Interview

So organisiert Benjamin Ruschin den grössten Entwicklertreff der Welt

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Benjamin Ruschin ist Managing Director und Mitgründer von WeAreDevelopers. Er hat in Berlin soeben den grössten Entwickler-Event der Welt organisiert. Im Gespräch mit der Redaktion verrät er, welche besonderen Herausforderungen es dabei gab.

Benjamin Ruschin, Managing Director und Mitgründer von WeAreDevelopers. (Source: Petra Sittig)
Benjamin Ruschin, Managing Director und Mitgründer von WeAreDevelopers. (Source: Petra Sittig)

Wie schafft man es, in nur vier Jahren zum grössten Entwickler-Event der Welt aufzusteigen?

Indem man sich hohe Ziele setzt und hart arbeitet, um sie zu erreichen. Ganz nach dem Motto von "Blitzscaling", dem Buch von Linkedin-Gründer Reid Hoffman. Die Vorbereitungen und Planung des WeAreDevelopers World Congress starten jeweils 12 Monate bevor das Event stattfindet. Wir betrieben umfassende Marketing-Aktivitäten für die Veranstaltung, organisieren internationale Aktivitäten in den Developer-Communitys, schalten Anzeigen und kooperieren mit Nichen-Medienpartnern. Wir haben zudem ein Büro in Sarajevo, das ganzjährig Marketingaktivitäten in der CEE-Region durchführt und dort Community Building mit den Entwicklern, Universitäten und Corporates betreibt. Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Welt zu unserem Kongress, wir sind das Flagship der Developer Community in Europa.

Wie gross ist das Team, das hinter dem Event steht?

Wir sind aktuell über 50 Leute. Wir haben die Firma in zwei Bereiche geteilt, ein Teil fokussiert sich auf unsere Events, der andere auf unsere Karriere-Plattform. Sie betreibt Matchmaking zwischen Entwicklern und Arbeitgebern. Wir bieten Wissenstransfer, Networking und spannende Jobs.

Ist WeAreDevelopers auch in der Schweiz aktiv?

Noch nicht, aber vielleicht schon bald. Wir überlegen uns, auch Veranstaltungen in Zürich zu organisieren. Unser Ziel ist es, schnell über die DACH-Region hinaus zu wachsen. In Deutschland, Österreich und Osteuropa sind wir schon jetzt sehr gross und haben eine starke Markenbekanntheit. Jetzt geht es darum, auch in anderen Regionen zu wachsen und die Bekanntheit unserer Marke zu steigern.

Wie kam es eigentlich zur Gründung von WeAreDevelopers?

Ich organisierte schon früh Events, baute Communitys auf und gründete Marketing Natives, die erste Marketing-Jugend-Community in Österreich. Diese brachte ich gemeinsam mit dem Schweizer Dialogmarketing Verband in die Schweiz und mit dem Deutschen Dialogmarketingverband nach Deutschland. Dann startete ich die Managers Community und vernetzte junge Nachwuchs-Manager mit etablierten CEOs. 2015 entschied ich, dass es sinnvoll ist, mich auf die Zielgruppe zu fokussieren, wo der Bedarf am grössten ist. So fokussierte ich mich auf Software-Entwickler. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.

Wann organisierten Sie die erste Veranstaltung für Entwickler?

2015 in Wien, noch vor der Gründung der WeAreDevelopers GmbH im April 2017. Wir hatten 2015 rund 300 Teilnehmer, 1 Jahr später waren es 600. 2017 kamen 4000, 2018 sogar 8000. Dieses Jahr waren wir zum ersten Mal in Berlin und konnten über 10000 Besucher begrüssen. Letztes Jahr fanden wir zudem wichtige Investoren, um weiter wachsen zu können.

Welche Fehler haben Sie in der Vergangenheit gemacht?

Alle Möglichen. Bei den ersten Veranstaltungen, die wir organisierten, hatten wir noch keinen Code of Conduct und packten das Thema Diversity falsch an. Wir verkauften zum Beispiel vergünstigte Tickets für Entwicklerinnen, was die männlichen Entwickler gar nicht toll fanden. Und wir mussten zuerst lernen, wie die ganze Logistik solcher Veranstaltungen funktioniert, wie man mit den Massen an Menschen umgeht, und welche Partner wir ins Boot holen. Wir probierten halt viele Dinge aus, hatten aber noch keine wirkliche Event-Strategie.

Was gefällt Ihnen an der diesjährigen WeAreDevelopers-Konferenz am besten?

Ich bin so beschäftigt, dass ich leider gar nicht an den Sessions teilnehmen kann. Es macht aber Spass zu sehen, wie viele Leute hier zusammenkommen, und wie sie sich vernetzen. Mich freut, dass wir zusehen können, wie sich die Community um uns herum formt, und wie die Helden der Entwickler-Szene, beispielsweise ein Joel Spolsky (Gründer und CEO von Stackoverflow) oder die Gaming-Pioniere John und Brenda Romero jedes Jahr auf’s neue unseren Kongress besuchen und Teil der WeAreDevelopers-Familie geworden sind. Da ist eine emotionale Bindung zu WeAreDevelopers entstanden, hier entstehen nicht nur Business-Kontakte sondern lebenslange Freundschaften. Unser Event ist für Entwickler besonders spannend, da der Fokus nicht auf einer einzigen Technologie liegt. Es gibt neun verschiedene Stages, die diverse unterschiedliche Themen behandeln.

Welche denn?

Cloud, Front- und Backend-Entwicklung, IT-Sicherheit, DevOps, Quality Engineering, KI, Blockchain, IoT, Robotics, AR, VR, Mobility, Ethik, Bildung und gesellschaftliche Verantwortung. Es gibt über 200 Vorträge, Workshops und Panels auf zehn verschiedenen Bühnen.

Welche Referenten stechen heraus?

Es sind zu viele, um alle zu nennen. Aber wir haben die Helden der Entwickler-Community eingeladen. Etwa den Game-Designer John Romero, der als Vater des Ego-Shooter-Genre gilt. Er war Mitgründer von ID Software und arbeitete an Wolfenstein 3D, Doom und Quake mit. Weitere grosse Namen sind Joel Spolsky, CEO von Stack Overflow und Mitgründer von Trello, Rasmus Lerdorf, Erfinder von PHP, Andreas M. Antonopoulos, Bitcoin-Verfechter und Buchautor, und natürlich Garry Kasparow, russischer Schachweltmeister und Politaktivist.

Hinweis: Einen Artikel über Garry Kasparovs Auftritt können Sie hier lesen.

War es schwierig, die Referenten zu buchen?

Am Anfang schon, jetzt nicht mehr. Wir starteten 2015, da kannte uns niemand. Mittlerweile sind wir aber bekannt und es ist einfacher geworden. Joel Spolsky zum Beispiel fragte uns sogar an, ob er referieren dürfe. John Romero macht seit 2016 mit, Andreas M. Antonopoulos seit 2017. Die Referenten kommen gerne an unsere Konferenz, die Teilnehmer feiern sie wie Rockstars.

Das ist mir auch aufgefallen. Haben Sie mit einer solchen Euphorie gerechnet?

Es ist schon speziell. Wenn John Romero oder seine Ehefrau Brenda die Bühne betreten, jubeln ihnen 4000 Menschen zu – und das sind nur die Teilnehmer in dem Saal, die Videos und Livestreams in den anderen Säalen werden von zigtausend weiteren Developern und Entscheidern mitverfolgt. Die Reichweiten, die hier erzielt werden, sind unglaublich und zeigen uns immer wieder, wieviel Passion und Neugierde in den Entwicklern steckt. Unsere Kongresse fühlen sich manchmal an wie Popkonzerte. Einige Teilnehmer weinen vor Glück, wenn sie zum Beispiel mit Romero ein Foto machen dürfen. Bei Garry Kasparov war es dieses Jahr ähnlich. Er spielte gegen 12 Leute gleichzeitig Schach und haute sie alle weg. Das war unglaublich.

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, dass die Hälfte der Teilnehmer an der Konferenz Frauen sind. Wenn ich mich hier so umschaue, muss ich sagen: Sie sind meilenweit davon entfernt.

Ja, das ist richtig – wir haben knapp ein Drittel weibliche Teilnehmer, was für eine IT-Konferenz nicht schlecht ist. Aber da geht natürlich noch mehr. Diversity ist uns wichtig und die Diversität hat viele Dimensionen, nicht nur die Gender-Dimension. Wir haben dafür eine Diversity-Strategie und eine NGO angeheuert um hier als Experte mitzuwirken. Die Teilnehmer der Konferenz sind – das muss man klar sagen – ein Abbild der Tech-Branche, in der die Frauen leider noch immer stark untervertreten sind. Wir kooperieren mit vielen Organisationen, um dieses Thema aktiv voranzutreiben.

Was lief bisher nicht gut an der Konferenz?

Das Catering ist eine Herausforderung, wie immer an solchen Events. Die Messe hat Food-Trucks aufgestellt, aber nicht so viele, wie ursprünglich geplant. Leider gab es eine Unwetterwarnung, die die Pläne etwas durcheinander brachte und die geplante Anzahl an Foodtrucks nicht zugelassen hat. Dieses Phänomen haben Sie aber auch bei anderen etablierten Events, es ist immer wieder eine Challenge. Ansonsten gab es aber keine grösseren Probleme.

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