Cyber 9/12 Strategy Challenge 2020

ETH-Studierende gewinnen in Cybersecurity-Wettkampf alle Top-Plätze

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von Anna Ettlin, ETH

Zwanzig internationale Teams traten an der Cyber 9/12 Strategy Challenge 2020 gegeneinander an, darunter fünf Teams von der ETH Zürich. In einem beispiellosen Siegeszug belegten sie nicht nur die ersten fünf Plätze, sondern räumten auch gleich sämtliche Sonderpreise ab. Mitverantwortlich für ihren Erfolg war die gründliche Vorbereitung durch die Studierendenorganisation Cyber Group.

(Source: siraanamwong / iStock.com)
(Source: siraanamwong / iStock.com)

Eine Cyberattacke legt Europas Energienetz lahm. Es drohen grossflächige Blackouts, Kernschmelzen, Explosionen in Gaspipelines. Wer für den Angriff verantwortlich ist, ist unklar. Unterdessen laufen in den sozialen Medien Desinformationskampagnen und die internationalen Spannungen steigen immer mehr.

Mit diesem Szenario eines gross angelegten Cyberangriffs startete die Cyber 9/12 Strategy Challenge 2020, organisiert vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik. Teams aus jeweils vier Studierenden stellen sich an diesem internationalen Wettbewerb einem realistisch simulierten Cyberangriff. Innerhalb von zwei Tagen müssen sie Empfehlungen für politische Entscheidungsträger ausarbeiten und anschliessend überzeugend präsentieren. Wie bei einem echten Angriff entwickelt sich das Szenario während der Challenge weiter.

Zwanzig Studierendenteams aus der ganzen Welt traten 2020 zur Challenge an, die dieses Jahr erstmals als Online-Event durchgeführt wurde. Mit dabei waren auch fünf interdisziplinäre Teams der ETH Zürich. Für den ersten Platz hat es den ETH-Teams in den letzten Jahren nie gereicht. Zu stark war jeweils die Konkurrenz, unter anderem von Militärakademien aus den USA, die nicht nur fachliche Kompetenz mitbringen, sondern auch Teamwork und Rhetorik professionell trainieren.

Wohlverdienter Triumph

Am 2. und 3. Juli 2020 änderte sich das. An der Cyber 9/12 Strategy Challenge 2020 belegten die fünf ETH-Teams nicht nur die top fünf Plätze, sondern sicherten sich auch sämtliche Sonderpreise des Wettkampfs: Team PromETHeus belegte den ersten Platz, die Teams Phoenix, Idonea und Alita besetzten die Plätze zwei bis vier. Team ARX gewann den "Best Team Work"-Award, Team Alita den "Best Oral Presentation"-Award, Team Phoenix den "Best Decision Document"-Award und das Siegerteam PromETHeus den "Best Creative Brief"-Award.

Die Konkurrenz war auch dieses Jahr beachtlich, was den ETH-Erfolg umso spektakulärer macht. Er kommt nicht von ungefähr. Die ETH Teams hatten einen entscheidenden Vorteil: die Cyber Group. Diese Studierendenorganisation wurde von sieben Teilnehmenden der Challenge 2019 gegründet, um künftige Teilnehmende der ETH Zürich umfassend auf den Wettbewerb vorzubereiten.

Die Cyber Group finanzierte die Teams und organisierte ab Februar wöchentlich vierstündige Trainings, in denen die Teilnehmenden nicht nur von den Mitbegründern der Cyber Group gecoacht wurden, sondern auch von einer Vielzahl von Experten aus der Forschung, der Industrie und der Öffentlichkeit lernen durften: über Cybersicherheit und Politik, aber auch über Kommunikation, Rhetorik und Teamaufbau.

"Die Resultate der diesjährigen Cyber 9/12 Strategy Challenge sind überwältigend, jenseits aller Hoffnungen oder Erwartungen. Sie zeugen von der Kraft des Enthusiasmus und der Eigeninitiative unserer Studierenden", lobt Rektorin Sarah Springman. "Wir als ETH Zürich sind besonders stolz, dass diese Spitzenleistung durch eine von Studierenden geleitete Initiative ermöglicht wurde. Der Enthusiasmus der Cyber Group hat ein Netzwerk von vertrauensvollen Beziehungen zwischen den beteiligten Studierenden und den Experten im Bereich der Cybersicherheit ermöglicht, an der ETH und darüber hinaus."

Die Cyber Group-​Mitbegründer Karin Holzhauser und Robin Staab, Masterstudierende am Departement Informatik, sind vom Erfolg ebenfalls überwältigt. "Wir hofften, dass eines unserer Teams ins Finale kommt", sagt Robin Staab. "Die Ergebnisse übertrafen alle unsere Erwartungen."

Karin Holzhauser ist begeistert, dass so viele Experten bereit waren, der Organisation ihre Zeit und ihr Wissen zur Verfügung zu stellen. "Wenn neugierige Studierende mit enthusiastischen Risiko-​ und Cyberspezialisten aus der Industrie, der Forschung und den öffentlichen Diensten zusammenkommen, inspirieren sie sich gegenseitig und lernen voneinander", sagt sie. "An dieser Stelle vielen herzlichen Dank an unsere zahlreichen Experten, die uns auch bis in die Nacht der Challenge unterstützt haben, sowie an die ETH, insbesondere an Rektorin Professor Sarah Springman, Professor Kenny Paterson von der Applied Cryptography Group am Departement Informatik und an das Team des Center for Security Studies."

Die Unterstützer der Cyber Group loben ihrerseits den Einsatz der Studierenden. "Die Leistung der ETH-​Teams in der diesjährigen Challenge war mehr als hervorragend", sagt Professor Kenny Paterson. "Ein klarer Beweis für die gründliche Vorbereitung durch die Cyber Group sowie das grosse Talent unserer Studierenden." Stefan Soesanto, Senior Researcher am Center for Security Studies, ist ebenfalls beeindruckt. "Die Teams haben ein noch nie gesehenes Niveau an Energie, Kreativität und Wissensdurst an den Tag gelegt. Die Lorbeeren sind wohlverdient."

Herzblut, Engagement und Fairness

Kreativität und Energie sind ein Muss bei der zweitägigen Challenge. Die Teilnehmenden müssen unter Zeitdruck sehr viele Informationen verarbeiten und schnelle Entscheidungen treffen. Die Pandemie erschwerte die Kommunikation dieses Jahr zusätzlich. Den Plan, sich mit allen fünf Teams in einem Seminarhotel in Pfäffikon einzurichten, verwarf die Cyber Group wieder, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren und die Richtlinien der ETH und des BAG einzuhalten. Also mussten die Teilnehmenden über Zoom und Slack kommunizieren.

Die Cyber 9/12 Strategy Challenge sieht vor, dass die Teams zu bestimmten Zeiten mit ihren Coaches zusammenarbeiten und Experten aus ihrem Netzwerk beiziehen dürfen. Auch hier stand ihnen die Cyber Group zur Seite. "Manche haben im Vorfeld an uns gezweifelt, weil wir ausschliesslich Studierende als Coaches einsetzen. Das ist an dieser Challenge sehr ungewöhnlich", sagt Cyber-​Group-Mitbegründerin Jelena Mihajlovic.

Wie gut die Cyber Group aufgestellt ist, zeigte sich eindrücklich im Wettkampf, zum Beispiel am Abend des 2. Juli. "Um 17.30 Uhr wurde ein neues Szenario bekanntgegeben. Die simulierte Krise drohte in eine militärische Konfrontation zwischen der EU und einem Nachbarstaat zu eskalieren. Diese Wendung eröffnete neue Fragen", erinnert sich Karin Holzhauser. Gemeinsam mit Jelena Mihajlovic mobilisierte sie umgehend das Netzwerk der Cyber Group und sicherte den Teams die nötige Unterstützung. "Wir konnten in letzter Minute auf das Expertenwissen von Cyber-​​Security-​Spezialisten, ETH-​​Professoren, Forschenden der Europäischen Kommission und Schweizer Armeeoffizieren zählen. Das war unglaublich!"

Begeistert waren die Cyber-​​Group-​Gründer auch von der Solidarität der ETH-​​Teams. Die überragende Leistung der ETH-​​Teilnehmenden bedeutete, dass vier der Teams, die gemeinsam trainiert und auf die Challenge hingefiebert haben, im Finale gegeneinander antreten mussten. Die Finalisten präsentieren ihre Ergebnisse hintereinander. Wer die Präsentation später hat, hat mehr Zeit, um mit den Coaches letzte Fragen zu klären. Um Fairness zu bewahren, haben die vier ETH-​​Finalisten beschlossen, alle Fragerunden gleichzeitig zu beenden.

Ihren ersten grossen Erfolg will die Cyber Group mit all ihren Sponsoren, Experten und Unterstützern feiern – wegen der Pandemie erst am 28. Oktober. "Wir gratulieren all unseren Teams und sind wahnsinnig stolz auf sie", sagt Karin Holzhauser. "Und wir danken nochmals all unseren Unterstützern und der ETH Zürich sowie dem Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik und dem Atlantic Council für den grossartigen Anlass. Wir kommen wieder!"

Dieser Artikel erschien zuerst bei der ETH.

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