Kommunikation

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von Christoph Grau

Die Social-Media-Welle trifft die Schweizer Spitäler mit voller Wucht. Noch ist die Ungewissheit aber gross, welche Vorteile dieser neue Kommunikationskanal bringen soll. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, aber nicht gratis.

(Quelle: Alexa Deck)
(Quelle: Alexa Deck)

Manager am Universitätsspital Zürich, Patrick Jola, Kommunikationsbeauftragter der Forel Klinik, und Renate Good, Leiterin Unternehmenskommunikation des Spitals Bülach. Das Spektrum des Einsatzes von Social Media reicht bei den Spitälern von einem eigenen Social-Media-­Team mit unternehmensweit abgestimmter Kommunikationsstrategie bei Hirslanden und dem Universitätsspital Zürich über eine Nebenbeschäftigung bei der Forel Klinik bis zu einer Verweigerung der aktiven Teilnahme in Bülach.

Gründe für Social Media

Ein wichtiges Argument für den Einstieg in Social Media ist, dass die Spitäler so die Kontrolle über die Web-2.0-Aktivitäten zurückgewinnen können. Denn häufig haben einige Unterbereiche von Spitälern oder sogar Mitarbeitende eigene Profile auf Facebook, die zumeist ohne die Kontrolle durch die Institutionen betrieben werden. Dieses Problem sprachen sowohl Lienhard als auch Heiniger an. Bevor sie die eigenen zentralisierten Aktivitäten starten könnten, müssten sie hier zunächst den "Wildwuchs" beseitigen, sagte Heiniger.

Für Lienhard ist Social Media ein wichtiges Instrument im Wettbewerb um Patienten. Diese würden sich immer stärker über diese Kanäle informieren und die Angebote der Spitäler vergleichen. Ähnlich sieht es auch Codourey. Im Gesundheitswesen habe seit der Einführung der Fallpauschale für die stationäre Abrechnung im Januar 2012 ein Verdrängungswettbewerb eingesetzt. Gerade mit Social Media könnten neue Zielgruppen angesprochen und bestehende Verbindungen gepflegt werden, zeigte sich Codourey überzeugt. Das Thema Social Media brenne den Schweizer Spitälern unter den Nägeln. Für rund 300 Spitäler bedeute dies zusätzliche Kommunikationskanäle und -chancen im Wettbewerb, betonte Codourey.

Ressourcen spielen eine entscheidende Rolle

Die zentrale Erkenntnis des Healthinars war, dass die Ressourcen beim Einsatz von Social Media der Knackpunkt seien. Gerade kleineren Spitälern fehle es häufig an qualifizierten Mitarbeitenden, um die Portale sinnvoll zu bespielen. Die Erfahrung zeige, dass auf Social-­Media-Portalen eine möglichst hohe Frequenz an Posts abgesetzt werden müssten, sagte Lienhard. Seiner Einschätzung nach sind dies 10 bis 15 Tweets und 4 bis 5 Facebook-Posts in der Woche. Lienhard ist auch der Meinung, dass Social Media nicht einfach so nebenher gemacht werden kann, denn die Pflege der Portale sei sehr anspruchsvoll.

Bei Hirslanden sind daher zwei Personen im Umfang von insgesamt 160 Stellenprozenten nur mit Social Media beschäftigt – Lienhard selbst zu 100 Prozent und eine Texterin zu 60 Prozent. Am Universitätsspital Zürich sind es auch zwei Personen, die je zu 60 und 40 Prozent die Social-Media-­Portale bewirtschaften. Die meisten kleineren Spitäler können diese Personalkapazitäten jedoch nicht aufbringen, war auf dem Healthinar zu hören.

Einen anderen Weg geht die Forel Klinik. Deren Kommunikationsbeauftragter, Jola, kümmert sich im Rahmen seiner 100-Prozent-Anstellung allein um die Social-Media-Auftritte der Klinik, insbesondere um den Facebook-­Account. Ursprünglich war auch ein Blog geplant, der intensiv durch die Ärzte hätte gefüttert werden sollen. Aus Kapazitätsgründen wurde dies jedoch sistiert. Die Fokussierung auf Facebook sei die passendste Lösung für die Umsetzung der Social-Media-Ziele der Klinik gewesen, sagte Jola. Dies liege aber auch darin begründet, dass die Forel Klinik, die Suchtkranke behandelt, eine sehr spezifische Patientengruppe habe und aufgrund des sensiblen Themas nicht nur die Patienten, sondern auch Fachleute wie Ärzte, Therapeuten und bewusst auch die Öffentlichkeit, Angehörige sowie Arbeitgeber ansprechen wolle.

Auch wenn Spitäler Social Media nicht aktiv einsetzten, könnten diese Kanäle nicht einfach ignoriert werde. Renate Good vom Spital in Bülach hat mit ihrem Kommunikationsteam daher immer ein Auge auf die Erwähnungen des Spitals auf Twitter und Facebook, ohne jedoch selbst aktiv zu werden. Nur so könne auf eventuelle Probleme und Kritik reagiert werden, sagte sie am Healthinar.

Vorteile überwiegen langfristig

Ob sich der Schritt in die sozialen Netzwerke für ein Spital lohnt, ist ein langwieriger Abwägungsprozess. Besonders die Ressourcenfrage ist dabei entscheidend. Häufig können sich nur grössere Einrichtungen wie die Hirslanden Kliniken oder das Universitätsspital Zürich ein eigenes Team dafür leisten. Das Beispiel der Forel Klinik zeigt, dass es auch mit Aktivitäten auf Sparflamme geht. Dies liegt jedoch in der vergleichsweise kleinen Zielgruppe der Suchtklinik begründet. Mit der Social-Media-Erfahrung von nunmehr zwei Jahren ist Lienhard immer noch Feuer und Flamme für das Projekt. Seiner Meinung nach zahlte sich das Engagement für Hirslanden aus. Auf dem Podium am Healthinar waren sich alle Beteiligten einig, dass Social Media in der Kommunikationsarbeit eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird.

Auch andere Branchen hätten sich schon vor vielen Jahren mit Social Media auseinandergesetzt. Banken und Versicherungen etwa stünden vor ähnlichen Herausforderungen wie die Spitäler, zeigte sich Lienhard überzeugt. Auch wenn es nicht so einfach sei, sollten Spitäler die Potenziale erkennen und nach ihren individuellen Gegebenheiten Kommunikationsstrategien entwickeln. Lienhard sähe es gerne, wenn in der Schweiz mehr in diesem Bereich geschähe. In den nächsten Jahren erwartet er hier viel Bewegung.

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