person, die abstimme, auch wirklich diejenige welche sei, für die sie sich ausgebe? Und was sei mit den privaten Computern, die mit irgendwelchen Viren verseucht seien?

Tobias Moser, Landschreiber der Kantons Zug, gab einen Wert von 1 an. Er zu bedenken, dass sein Kanton sehr klein sei. Er sehe es nicht ein, warum man ein gutes System nicht einfach gleich für alle umsetzen könne. "Wir warten auf das fertige System. Wenn wir einfach einsteigen und abfahren können, sind wir dabei."

Demo einer möglichen Lösung

In einem anschliessenden Referat stellte Rolf Haenni, Leiter der E-Voting Group der Berner Fachhochschule (BFH), das Konzept einer E-Voting-Lösung vor, die die BFH im Auftrag der Bundeskanzlei entwickelt hatte. In einer anschliessenden Demo präsentierten zwei Bachelor-Studierende der BFH einen "Proof-of-concept" namens "SwissVi", den sie im Rahmen ihrer Bachelorarbeit umgesetzt hatten.

Die von der BFH erarbeitete Lösung ist dem Ansatz der der heutigen E-Banking-Lösungen nachempfunden. Statt die Nutzer die ganze Abstimmungstransaktion über den eigenen PC abwickeln zu lassen, sieht sie vor, dass jeder Schweizer Haushalt oder jeder Stimmberechtigte ein eigens dafür entwickeltes Gerät erhält, über das die eigentliche Abstimmung (mittels einer eingesteckten Wahlkarte zur Identifikation des Nutzers) erfolgt.

Grosser Vorteil dieser Lösung: Der PC würde zwar in den Prozess mit einbezogen, hätte aber keine Kenntnis davon, ob - und wenn ja - wie der Nutzer abgestimmt hätte. Dies, weil der eigentliche Abstimmungsvorgang auf dem Gerät und nicht auf dem Computer stattfände. Damit wären Sorgen um verseuchte private PCs unnötig. Natürlich müsse in diesem Fall sicher gestellt werden, dass man dem Wahlgerät vertrauen könne und man es genügend getestet habe, gab Haenni zu bedenken. Als Nachteile nannte er unter anderem die Kosten, die derzeit noch nicht bekannt seien. Zudem könnten Stimmberechtigte ihre Wahlkarte verlieren oder ihren PIN vergessen. Ob und wie die Lösung der BFH dereinst eingesetzt werden dürfte, steht derzeit noch nicht fest.

Blick in die Zukunft

Zum Schluss des Vormittags informierte Anina Weber, Leiterin des Projekts Vote électronique bei der Bundeskanzlei, über die weiteren Schritte von Vote électronique. Der nächste Meilenstein sei die Erarbeitung des dritten Berichts des Bundesrates zu Vote électronique sowie die Anpassungen der Rechtsgrundlagen. Laut Weber rechnet die Bundeskanzlei derzeit mit einem ersten Teilausbau des Projekts in zwei bis drei Jahren und einem Vollausbau für alle Schweizer Stimmberechtigten bis 2017.

Hinweis der Redaktion: Der Swiss E-Voting Workshop fand dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. Organisiert wird er vom E-Voting-Kompetenzzentrum Schweiz in Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei.