SPONSORED-POST Die Zukunft liegt in der Plattformökonomie

Open Banking the Swiss Way – gemeinsame Vision gesucht

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von Sven Biellmann, Product Manager Ecosystem, Finnova

Open Banking ist in der Schweiz angekommen. Studien und Umfragen zeigen, dass Endkundinnen und Endkunden Open Banking positiv und interessiert gegenüberstehen, wenn man ihnen erklärt, was dahintersteckt. Ausserdem entstehen immer mehr branchenübergreifende strategische Partnerschaften und digitale Plattformen, die Banken mit anderen Unternehmen lancieren, um Kunden­bedürfnisse umfassend und für die Kundinnen und Kunden möglichst bequem zu befriedigen.

Sven Biellmann, Product Manager Ecosystem, Finnova (Source: zVg)
Sven Biellmann, Product Manager Ecosystem, Finnova (Source: zVg)

Open Banking hatte in der Schweiz einen holprigen Start. Zunächst standen die meisten Banken und insbesondere deren Sprachrohr, die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg), dem Konzept skeptisch gegenüber. Argwöhnisch beobachtete die Branche hierzulande die EU, die 2019 gerade dabei war, PSD2 einzuführen. Diese Verordnung verpflichtet Banken, Schnittstellen einzurichten, über die Drittanbieter auf die Zahlungs- und Kontoinformationen der Bankkunden zugreifen können. Das Ziel: Transparenz, Innovation und Sicherheit von Zahlungsdienste­anbietern zu erhöhen, sodass Kunden von einem besser vernetzten und offeneren Banking-Erlebnis profitieren.

Nach anfänglicher Skepsis erklärte die SBVg in ihrer «Auslegeordnung für den Schweizer Finanzplatz», dass «regulatorische Massnahmen wie die erzwungene Öffnung von Schnittstellen nicht zielführend» seien. Der freie Wettbewerb und dabei insbesondere die Kundenbedürfnisse sollten entscheiden, wie Open Banking in der Schweiz umgesetzt werde. Den Banken sollte es zudem weiterhin freistehen, ob und mit welchen (vertrauenswürdigen) Drittanbietern sie zusammenarbeiten möchten.

Auch die SBVg sieht mittlerweile Open Banking als unausweichliche Tatsache an: Es stelle sich nicht mehr die Frage, ob sich Open Banking etablieren werde, sondern nur noch in welcher Form. Dies insbesondere angesichts der fortschreitenden Fragmentierung der Wertschöpfungskette, in der Kundinnen und Kunden nicht mehr nur die Services eines Finanzdienstleisters nutzen, sondern von Fintechs, Neobanken und branchenfremden Dienstleistern zusammen über eine digitale Plattform bedient werden. Umfassend, einfach und bequem muss es sein. Frei nach dem Motto von James D. Feldmann: «We no longer buy from companies based on loyalty. We buy from those ­where there is the least hassle.»

Marktbasierter Ansatz oder Regulierung?

Open Banking ist aber mehr als nur der standardisierte und sichere Datenaustausch zwischen Banken und Drittunternehmen über Schnittstellen. Es ist ein wichtiger Schritt, ja eine Voraussetzung zur Plattformökonomie, in der Daten branchenübergreifend ausgetauscht und mit Mehrwert für die Kundschaft, Wirtschaft und Gesellschaft verarbeitet werden, wie es in der Auslegeordnung der SBVg heisst. Warum aber sollen die Kundinnen und Kunden ihre (Finanz-)Daten weitergeben? Die Antwort liegt auf der Hand: um bessere Tarife, Angebote und Dienstleistungen zu erhalten. Aber möchte die etablierte Bank die Daten «ihrer» Kundinnen und Kunden überhaupt weitergeben, um ihnen bessere Angebote zu verschaffen? Sind die traditionellen Banken tatsächlich bereit, sich zu öffnen? Und wie sinnvoll ist es, unter diesen Vorzeichen die Entwicklung von Open Banking gänzlich dem Markt zu überlassen? Grundsätzlich ist nichts gegen Marktmechanismen einzuwenden, ausser wenn es zu lange dauert, bis die dringend benötigten Standards geschaffen werden können, die zukünftige Geschäftsmodelle ermöglichen und befeuern.

Viele Banken (und auch Versicherungen) haben heute schon begriffen, dass sie nicht zuwarten können, bis sich die «richtigen» Standards oder ein bestimmtes Plattformmodell durchgesetzt haben. Grosse und kleinere Institute machen es mit Koopera­tionen, etwa rund um das Hypotheken- oder Finanzierungsgeschäft, bereits vor: Sie betreuen Kundinnen und Kunden gemeinsam und bieten entsprechend abgestimmte Services. Beispiele sind etwa Valiant mit Agent Selly (Immobilienkauf- und -verkaufsplattform) und der Zusammenarbeit mit Vaudoise (Immobilien­finanzierung), UBS mit Key4 (Hypothekenplattform), Raiffeisen und die Mobiliar mit Liiva (Wohneigentumsplattform) oder Postfinance mit Valuu (Finanzierungsplattform).

Die Kooperation mit Drittanbietern und der Austausch der benötigten Daten (natürlich immer erst nach Einwilligung der Kundinnen und Kunden) erschliessen Banken neue Einnahmequellen. Für ein überzeugendes Erlebnis mit verschiedenen zueinander passenden Dienstleistungen, die direkt an der Kundenschnittstelle auf einer Plattform angeboten werden, sind die Kundinnen und Kunden durchaus bereit, etwas zu bezahlen. Dies zeigt die Mastercard-Studie «Open Banking in der Schweiz» klar auf.

Also alles in Ordnung? Jein. Das Beispiel der PSD2-Verordnung in der EU zeigt, dass sich dort Plattform-Ökosysteme schneller entwickeln als in Märkten, in denen es keine regulatorische Verpflichtung zur Öffnung gibt.

Auch die USA, die ebenfalls ein marktbasiertes Modell verfolgen, hinken bei Open Banking hinterher, wie einem Forbes-Bericht vom März 2021 zu entnehmen ist. Die Hauptursache sieht die Forbes-Autorin im Fehlen einer Open-Banking-Verordnung, welche die Banken zwingt, sich zu bewegen. Folglich müssen die Institute das Open-Banking-Konzept für sich selbst entschlüsseln, was sowohl Chancen als auch Unsicherheiten mit sich bringt. Dasselbe gilt für die Schweiz.

In den USA hat der Wind nun aber gedreht. Am 9. Juli erliess US-Präsident Joe Biden eine Executive Order zur Förderung des Wettbewerbs in der amerikanischen Wirtschaft, die es den Konsumierenden ermöglichen soll, die Bank leichter zu wechseln. Das Consumer Finance Protection Bureau wird ermutigt, neue Gesetzesvorschriften zu erlassen, welche die Rechte der Kundinnen und Kunden von Fintech-Unternehmen und Bankinstituten auf Zugang zu Finanzdaten regeln.

Wie lange kann die Schweizer Finanzindustrie noch zuwarten, bis sie sich auf gemeinsame und international kompatible Open-Banking-Standards einigt? Wie lange kann Open Banking «the Swiss Way» noch funktionieren? Banking-Experte und HWZ-Dozent Rino Borini sagt dazu: «Für ‹Bread and butter›-Prozesse oder KYC individuelle Schnittstellen zu entwickeln, ist doch hochgradig fraglich. In der produzierenden Industrie ist der Kostendruck so enorm, da käme niemand auf die Idee, ohne Standardisierung Kosten einsparen zu wollen. Jetzt wäre eine Umkehr der Denkweise anzustreben, die vom Kunden her einen digitalen Prozess definiert – und nicht von der Bankseite her – und hierzu die notwendigen Standards zu vereinbaren».

Hierzulande arbeiten unterschiedliche Konsortien und Gremien an Lösungen, wie man Open Banking ermöglichen könnte, ohne vom Regulator dazu gezwungen zu werden. Es existieren auch bereits mehrere standardisierte Schnittstellen und eine Open-Banking-Plattform, die es Banken ermöglichen, ihre Kundendaten mit anderen Unternehmen zum Nutzen der Kundinnen und Kunden zu teilen (auch hier natürlich erst, nachdem diese eingewilligt haben). Was jedoch fehlt, ist eine gemeinsame Vision zu Open Banking. Die erwähnte Fragmentierung der Wertschöpfungskette führt zu einem «Pick ’n’ Mix» aus Anwendungen, Schnittstellen und Analysen, der völlig neue Bankprodukte, Dienstleistungen und Strukturen schaffen soll. So stellt sich nun die Frage: Welchen Teil des «Pick ’n’ Mix» machen wir? Wo ist die Nische für den Finanzplatz Schweiz?

Die Zukunft liegt in der Plattformökonomie

Ob reguliert oder nicht, Finanzinstitute müssen sich grundsätzlich mit ihren möglichen zukünftigen Geschäftsmodellen auseinandersetzen. Banken, die sich bislang noch nicht mit Open Banking und Plattformökonomiemodellen befasst haben, stehen vor einer unsicheren Zukunft und könnten abgehängt werden. Sie müssen jetzt vorwärtsmachen, wollen sie im Markt weiterhin eine Rolle spielen.

Aktuell scheinen die Banken aber noch nicht unter besonderem Zugzwang zu stehen. Laut der aktuellen Fintech-Studie des IFZ sind 76 Prozent der befragten CIOs der Meinung, dass der Druck auf Schweizer Banken, sich zu öffnen, gering beziehungsweise sehr gering sei. Der wahrscheinliche Grund dafür ist, dass Bankkundinnen und -kunden Open Banking beziehungsweise die damit verbundenen Möglichkeiten noch nicht wirklich verstehen und deshalb auch keine entsprechenden Anforderungen an ihre Bank stellen. Die Mastercard-Studie «Open Banking in der Schweiz» kommt zu einem sehr ähnlichen Schluss: Durchschnittskonsumentinnen und -konsumenten können sich unter Open Banking nichts vorstellen. Erst wenn man ihnen erklärt, was damit gemeint und was damit möglich ist, entsteht das Bedürfnis. Es stellt sich die Frage, ob dies nur eine Generationenfrage ist und sich diese Ausgangslage mit der Zeit ändern wird.

Die Banken dürften jedenfalls momentan froh sein, dass Open Banking von den Kundinnen und Kunden (noch) nicht verstanden wird und die Banken sich folglich (noch) nicht gross bewegen müssen. An einer gemeinsamen Vision, was der Finanzplatz Schweiz zu Open Banking beitragen will, dürfte allerdings kein Weg vorbeiführen.

Zum Schluss noch ein Wort zur Terminologie: Open Banking ist das Ökosystem; Banking-as-a-Service ist die Integration ins Ökosystem; und der Banking-as-a-Service-Anbieter muss eine Bank sein, kann aber auch ein Fintech, eine Neobank oder ein branchenfremder Dienstleister sein, solange er das bietet, was die Kundinnen und Kunden wünschen.

Also: Bieten wir, was die Kundinnen und Kunden wünschen. Aber wissen wir wirklich, was das ist?

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