Werbewirkung

Werbung auf Mobilgeräten wächst rasant

Uhr | Aktualisiert
von Rodolphe Koller, Katharina Jochum

In wenigen Jahren dürfte Onlinewerbung auf Smartphones und Tablets ein Drittel aller Werbeausgaben ausmachen. Davon profitieren erwartungsgemäss Google und überraschenderweise auch Facebook.

Digitale Werbung erobert Websites und mobile Apps. Das ist nicht erstaunlich: Wir verbringen immer mehr Zeit mit unseren Smartphones und Tablets. Zuhause, bei der Arbeit oder im Zug surfen wir in den sozialen Netzen, tauschen E-Mails aus, suchen Adressen oder schauen Videos. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten, und es werden immer mehr. In der Schweiz greifen mittlerweile mehr als drei Millionen Menschen über ihre mobilen Geräte auf das Internet zu, davon mehr als zwei Millionen täglich gemäss den Zahlen von Net-Metrix.

Nachdem sich die Werbung im "herkömmlichen" Netz breitgemacht hat, ist es normal, dass sie nun auch die mobilen Endgeräte erreicht. Einer neuen Studie von Emarketer zufolge werden die speziell für mobile Geräte konzipierten Werbeformate (Banner und Suchmaschinen) dieses Jahr über 14 Prozent aller Ausgaben für digitale Werbung ausmachen, gegenüber 8,5 Prozent im Vorjahr. Der Trend dürfte sich fortsetzen – die Marktforscher gehen davon aus, dass mobile Werbung 2017 mehr als ein Drittel der 173 Milliarden Dollar ausmachen wird, die für digitale Werbung ausgegeben werden. Ein Wachstum, das sich auch in der Schweiz bemerkbar macht, wie Beat Kronenberg feststellt, Verkaufsleiter für die Schweiz bei der auf mobile Werbung spezialisierten Firma Adello. Für dieses Jahr rechnet das Unternehmen mit mindestens einer Verdoppelung des Umsatzes.

Vorzüge der mobilen Werbung

Für das Wachstum der mobilen Werbung gibt es verschiedene Ursachen. Eine davon liegt in der Zeit, die wir täglich mit unserem Smartphone verbringen. Sie steigt zulasten anderer Medien wie Radio, Fernsehen und Zeitung sowie "herkömmlicher" Webseiten, die vom PC aus aufgerufen werden. Ein weiterer Vorteil des mobilen Webs ist, dass es für Werbespots derzeit im Vergleich zum klassischen Web noch einigermassen Neuland darstellt.

Im Vergleich zu anderen Werbeträgern weisen auch Apps und optimierte Webseiten Vorzüge auf, die ebenfalls für den Erfolg der Onlinewerbung verantwortlich sind. Das betrifft etwa die Flexibilität, Zielgruppenorien­tiertheit, Weiterleitung und Anpassbarkeit sowie die Klickpreise und erfolgsbasierte Formate. Kronenberg stellt zudem eine veränderte Nutzung fest: "Früher zielte mobile Werbung vor allem auf Klicks und auf Performance basierende Ads ab. Heute starten Werbefachleute vermehrt Branding-Kampagnen und profitieren dabei von den neuen Möglichkeiten durch HTML5."

Ein weiterer Vorzug des mobilen Internets sind die zahlreichen Möglichkeiten der Anzeigenschaltung und der Interaktion auch innerhalb von Apps, die gut zwei Drittel des mobilen Datenverkehrs der Anwender ausmachen können. Oder auch die spezielle Möglichkeit, Smartphone-Nutzer standortabhängig gezielt anzusprechen. "Für einen Inserenten, der nur über ein knappes Budget verfügt, bietet die Möglichkeit, seine Anzeigen häufiger, aber ausschliesslich in einem begrenzten geografischen Bereich einzublenden, einen unschätzbaren Vorteil", ergänzt Kronenberg.

Trotz all dieser Vorteile vertreten einige Analysten die Ansicht, dass das prognostizierte Werbewachstum auf Smartphones überschätzt wird. Die Ursache liegt in erster Linie in der beschränkten Bildschirmgrösse, die den freien Raum für Werbung verringert respektive dafür sorgt, dass diese die anderen Inhalte überlagert und daher als zu aufdringlich empfunden wird.

Google und Facebook dominieren

Heute teilen zwei Unternehmen zwei Drittel der Einkünfte aus mobiler Werbung weltweit unter sich auf, wie die Studie von Emarketer zeigt. An erster Stelle steht Google, das die Suchmaschinenwerbung beherrscht. Dem Internet Advertising Bureau zufolge werden mehr als die Hälfte der mobilen Werbeanzeigen in den Suchmaschinen geschaltet. Google konnte sein Tool zudem an die Smartphones anpassen, insbesondere für die Geolokalisierung.

Mit deutlichem Abstand, jedoch mit stark wachsender Tendenz, folgt Facebook mit einem Marktanteil von rund 16 Prozent. Ein Erfolg, der vor allem daraus resultiert, dass das Unternehmen es riskiert hat, "native" und gesponserte Anzeigen in die Timeline seiner Mitglieder zu integrieren, Inhalte und Marketing zu vermischen und viel Platz zu belegen. "Unsere Werbeanzeigen sind gross und 'flashy'", räumte David Fischer, Vizepräsident und Werbebeauftragter bei Facebook, unlängst gegenüber dem US-Magazin Technology Review ein. Der Erfolg von Facebook im mobilen Segment kam umso überraschender, als das Unternehmen erklärte, zum Zeitpunkt seines Börsengangs keine nennenswerten Einnahmen über seine Webseite und seine mobilen Apps zu erzielen, was die Analysten ganz schön beunruhigte.

Wie wirkt Mobile-Werbung?

Das Marktforschungsinstitut GfK, die Migros und Tamedia haben zusammengespannt, um die Frage zu beantworten, ob mobile Werbung wirkt. In der Fallstudie "Mobile Cases" haben sie sich zum Ziel gesetzt, die Werbewirkung von Mobile-Werbung zu untersuchen. Zwischen Februar und März 2013 sind dazu sieben Millionen Werbeeinblendungen, verteilt auf 22 Apps und 13 Websites, ausgeliefert worden. Beworben wurde das Produkt "Grande Caffé" in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Während dieser Zeit sind keine weiteren Werbekampagnen oder Aktionen zu diesem Produkt durchgeführt worden, um "Nebengeräusche" zu vermeiden und die Wirkung von Mobile-Werbung isoliert zu untersuchen.

Aussagekräftige Studien fehlten

Über die letzten Jahre hat sich die Mediennutzung markant geändert. Die Anzahl der Personen, die Webinhalte über ein mobiles Gerät besuchen, ist stark gestiegen und wird weiter steigen, wie Christoph Zimmer, Leiter Unternehmenskommunikation bei Tamedia, berichtet. Laut "Netmetrix Mobile 2013" nutzen in der Schweiz täglich 2,2 Millionen Menschen das Internet über Smartphones oder Tablets. Damit stellen mobile Endgeräte einen immer wichtigeren Werbekanal dar. Allerdings zeigen Werbeverantwortliche Zurückhaltung bezüglich Mobile Spendings. Dies bestätigt auch Philipp Marquard, Leiter Media bei Migros. Der Detailhändler legt den Fokus auf den Mehrwert, wie beispielsweise eine App für die Ladenöffnungszeiten und Ähnliches. In Sachen Mobile-Werbung befände man sich "noch fast in der Steinzeit".

Die Zurückhaltung in Sachen Investitionen in Apps und Mobile-Werbung hängt auch damit zusammen, dass es noch keine etablierte Methode gibt, wie die Werbewirkung auf mobilen Geräten gemessen wird. Dementsprechend fehlen aussagekräftige Studien zum effektiven Nutzen. Deshalb haben Tamedia, Migros und das Marktforschungsinstitut GfK die Fallstudie durchgeführt. Die Ergebnisse sind Ende August mit "Mobile Cases", von Philipp Marquard, Christoph Zimmer und Bettina Hoffmann, Leiterin der Medienforschung bei GfK, präsentiert worden. Mobile-Werbung wirkt, aber nicht isoliert.

Die Fallstudie bestand aus drei Phasen. In einer Vorphase wurde eine Basisbefragung durchgeführt, um den Bekanntheitsgrad des Produkts, Grande Caffé, sowie die Teilnahmebereitschaft zu erheben. Die Hauptphase bestand aus der effektiven Werbeausstrahlung. Die Werbung wurde entweder als ganzflächige Pre- und Interstitials oder als kleinformatige Banner eingeblendet. Über eine Tracking-Komponente konnten In-App-Werbekontakte gemessen und dokumentiert werden. Die Studienteilnehmer mussten dazu im Vorfeld dem Setzen von Cookies zustimmen. Eine repräsentative Stichprobe von 1800 Personen hat sich an der Kampagne beteiligt. Nach vier Wochen Werbeausstrahlung ist in einer abschliessenden Phase eine erneute Befragung durchgeführt worden, um die Wirkung zu evaluieren.

Bettina Hoffmann zog dabei positive Bilanz: "Mobile-Werbung wirkt!", verkündete sie. Die gestützte Bekanntheit des Produkts hat um 44 Prozent, die spontane Bekanntheit gar um 400 Prozent zugenommen. Auch die Kauferwägung der Probanden hat sich gesteigert. Bis zu 42 Prozent Personen mehr als vor der Kampagne nahmen das Produkt bei der Kauferwägung in die nähere Auswahl. Dabei zeigt sich klar das Bild, dass mehr Kontakte die Wirkung verstärkten.

Dies ist jedoch mit Vorsicht zu geniessen, denn bei zu vielen Kontakten sinkt der Sympathiewert des Produkts. Die Kampagne zeigte im Schnitt eine Sympathiesteigerung von knapp 50 Prozent. Am stärksten, mit fast 70 Prozent, stieg dieser Wert bei drei bis fünf Werbekontakten. Fünf Kontakte stellen dabei eine Art Breaking-Point dar. Sind es mehr als das, sinkt der Sympathiewert wieder. Darüber hinaus empfanden rund die Hälfte der Studienteilnehmer die ganzflächigen Pre- und Interstitials als "wirklich störend". Bei den kleinformatigen Bannern war es immerhin noch ein Drittel. Grosse Formate will keiner auf seinem Smartphone, schliesst Hoffmann daraus.

Auch Philipp Marquard zieht eine positive Bilanz. Dass Mobile-Werbung wirkt, konnte mit der Studie gezeigt werden, jedoch ist sie mit einem grossen Aufwand verbunden. Ausserdem sollte eine Mobile-Kampagne in Kombination mit anderen Mitteln durchgeführt werden, um einen besseren Effekt zu erzielen und das Kaufverhalten nachhaltig zu ändern. Denn das regelmässige Kaufverhalten konnte nur von 12 auf 13 Prozent gesteigert werden. Diesen Feststellungen schliesst sich auch Marquard an. Laut ihm verlangen Mobile-Kampagnen ein Werbeerlebnis, und die gewählten Formate waren seiner Meinung nach dafür etwas zu trocken. Kampagnenleiter sind demnach also gefordert, kreative Sujets zu entwickeln, denn Nutzer wollen ein überraschendes und auf das Gerät zugeschnittenes Werbeerlebnis geboten bekommen.