Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI)

"Wir unterstützen Start-ups nicht mit Geld, sondern mit Erfahrung"

Uhr | Aktualisiert

Walter Steinlin, Präsident der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI), erklärt, welche Dienstleistungen die KTI bietet, und warum das Leben als Innovationsmanager beim Bund nicht immer einfach ist.

Walter Steinlin, Präsident der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes und "Innovationsmanager". (Quelle: Netzmedien)
Walter Steinlin, Präsident der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes und "Innovationsmanager". (Quelle: Netzmedien)

Herr Steinlin, was genau macht die KTI?

Die KTI hat vom Bund die Aufgabe, aus Wissen Geld zu machen. Er will damit wissenschaftsbasierte Innovationen fördern, dort, wo es nicht sowieso schon passiert, beispielsweise bei KMUs oder Start-ups.

Wieso gerade KMUs und Start-ups?

Grossfirmen sind relativ gut aufgestellt und haben bereits ihre Hochschulbeziehungen. Bei KMUs ist das meist nicht der Fall, und es ist für sie zudem schwierig, an die Hochschulen heranzukommen. Manchmal ist es für sie auch ein finanzielles Problem, die Kosten von Projekten zu tragen. Start-ups wiederum sind zu Beginn manchmal von Natur aus stark gefordert. Viele von ihnen wissen nicht genau, wie sie aus einer wissenschaftsbasierten Idee ein Geschäft machen können.

Wie sieht eine Zusammenarbeit mit einem KMU konkret aus?

Wir haben insgesamt ein Budget von rund 150 Millionen Franken pro Jahr. Den grössten Teil dieses Geldes vergeben wir für Projekte, die ein Unternehmen zusammen mit einer Hochschule durchführt. Das ist die sogenannte Projektförderung der KTI. Ziel der Unternehmen ist es dabei, aus Resultaten der Hochschulforschung ein besseres Produkt oder einen besseren Produktionsprozess zu machen. Wir unterstützen solche Projekte, indem wir ausschliesslich das Personal der Hochschule finanzieren. Die Firma muss ihren Teil selbst tragen, und der muss mindestens so gross sein wie der Teil der Hochschule.

Unterstützen Sie auch Projekte, in die Grossfirmen involviert sind?

Ja, aber das entspricht nur einem Viertel der Fälle, drei Viertel sind KMUs. Grossfirmen führen solche Projekte grundsätzlich viel öfters durch als KMUs, aber die brauchen uns in den meisten Fällen nicht.

Sie erwähnten vorhin, es sei für KMUs schwierig, an Hochschulinstitute heranzukommen. Wie können Sie da helfen?

Wir organisieren Veranstaltungen, an die wir KMUs und Hochschulinstitute einladen. Wir finanzieren auch Netzwerke, Innovationsmentoren und Einzelevents. Alles, um KMUs, Hochschulinstituten und Grossfirmen zu helfen, sich zu finden. Die Innovationsmentoren beispielsweise gehen zu den KMUs und erklären ihnen, wie sie Projekte mit Hochschulen durchführen können. Daneben organisieren Industrieverbände wie Swissmem und Hochschulen ebenfalls selbst Veranstaltungen und Workshops. Vieles läuft natürlich auch über persönliche Beziehungen.

Nehmen wir an, ein KMU und eine Hochschule finden sich und beantragen Hilfe von Ihrer Seite. Wie stehen da deren Chancen?

Ausgehend von den Anträgen, die wir erhalten, und basierend auf unseren hohen Qualitätsanforderungen können wir rund die Hälfte der Gesuche bewilligen. Etwa ein Fünftel davon sind Projekte aus der ICT-Branche.

Wie viele Projekte unterstützen Sie denn insgesamt?

Wir haben etwa 250 Projekte pro Jahr. Die meisten davon betreffen Innovationen zu Exportprodukten. Das ist naheliegend, weil wir wissenschaftsbasierte Innovationen unterstützen, die in einem Nischenmarkt Erfolg haben werden. Für diesen Nischenmarkt muss man auf die ganze Welt ausgerichtet sein, weil der Markt in der Schweiz zu klein wäre.

Haben Sie ein Beispiel für ein solches Projekt?

Ja, es gibt beispielsweise einen Hybridbus, also einen Bus, der mit Hybridantrieb fährt, der nach Deutschland exportiert wurde.

Wie verläuft die Zusammenarbeit mit den Start-ups?

Sie werden auf uns aufmerksam, sei es via unsere Website oder über Kurse für Jungunternehmer, die wir auch anbieten. Melden sich die Start-ups mit einer Geschäftsidee bei uns, folgt die Evaluation: Erst prüfen wir die Geschäftsidee, dann evaluieren wir das Start-upals Team, und letztlich entscheiden wir, ob wir das Start-up in unseren Prozess aufnehmen. Wenn ja, begleiten wir es zwischen einem halben und zwei Jahren und coachen das Team, sodass aus der wissenschaftlichen Idee eine Firma entsteht.

Was muss ein Start-up idealerweise mitbringen, damit es Unterstützung erhält?

Es muss einerseits eine tragfähige, wissenschaftsbasierte Idee haben und andererseits ein Team, dem man zutraut, dass es aus der Idee ein Geschäft machen kann. Das sind die beiden Schlüsselkriterien.

Dann spielt Menschenkenntnis bei der Evaluation eine wichtige Rolle?

Das ist so, ja. Wir müssen herausfinden, ob es «einfach» Forscher sind, die noch weiterforschen wollen, oder ob sie verstehen, dass man für ein Geschäft nicht nur eine gute Idee braucht, sondern auch Geld und Kunden, die das entsprechende Produkt kaufen wollen. Sie müssen auch verstehen, dass sie die Idee je nachdem anpassen müssen. Und sie müssen flexibel sein und sich in einem geschäftlichen Umfeld zu bewegen wissen – nicht nur in einem Forschungsumfeld.

Wie viele Start-ups melden sich jeweils bei Ihnen, und wie viele davon werden letztlich unterstützt?

Jedes Jahr melden sich etwa 150 neue Startups, wir unterstützen davon jeweils etwa die Hälfte. Im gesamten Prozess sind es ungefähr 200 Start-ups, die wir betreuen. Zudem zeichnen wir pro Jahr etwa 30 Start-ups mit dem sogenannten KTI-Label aus. Diese Auszeichnung erfolgt zum Schluss, nach der Coaching-Phase.

Wozu dient dieses Label?

Das ist eine bekannte Auszeichnung und eine Art Reifezeugnis, die möglichen Investoren zeigt, dass das betreffende Start-up einen Coaching- Prozess durchlaufen hat und dass Fachleute befunden haben, es sei reif fürs Geschäft. Das Label öffnet also Türen, um Geld zu bekommen.

Wie sehen grundsätzlich die Erfolgschancen der Start-ups aus, die Sie unterstützen?

86 Prozent von denen, die unser Coaching durchlaufen haben, überleben langfristig. Das ist viel. Das ist sehr viel, ja. Normalerweise sagt man, dass von Start-ups, denen nicht geholfen wird, ein Fünftel überlebt. Dadurch, dass wir die besten auslesen und sie stark machen, überleben dann auch so viele. Ein paar wenige wachsen stark, die restlichen bleiben klein bis mittelständisch.

Wie unterscheidet sich die KTI von privaten Förderagenturen?

Einerseits wie erwähnt durch die Auswahl selbst und andererseits durch das Angebot. Wir unterstützen Start-ups nicht mit Geld, sondern mit Erfahrung. Ausserdem sind wir subsidiär tätig. Wir machen das ja mit Steuergeldern, und dieses Geld gehört allen, daher setzen wir dieses Geld auch nur dort ein, wo Private nicht wirken.

Das heisst, die Start-ups, die von Ihnen unterstützt werden, benötigen daneben noch einen Investor.

Ja, das ist so. Wir helfen ihnen aber auch, diesen privaten Investor zu finden. Konkret führen wir die Start-ups im Rahmen unseres Coachings an Events, an denen Investoren zugegen sind, und helfen ihnen, sich vorzustellen. So etwas kann man trainieren.

Was bringen Sie ihnen denn bei?

Dass sie die richtigen Aspekte beleuchten und sich nicht nur auf Technikdetails konzentrieren. Sie müssen die Kundensicht einbringen und daran denken, dass man das Produkt auf den Markt bringen muss und dass man dafür Verkaufskanäle benötigt.

Wie viele der Start-ups, die Sie unterstützen, stammen etwa aus dem ICT-Bereich?

Etwa ein Drittel.

Können Sie Beispiele nennen?

Get your Guide und Housetrip sind zwei Startups, die von uns unterstützt wurden.

Wechseln wir von den externen zu den KTI-internen Projekten. Im Mehrjahresprogramm der KTI, das online zu finden ist, werden die beiden IT- Projekte CTI Analytics und CTI Projects erwähnt. Was hat es mit diesen beiden auf sich?

CTI Projects ist seit 2013 operativ und dient dazu, den papierlosen Gesuchsablauf für Projekte zu unterstützen. Bei CTI Analytics fangen wir jetzt mit der Realisierung an, die Konzeptphase ist fast abgeschlossen. Hier geht es um die Unterstützung der Geschäftsstelle, also Vertragserstellung, Dokumentenarchivierung, Controlling und Bestellabwicklung.

CTI Projects dient also sozusagen einem Gesuchsablauf ohne Medienbrüche?

Genau. Wir haben ein Webinterface für die Gesuchsstelle und eines für die Experten. So wird alles papierfrei abgewickelt. Früher hatten wir viel mehr Medienbrüche.

Was war der Auslöser für CTI Projects?

Wir wussten, dass wir aufgrund der hohen Anzahl an Gesuchen effi zienter werden müssen. Wir schrieben das Projekt aus, wählten den besten Anbieter, begleiteten ihn und haben die Probleme gelöst, die es eben zwischendurch gibt.

Wer war Ihr Projektpartner?

Elca war der Hauptlieferant.

Und CTI Analytics ist ein Tool, um die Prozesse zu vereinfachen?

Genau. Das Ziel ist auch hier, die Mitarbeiter zu entlasten und vor allem, schneller Zahlen für das Controlling und die Buchhaltung zur Verfügung zu haben, also beispielsweise zu wissen, wie viel Geld aktuell noch zur Verfügung steht. Erste Teile werden Ende des Jahres operativ sein. Weitere Releases folgen bis Ende 2016. Unser Hauptlieferant hier ist Teamwork.

Sie arbeiten neben Ihrer Funktion bei der KTI noch bei Swisscom und sind dort zuständig für Hochschulbeziehungen. Ist dieser Link zur Wirtschaft hilfreich?

Absolut. Wir betreiben ja nicht Forschungsförderung, sondern Innovationsförderung, und das hat ja viel mit Wirtschaft zu tun. Ich meine, dass ich gewählt worden bin, weil ich in der Wirtschaft in einer Innovationsabteilung gearbeitet habe. Nicht weil ich Forscher bin. Ich bin ein Innovationsmanager.

Was ist das Besondere an Ihrer Aufgabe?

Es ist eine kreative Art von Bundesaufgabe, Wissen in Werte zu überführen. Das ist farbig, vielfältig und bringt immer Neues. Und zudem ist es anspruchsvoll, das mit allen Bundesregeln in Einklang zu bringen.

Sind die Bundesregeln denn zu starr für die KTI?

Ja, in einigen Bereichen kann man das so sagen.

Und wie können Sie damit umgehen?

Mit Anstrengung und Fantasie. Wir haben eine Geschäftsstelle, die uns hilft, diese Regeln einzuhalten. Unsere Aufgabe ist nicht einfach ein stures Ausführen von Subventionsregeln, sondern eine aktive Innovationsunterstützung, und es ist in dem Sinn nie Routinearbeit. Das macht es auch spannend.

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