Interview

"Wir erkannten, dass diese Tools auch für andere Firmen nützlich sein könnten"

Uhr | Aktualisiert
von Simon Zaugg

Der ehemalige Profigamer Lyle Fong erläutert im Interview, wie er dazu kam, mit Lithium eine Corporate-Social-Community-Lösung zu bauen und was eine gut funktionierende Community ausmacht.

Der ehemalige Profigamer Lyle Fong ist heute im B2B-Geschäft unterwegs. (Quelle: Lithium)
Der ehemalige Profigamer Lyle Fong ist heute im B2B-Geschäft unterwegs. (Quelle: Lithium)

Herr Fong, wie weit entwickelt ist der Schweizer Social-Business-Markt?

Das gut ausgebaute Breitbandinternet und die Mobilfunkabdeckung in der Schweiz sind sicher von Vorteil. Ausserdem tauschen sich die Konsumenten hier gerne auf Social Media aus. Wir sind bereits seit vier Jahren in der Schweiz tätig. Damals wuchs auch Facebook noch stark und war noch nicht so weit verbreitet wie heute. Es war möglich, mit Early Customers Communitys auf- und auszubauen.

Sie kommen ursprünglich aus der Gamer-Szene. Was hat Sie dazu bewogen, mit Lithiumins B2B-Geschäft einzusteigen?

Mein Bruder Dennis Fong und ich waren professionelle Gamer und wurden dazu von grossen IT-Firmen wie Microsoft oder Intel engagiert. Wir gründeten unter anderem Gamers.com, die bald die grösste Gaming-Website in den USA wurde. Wenn man eine Consumer-Plattform macht, ist das eigentlich immer das gleiche Business. Man versucht, die Nutzer auf die Website zu bringen, sie für 30 Minuten oder länger dort zu halten und dafür zu sorgen, dass sie am nächsten Tag wieder kommen. Wenn man das schafft, kann man mit Werbung, Sponsoring und weiteren Formaten Geld verdienen. Wenn man jedoch die Nutzer nicht monetarisieren kann, ist man rasch weg vom Fenster. Wir hatten rund 100 Redaktoren angestellt, die Artikel schrieben. Die Tatsache, dass die Nutzer die Website häufig besuchten, diese aber, nachdem sie ein bis zwei Artikel gelesen hatten, wieder verliessen, frustrierte uns.

Was haben Sie dann getan?

Wir erkannten, dass wir Corporate-Social-Community-Funktionen einbauen mussten. Das haben wir getan. Dann kam eines Tages ein Vorsitzender von Dell, der ebenfalls ein Gamer war, auf uns zu und fragte, ob er unsere Tools für Dell verwenden könne. Selbstverständlich waren wir daran interessiert. Bei Dell hat das dann auch sehr gut funktioniert. Wir erkannten, dass diese Tools auch für andere Firmen nützlich sein könnten. Daraus entstand die Idee für Lithium.

Heute machen alle irgendetwas auf Social Media. Wie macht man es richtig?

Heute sagen alle, dass Social Media grossartig sei, sie eine Million Fans auf Facebook oder 100 000 Follower auf Twitter hätten. Diese Leute denken über das falsche Problem nach. Die nackten Zahlen sind nicht entscheidend. Auf was es wirklich ankommt, sind folgende Fragen: Wie kann man Wert daraus generieren, dass die Nutzer sich auf deiner Website untereinander austauschen? Wie kann man diese Nutzer zu Fans und Supportern für die Marke machen? Ein interessanter Fall ist jener des britischen Telkos Giffgaff: Als Erstes lancierten die Unternehmer des 2009 gegründeten Start-ups eine Community und fragten, was sie tun sollten. Ein Resultat war, dass die Community die Nase voll hatte von Callcentern. Heute hilft sich die Community untereinander aus. Auch im Marketing half sie. Innerhalb von 6 Monaten produzierten die Nutzer 500 Youtube-Videos, schrieben 50 000 Tweets und erreichten 50 Millionen Media-Impressions.

Was sind die ersten Schritte für die Gründung einer Community?

Der wichtigste Schritt ist, sich für diesen Schritt zu entscheiden. Wenn wir einem Unternehmen helfen, eine Community zu lancieren, kündigen wir das in der Regel nicht gross an. Wir laden Power-User und gute Kunden ein, um zu testen, wie es funktioniert. Dadurch fühlen diese Nutzer eine Wertschätzung und sind motiviert, zu helfen. Wir legen dabei den Rahmen fest, zum Beispiel, über was und wie diskutiert wird. Danach laden die Kunden selbst weitere Nutzer in die Community ein. Das Ganze entwickelt sich dann zum Selbstläufer. Das Erfolgsgeheimnis besteht darin, einen guten Mix zwischen den sogenannten Experten und Neulingen zu erhalten. Die Experten geben Antworten und wollen ihren Status verbessern. Die Neulinge sind neugierig und bringen überdies Leben in die Community.

Funktioniert das tatsächlich auch im B2B?

Ja. Das Prinzip funktioniert auch hier. Zudem ist die Eintrittsschwelle für die Mitarbeiter erfahrungsgemäss tiefer als im B2C-Segment. Sie sind nebst Kunden und potenziellen Kunden ein wichtiger Bestandteil einer Community.

Was sind Ihre Zukunftspläne?

Obwohl es Lithium bereits seit knapp zwölf Jahren gibt, sind wir in einer Phase, in der wir intensiv beobachten, was Social Media den Unternehmen wirklich bringen kann. Vor eineinhalb Jahren holten wir Rob Tarkoff von Adobe als CEO. Wir planen, in absehbarer Zukunft an die Börse zu gehen.

Wer ist die interessanteste Person aus der IT-Industrie, die Sie getroffen haben?

Ich wünschte, ich hätte Steve Jobs getroffen. Das einzige Mal, als ich in der Nähe von ihm in einer Sushi-Bar gesessen habe, wollte ich nicht einer derjenigen sein, der ihm auf die Schulter klopft. So habe ich ihn leider nie persönlich kennengelernt.