Politische Agenda

IT in Schulen ja, aber wann?

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Maurice Urech

Am 18. Oktober wählt die Schweiz zum 50. Mal ein neues Parlament. Höchste Zeit, dass die Parteien ihre politischen Agenden offenlegen. Das sagen die Parteien zu den Themen IT in Schulen und E-Health.

Switzerland, Berne, 04.03.2009 Bundeshaus Architektur. © 2009 Béatrice Devènes (Quelle: Bund)
Switzerland, Berne, 04.03.2009 Bundeshaus Architektur. © 2009 Béatrice Devènes (Quelle: Bund)

Schweizer Bürger im In- und Ausland dürfen am 18. Oktober ihre Volksvertreter wählen. Einige National- und Ständerate vertreten auch die Interessen der ICT-Branche. Aber welche Partei unterstützt welche Anliegen? "Netzwoche" und "ICT-Journal" fragten nach und präsentierten in der letzten Ausgabe die Haltung der Parteien zur Netzneutralität sowie die Vorlagen für das Nachrichtengesetz (NDG) und das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf). Dieses Mal behandeln wir die Themen Bildung und E-Health.

Zweifel am fächerübergreifenden Unterricht

"Sind Sie dafür, dass Fächer wie Programmierung und Informatik in der Primarstufe schweizweit obligatorisch werden?" – das fragten wir die Parteien zum Bildungswesen. "Vielleicht nicht gerade Programmierung", entgegnete die BDP, "aber die MINT-Fächer müssen generell wieder gestärkt werden." Ein Ausbau der Lehre in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik wird laut der BDP dafür sorgen, dass sich wieder mehr Schüler für eine Ausbildung in der ICT-Branche entscheiden.

Die CVP sieht dies ähnlich. Informatikwissen werde nur fächerübergreifend vermittelt – das reiche nicht mehr. "Viele Studien haben gezeigt, dass der fächerübergreifende Unterricht zwar möglich und effektiv ist, aber in den allermeisten Fällen nicht umgesetzt wird." Die Partei schlägt vor: Spätestens ab dem dritten Zyklus (7. bis 9. Klasse) soll es das Fach "Informatik und Medien" geben, besser bereits im 2. Zyklus (3. bis 6. Klasse).

Auch die SP unterstützt die Schaffung eines obligatorischen Fachs ICT/Medien. Es müsse aber mehr vermitteln als bloss die Grundzüge der Programmierung. Zentral sei der Umgang mit Informationen, Daten und Medien. "Die Schüler sollen Medienkompetenz erwerben, sich mit Datenschutz auseinandersetzen und die Bewältigung grosser Datenmengen mittels IT-Anwendungen erlernen."

Die FDP sieht in der Förderung der MINT-Fächer sogar die Lösung für den Fachkräftemangel. Die Partei fordert, dass ICT im Lehrplan bereits auf der Grundstufe einen wichtigeren Platz einnimmt – Informatik müsse als eigenes Fach unterrichtet werden. Auch bei den Ausbildungen an den Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz sollen die MINT-Fächer einen höheren Stellenwert erhalten.

Die Juso will die Medien- und Informatikkompetenz ebenfalls früh stärken. "Wir unterstützen daher den Ausbau, wie ihn der Lehrplan 21 vorsieht", teilt die Partei mit.

Der Lehrplan ist voll

Die Grünen weisen darauf hin, dass die Hoheit über Bildung ausser bei Musik und Sport bei den Kantonen liege. "Ich zweifle daran, ob in diesem Rahmen Programmierung und Informatik bereits auf Primarstufe obligatorisch als eigene Fächer geführt werden müssen", sagt Balthasar Glättli stellvertretend für die Partei. Wichtig sei aber, dass Informatik nicht nur als Anwendungsfach gelehrt werde. Schüler sollten bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit auch erste praktische Erfahrungen mit der Programmierung gemacht haben, fordern die Grünen.

Die Grünliberalen teilen mit, eine stärkere Einbindung der Informatik in den Primarstufenunterricht zu unterstützen. Angesichts des vollen Lehrplans sei die Einführung des Programmierunterrichts auf Primarstufe aber gar nicht realistisch.

Gegen ein schweizweites Obligatorium

Die Junge CVP spricht sich gegen eine Einführung der Fächer auf Primarstufe aus. Mathematik und Erstsprache sollten im Vordergrund stehen. Gerade letztere fördere logisches Denken und sei eine gute Grundlage für den späteren Informatikunterricht. Informatik soll jedoch in allen Gymnasien als freiwilliges Ergänzungsfach angeboten werden, wie die Junge CVP in ihrem Schreiben mitteilt.

Die SVP bekennt sich zum Föderalismus und zur Bildungshoheit der Kantone. Die Partei will kein schweizweites Obligatorium. In der Primarschule müsse das Erlernen von Grundlagen in Naturwissenschaften und Mathematik sowie die Landessprachen im Vordergrund stehen. Informatik könne später dazukommen, schreibt die SVP.

Kampf gegen Insellösungen im E-HealthE-Health ist ein weiteres Dauerthema in der Politik. Aktuell wird die Umsetzung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier diskutiert. Wie können alle Leistungserbringer und nicht nur die gesetzlich verpflichteten wie die Spitäler eingebunden und ein Wildwuchs von Insellösungen verhindert werden? "Die entsprechenden Anreize zur Einbindung und Verhinderung von Insellösungen wurden mit dem neuen Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier gesetzt", schreibt die SVP. Die Partei habe diese Bestrebungen im parlamentarischen Prozess unterstützt. Bei der Frage der doppelten Freiwilligkeit wäre sie noch weiter gegangen, um auch Arztpraxen verbindlich einzubinden. Das Rahmengesetz führt laut SVP aber in die richtige Richtung.

Auch CVP, FDP und Juso verweisen auf das Gesetz. Solange es respektiert werde, werde ein Wildwuchs von Insellösungen vermieden. Die FDP betont die Wichtigkeit der technischen Interoperabilität, "damit sich E-Health in der Schweiz durchsetzen kann". Unterschiedliche Lösungen müssen kompatibel sein, fordert die Partei. "Beim elektronischen Patientendossier geht es um die Vernetzung der Leistungserbringer", schreibt die CVP. Mehrere Kantone hätten bereits E-Health-Lösungen eingeführt – und das könne tatsächlich zu einem Wildwuchs führen. Mit der BDP will eine weitere Partei eine Flut proprietärer Insellösungen verhindern. Die Definition von offenen Schnittstellen sei dafür das A und O.

Schnittstellen gegen den Wildwuchs

Auch die Grünen betonen die Wichtigkeit von klar definierten, gut dokumentierten und sicheren Schnittstellen. Sie ermöglichen, dass unterschiedliche Systeme mitei­nander kommunizieren können. Dabei sei den Anliegen des Datenschutzes aber bereits in einem frühem Stadium Rechnung zu tragen. Die Grünliberalen sehen dies ähnlich: "Damit die verschiedenen Systeme miteinander Daten austauschen können, muss bis zum Ablauf der Übergangsfrist ein gemeinsamer Standard respektive die Inter­operabilität sichergestellt sein."

Allerhöchste Priorität für den Datenschutz

Die SP will das elektronische Patientendossier nach einer Übergangszeit für alle Leistungserbringer für obligatorisch erklären. Wenn nur die Hälfte der Spitäler und Ärzte mitmache, sei der Nutzen gering. Datenschutz habe dabei stets allerhöchste Priorität. "Es ist unter allen Umständen zu verhindern, dass sensible Patientendaten in falsche Hände geraten", teilt die SP schriftlich mit.

Und die Junge CVP? Sie findet die Frage zu detailliert und antwortet nur knapp. Die Partei unterstützte grundsätzlich die Entwicklung im Bereich E-Health und habe deswegen im November 2013 gemeinsam mit der CVP 60+ eine Resolution verabschiedet. "Für die JCVP ist dies eine wichtige Investition in die Zukunft und bringt Sicherheit und Qualität im Gesundheitswesen."

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