IaaS aus der Public Cloud

"Es ist letztlich der Businessprozess, der entscheidet, was in der Cloud laufen kann"

Uhr | Aktualisiert
von Interview: René Mosbacher

Technisch gesehen ist der Betrieb von Cloud-Lösungen keine echte Hürde mehr. Doch regulatorische Einschränkungen verunsichern die Unternehmen. Deshalb hofft Sven Roth, COO beim Service-Provider Up-Great, dass die Politik bald klarere Rahmenbedingungen für die Cloud schafft.

Die Politiker sollten sich um klarere Rahmenbedingungen für die Cloud bemühen, findet Sven Roth, COO von Up-Great
Die Politiker sollten sich um klarere Rahmenbedingungen für die Cloud bemühen, findet Sven Roth, COO von Up-Great

Herr Roth, wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen einer virtuellen Maschine, kurz VM, die man bei einem Hoster mietet, und einem IaaS-Dienst aus der Public Cloud?

Für mich gibt es zwei grosse Unterschiede. Zum einen zeichnet sich die Public Cloud durch ihre Elastizität aus und zum anderen ermöglicht sie interessante Verrechnungsmodelle. Beim Hoster bezahle ich normalerweise einen bestimmten Preis im Monat pro VM. In der Public Cloud hingegen bezahle ich für den tatsächlichen Verbrauch. Das ist sehr attraktiv für Prozesse, die immer wieder Lastspitzen zu bewältigen haben. Nehmen Sie etwa eine kantonale Verwaltung, die an den Abstimmungswochenenden ein Mehrfaches der üblichen Rechenleistung benötigt.

Kann man generell sagen, welche Prozesse sich für die IaaS-Plattform eignen und welche nicht?

Bei Lösungen mit vielen internen Schnittstellen dürfte es kompliziert werden, wenn man eine Komponente davon in die Cloud verschieben will. Bei mehr oder weniger isolierten Lösungen hingegen sehe ich nur noch wenige technische Hürden, die den Betrieb auf einer IaaS-Plattform verhindern sollten. Viel interessanter sind die rechtlichen Aspekte. Es gibt Branchen, die wegen regulatorischer Einschränkungen bestimmte Daten nicht ins Ausland geben dürfen. Oft fehlt das Vertrauen und Wissen beim Kunden und es wäre hilfreich, wenn die Politik bessere internationale Rahmenbedingungen für die Cloud schaffen würde. Hersteller wie Microsoft versuchen hier durch Compliance mit Standards wie etwa den EU Model Clauses im Bereich Datenschutz Vertrauen zu schaffen. Letztlich wird aber die Cloud-Technologie ihren Weg zum Kunden finden.

In welchen Bereichen wird man auch in Zukunft eher On-Premise-Lösungen einsetzen?

Das wird das wirtschaftliche Umfeld entscheiden. Wenn der Kostendruck deutlich steigt und IT-Fachkräfte fehlen, dann wird IaaS als Modell noch attraktiver.

Der lokale Betrieb als Wohlstandserscheinung?

Das ist vielleicht etwas stark verallgemeinert. Es ist letztlich der Businessprozess, der entscheidet, was in der Cloud laufen kann und was nicht.

Ist IaaS eine Übergangslösung zu PaaS oder werden beide Arten von Services künftig koexistieren?

Schwierig zu sagen, allein schon, weil es keine allgemeingültige Definition der beiden Konzepte gibt. Ich kann mir aber vorstellen, dass IaaS eher für die ersten Schritte in die Cloud genutzt wird. Man kennt ja seine virtuellen Maschinen und im Prinzip ist es nicht so wesentlich, ob diese im Keller oder in der Cloud laufen. PaaS hingegen benötigt eine Portierung von Applikationen und könnte eher der zweite Schritt sein. Aber im Grunde halte ich die Frage nicht für sehr entscheidend, weil man mit beiden Varianten die Vorteile der Cloud nutzen kann.

Welche Preismodelle werden sich durchsetzen?

Der Kunde will meiner Meinung nach ein einfaches Modell, beispielsweise einen fixen Betrag pro Monat, Service und Nutzer – je einfacher desto besser.

Microsoft lanciert jetzt IaaS-Angebote, was ist daran für Sie besonders interessant?

Der Vorteil aus unserer Sicht ist, dass Microsoft aus Lizenzsicht seine eigenen Applikationen mit den IaaS-Basisservices bündeln kann. Zudem könnte sich der Betrieb von hybriden Lösungen egal ob Windows- oder Open-Source-Welt vereinfachen. Bei einer Lastspitze beispielsweise könnte eine virtuelle Maschine temporär in die Public Cloud verschoben werden.

Ich habe gehört, Sie hätten das Cloud-Rechenzentrum von Microsoft besichtigt. Was bleibt Ihnen davon besonders in Erinnerung?

Es ist eine beeindruckende Anlage, ein atemberaubendes Beispiel für die Umsetzung von physischer Sicherheit und der Industrialisierung der IT. Die durchläuft jetzt eine ähnliche Entwicklung wie seinerzeit die Energieproduktion – vom Wasserrad hinter dem Haus hin zum AKW. Die damit verbundene Zentralisierung führt zu einer weiteren Professionalisierung und entsprechenden Skaleneffekten.

Werden die Skaleneffekte und die Agilität am Ende auch die Skepsis der Schweizer gegen die Datenhaltung im Ausland überwiegen?

Für bestimmte Workloads wird das sicher so sein. Dazu kommt aber auch die vertrauensbildende Wirkung des privaten Gebrauchs von Cloud-Diensten. Wenn die breite Bevölkerung ihre Bilder, ihre Musik und weitere liebgewonnene Daten in der Cloud verlagert, dann nützt das über kurz oder lang auch der Business-Cloud.