Studie der HSLU

Schweizer Fintechs sind zurück auf Wachstumskurs

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von Joël Orizet und tme

Nach einem Rückgang im Jahr 2021 ist die Schweizer Fintech-Branche 2022 wieder im Wachstumsmodus. Die Zahl der Firmen sowie die Finanzierungssummen steigen – und die Banken machen vorwärts mit Digitalisierungsprojekten und Open Finance.

(Source: Getty Images / iStockphoto)
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Die Schweizer Fintech-Branche wächst wieder. Ende 2022 zählte der Sektor insgesamt 437 Unternehmen, was einem Anstieg von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, wie aus der jährlichen Fintech-Studie der Hochschule Luzern (HSLU) hervorgeht. Innerhalb eines Jahres stieg die Anzahl Fintechs hierzulande demnach um 53 Unternehmen. 2021 war allerdings ein schwieriges Jahr für die Branche: 21 Firmen waren von der Schweizer Fintech-Landkarte verschwunden

Die Anzahl Schweizer FinTech-Unternehmen ist nach einem leichten Rückgang im Vorjahr im Jahr 2022 wieder gestiegen. Per Ende 2022 beheimatete die Schweiz 437 FinTech-Unternehmen, was einem Anstieg von 53 Unternehmen entspricht. (Source: HSLU)

Die Anzahl Schweizer Fintech-Unternehmen ist nach einem leichten Rückgang im Vorjahr im Jahr 2022 wieder gestiegen. Per Ende 2022 beheimatete die Schweiz 437 Fintechs, was einem Anstieg von 53 Unternehmen entspricht. (Source: HSLU)

Am stärksten legte 2022 der Sektor Investment Management und Bankinfrastruktur zu. In diesem Bereich sind der Studie zufolge auch die meisten Fintechs aktiv. 

Die Studienautoren stellen denn auch einen Trend in Richtung Nachhaltigkeit fest: Ende 2022 setzten den Ergebnissen zufolge 7,3 Prozent aller Schweizer Fintech-Unternehmen strategisch auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Der Schwerpunkt dieser Unternehmen liege auf Lösungen zur Unterstützung von Daten und Analytics für Nachhaltigkeitsbewertungen im Finanzsektor, gefolgt von sogenannten grünen Fintech-Unternehmen, von denen sich die meisten auf die Bekämpfung des Klimawandels ausrichteten. 

Singapur toppt Zürich

In der Rangliste der besten Standorte für Fintechs steht Singapur nach wie vor an der Spitze – unverändert seit dem ersten Ranking der HSLU im Jahr 2017. Der Stadtstaat habe seinen Vorsprung in puncto Rahmenbedingungen für Fintech-Firmen 2022 weiter ausgebaut, teilt die HSLU mit. 

Singapur weist mit deutlichem Abstand die besten Rahmenbedingungen für Fintechs auf. Zürich und Genf belegen die Plätze zwei und drei. (Source: HSLU)

Singapur weist mit deutlichem Abstand die besten Rahmenbedingungen für Fintechs auf. Zürich und Genf belegen die Plätze zwei und drei. (Source: HSLU)

Die beiden Schweizer Städte Zürich und Genf bilden zusammen mit Stockholm die erste Verfolgergruppe, jedoch mit markantem Abstand zum Spitzenreiter aus Südostasien. 

Die Studienautoren verweisen auf einen direkten Zusammenhang zwischen den an einem Standort geltenden Rahmenbedingungen und der Grösse seines lokalen Fintech-Sektors. Dieser Zusammenhang bestehe auch unabhängig von länderspezifischen Effekten. Risikokapital und Joint-Venture-Aktivitäten korrelieren laut der Studie am stärksten mit der Grösse eines Fintech-Sektors. Dies zeige auf, dass das Umfeld für Investitionen und Kooperationen eine wichtige Rolle einnehme.

Die Schweiz entgeht dem Abwärtstrend

Weltweit betrachtet waren die Finanzierungsaktivitäten 2022 rückläufig: Im Vergleich zum Vorjahr schrumpften die Mengen an Risikokapital, Token-Verkäufen, Übernahmen und Börsengängen. Demgegenüber zeigte der Schweizer Markt jedoch eine vergleichsweise positive und stabile Entwicklung.

2022 gab es hierzulande 84 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von 605 Millionen Franken. Gegenüber dem Vorjahr nahm zwar die Anzahl Finanzierungsrunden leicht ab – die investierten Summen stiegen jedoch um 36 Prozent auf 605 Millionen Franken. Das entspricht einem Anstieg von 59 Millionen Franken. 

Die Risikokapitalaktivität im Schweizer Fintech-Sektor zeigt eine stabile Entwicklung. Trotz leichtem Rückgang bei der Anzahl Finanzierungsrunden stieg das Gesamtvolumen auf 605 Millionen Franken. Das entspricht einem Anstieg von 59 Millionen Franken gegenüber dem Jahr 2021. (Source: HSLU)
Die Risikokapitalaktivität im Schweizer Fintech-Sektor zeigt eine stabile Entwicklung. Trotz leichtem Rückgang bei der Anzahl Finanzierungsrunden stieg das Gesamtvolumen auf 605 Millionen Franken. Das entspricht einem Anstieg von 59 Millionen Franken gegenüber dem Jahr 2021. (Source: HSLU) 

Die Beschaffung von frischem Kapital sei für die hiesigen Fintechs allerdings eine Herausforderung. "Obwohl sich die Schweiz dem globalen Abwärtstrend weitgehend entziehen konnte, wurde auch hierzulande der Zugang zu finanziellen Mitteln für FinTech Unternehmen im Durchschnitt schwieriger", sagt Studienleiter Thomas Ankenbrand.

Banken machen vorwärts mit Digitalisierung

2022 stockten viele Schweizer Banken ihre IT-Ressourcen auf, wie eine im Rahmen der Studie durchgeführte Umfrage zeigt. Diese Ressourcen investieren die Finanzinstitute vermehrt in die Transformation des Bankgeschäfts respektive in die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und weniger in den Unterhalt des Tagesgeschäfts. 

Dies deute auf eine zunehmende Innovation in der sonst eher traditionellen Schweizer Finanzbranche hin, heisst es in der Studie. Als Beispiel nennt sie den Einsatz von Data Science in der Bankenbranche. Der häufigste Anwendungsfall sei derzeit die Betrugserkennung.

Auch in puncto Open Finance sehen die Studienautoren Fortschritte. Dazu zählen etwa Unterstützungsinitiativen und neue Plattformlösungen. "Die Schweizer Finanzinfrastruktur ist insbesondere hinsichtlich des Zahlungsverkehrs und des Handels bereits sehr gut entwickelt", sagt Ankenbrand. "Für Anbieter von Open Finance Plattformen ist es deshalb entscheidend, Produkte zu entwickeln, welche sich gut in die bestehende Infrastruktur integrieren lassen."

Thomas Ankenbrand, Dozent an der HSLU und Studienleiter. (Source: hslu.ch)

Thomas Ankenbrand, Studienleiter und Dozent an der HSLU. (Source: hslu.ch)

Die jährlich neu erscheinende Studie "IFZ FinTech Study" der HSLU bietet zum siebten Mal eine Übersicht über den Schweizer Fintech-Sektor. Die gesamten Studienergebnisse stehen gegen Angabe von Name und E-Mail-Adresse online zum Download bereit

Die HSLU ist übrigens im Januar dem Blockchain Research Institute beigetreten. In Zusammenarbeit mit dem kanadischen Forschungsnetzwerk will die HSLU gemeinwohlorientierte Blockchain-Anwendungen fördern. Lesen Sie hier mehr dazu

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