Marc P. Bernegger im Interview

"Die Eintrittshürden sind hoch – eine gute Idee reicht nicht"

Uhr | Aktualisiert
von Rodolphe Koller

Marc P. Bernegger, Mitgründer von Usgang.ch und Amiando, ist Partner der Beteiligungsgesellschaft Next Generation Finance Invest, die auf Start-ups in der Finanzbranche spezialisiert ist. Im Interview spricht er unter anderem über Trends und die konservative Haltung der Finanzbranche in der Schweiz.

Marc P. Bernegger ist Partner der Beteiligungsgesellschaft Next Generation Finance Invest, die auf Start-ups in der Finanzbranche spezialisiert ist. (Quelle: Next Generation Finance Invest)
Marc P. Bernegger ist Partner der Beteiligungsgesellschaft Next Generation Finance Invest, die auf Start-ups in der Finanzbranche spezialisiert ist. (Quelle: Next Generation Finance Invest)

Herr Bernegger, Next Generation Finance Invest investiert in Start-ups, die in der Bank- und Finanzbranche tätig sind. Was sind Ihre Kriterien und was ist Ihre Investitionsphilosophie?

Wir fokussieren uns auf junge Unternehmen, die innovative Lösungen für den Finanzsektor bieten. Das ist das erste Kriterium. Ausserdem investieren wir nur, sofern wir starke Synergien zu anderen von uns unterstützten Start-ups sehen. Aktuell haben wir zwanzig Millionen Franken in sechs Start-ups investiert, namentlich Gekko Global Markets, Ayondo, Oanda, 2iQ, Yavalu und Stockpulse. Wir sehen uns mehr als Unternehmer denn als Venture Capitalists. Es geht also weniger darum, dass einem unserer Unternehmen der ganz grosse Wurf gelingt, sondern eher, dass jedes von ihnen erfolgreich wird. Wir halten deshalb auch eine Mehrheitsbeteiligung in diesen Unternehmen, um in Strategiefragen mitentscheiden zu können. Um dies auch zukünftig tun zu können, werden wir unser Kapital in diesem Jahr voraussichtlich um zwölf Millionen Franken aufstocken.

Warum konzentrieren Sie sich gerade auf den Finanzsektor? Kommt das daher, dass diese Branche in unserem Land sehr stark ist?

Dieser Sektor interessiert uns, weil er verglichen mit anderen Branchen noch kaum entwickelt ist, wir jedoch meinen, dass er einen ebenso tiefgreifenden digitalen Wandel erleben wird. In der Schweiz gibt es allerdings eine gewisse Innovationsfeindlichkeit, sowohl bei den Banken als auch bei ihren Kunden. Früher war die Credit Suisse einer der Pioniere in Sachen E-Banking. Heute kommen die Innovationen in diesem Bereich aus England oder Deutschland. Der Schweizer Bankkunde ist noch konservativer als seine europäischen Nachbarn. Hierzulande zählen der Preis und das Produkt weniger als das Ansehen des Finanzinstituts. Das zeigt das Beispiel des Online-Tradings: Ein Unternehmen wie Swissquote könnte weitaus erfolgreicher sein, wenn sich die Kunden stärker auf die Gebühren und die Dienste fokussieren würden. Diese Einstellung fördert nicht gerade das Entstehen von Innovationen.

Es gibt hierzulande also auch nicht viele Start-ups in der Finanzbranche?

Ja, in der Tat. Und das trotz der Möglichkeiten, die der Finanzplatz Schweiz bietet. Es gibt zwar Start-ups wie das Anlegerportal Assetinum, den Personal-Finance-Management-Anbieter Bancavista, die Crowdfunding-Plattform C-Crowd und die Finanzberatung My Money Park. Aktuell haben wir aber kein Schweizer Start-up in unserem Portfolio, würden uns aber natürlich freuen, wenn demnächst bei uns das neue Google der Finanzbranche entstehen würde. Die hiesige Branche liegt einige Jahre hinter jener unseren Nachbarn zurück. Nehmen wir zum Beispiel den Hypothekarmarkt: Das deutsche Unternehmen Interhyp ging bereits vor acht Jahren erfolgreich an die Börse, während in der Schweiz ein Jungunternehmen wie Hypo Plus erst vor kurzer Zeit gegründet wurde.

Woher kommt dieses mangelnde Interesse?

Es gibt mehrere Erklärungen. Mit den hohen Gehältern, die die Banken zahlen, binden sie Talente an sich und verringern den Anreiz, Unternehmer zu werden. Es ist interessant, dass einige der Start-ups, die ich vorhin erwähnte, von Leuten gegründet wurden, die ihren Job bei der Bank verloren hatten. Darüber hinaus können die Komplexität und die Regulierungen der Finanzbranche Angst machen. Die Eintrittshürden in den Markt sind hoch – eine gute Idee zu haben, reicht nicht. Damit lässt sich sicherlich auch das mangelnde Interesse vonseiten der Investoren erklären.

Was sind für Sie die aktuell grössten Trends bei den Innovationen für den Finanzsektor?

Transparenz ist ein ganz starker Trend. Ich denke da etwa an Dienste, mit deren Hilfe man Leistungen oder Tarife vergleichen kann, sei es etwa im Bereich Vermögensverwaltung, Hypotheken, Versicherungen oder börsengehandelte Fonds. In einer Branche, die im Allgemeinen von der Intransparenz regiert wird, ist das ein echter Mehrwert. Paradoxerweise ist es einfacher, die Preise von Joghurts miteinander zu vergleichen als die Kosten für eine Hypothek. Das wird sich meiner Meinung nach ändern, beispielsweise mittels Bewertungen und Empfehlungen wie es Tripadvisor heutzutage für Hotels macht. Ein anderer Trend ist die wirtschaftliche Effizienz. Zahlreiche Plattformen versprechen günstige Gebühren und streichen etwa ihre Provisionen und andere Vermittlungsgebühren, wie man sie von den klassischen Banken her kennt. Dank neuer Technologien können Konditionen, die früher Grosskunden vorbehalten waren, nun jedem Kunden angeboten werden. Zu guter Letzt sehe ich als dritten Trend Peer-to-Peer-Plattformen, vor allem im Bereich der Kredite. Dort können Transaktionen direkt abgewickelt werden – ohne Bankinstitut.