Studie der HSLU

Schweizer Fintechs: weniger Firmen, mehr Kapital

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von Joël Orizet und kfi

Erstmals seit 2015 ist die Anzahl Fintech-Firmen in der Schweiz geschrumpft. Im vergangenen Jahr sind 21 Firmen von der Schweizer Fintech-Landkarte verschwunden. Wer übrig bleibt, zieht allerdings mehr Geld an.

(Source: Siarhei - stock.adobe.com)
(Source: Siarhei - stock.adobe.com)

Die Anzahl Schweizer Fintech-Unternehmen ist rückläufig – zum ersten Mal seit 2015. Per Ende des vergangenen Jahres beheimatete die Schweiz 384 Fintechs. Das sind 21 Unternehmen weniger als noch im Vorjahr, wie aus einer Studie der HSLU hervorgeht.

21 Firmen sind 2021 von der Schweizer Fintech-Landkarte verschwunden das entspricht einem Rückgang von 5 Prozent auf insgesamt 384 Unternehmen. (Source: HSLU)

Die bestehenden Fintechs sind jedoch gewachsen. So stieg beispielsweise der Medianwert der Anzahl Mitarbeitenden wie auch jener der Gesamtfinanzierungen. In den Ergebnissen des Vorjahres sah dies noch anders aus: Die Gesamtkapitalisierung der Schweizer Fintechs war gesunken und die Anzahl Mitarbeitenden stagniert.

So viel Wagniskapital wie noch nie

2021 erreichte die Risikokapitalaktivität im Schweizer Fintech-Sektor ein Rekordniveau, wie die HSLU mitteilt. Das betrifft die Anzahl Finanzierungsrunden wie auch das Finanzierungsvolumen. Die HSLU verzeichnet für das vergangene Jahr 87 Finanzierungsrunden und ein Volumen von 446 Millionen Franken.

Die Risikokapitalaktivität im Schweizer Fintech-Sektor hat 2021 ein Rekordniveau erreicht, sowohl bei der Anzahl der Finanzierungsrunden als auch beim Volumen. (Source: HSLU)

B2B schlägt B2C

Bezüglich der Geschäftsmodelle gibt es den Ergebnissen zufolge eine klare Tendenz in Richtung B2B. Schweizer Fintechs legen ihren Fokus zunehmend auf Geschäftskunden wie etwa Banken oder andere Finanzdienstleister – und sie richten sich vorwiegend international aus. "Der wachstumsschwache Schweizer Heimmarkt ist für wachstumshungrige Fintech-Unternehmen oftmals zu klein", sagt Thomas Ankenbrand, Dozent an der Hochschule Luzern und Projektleiter der Fintech-Studie.

Thomas Ankenbrand, Dozent an der HSLU und Studienleiter. (Source: hslu.ch)

Dass sich eine internationale Ausrichtung für Fintechs auszahlt, zeigt sich gemäss Ankenbrand auch in der Kursentwicklung der börsennotierten Fintech-Unternehmen weltweit. Seit 2015 sei deren Performance im Vergleich zu national ausgerichteten Fintechs besser. Dasselbe gelte für Unternehmen, die sich auf Geschäftskunden konzentrieren. Auch deren Performance überflügle jene von Fintech-Unternehmen, die auch Privatkunden bedienen.

Internationale und börsennotierte Fintechs im B2B-Bereich haben eine bessere Performance als Fintechs, die (auch) Privatkunden bedienen. (Source: HSLU)

Open Finance im Wealth Management: Keine Chance ohne Standards

Auf dem Schweizer Finanzplatz zeichne sich ein Trend in Richtung offener Finanzökosysteme ab, heisst es im Ergebnisbericht der HSLU. "Insbesondere im Bereich des Wealth Management bietet Open Finance gute Erfolgschancen", sagt Ankenbrand. Die Gründe dafür sind laut den Studienautoren die globale Marktgrösse und der Schweizer Marktanteil. Zudem haben gemäss der in der Studie durchgeführten Umfrage die Schweizer Banken das Potenzial von Finanzökosystemen als zukünftiges Geschäftsmodell bestätigt.

"Um dieses Potenzial zu realisieren, ist jedoch ein breites Adoptieren gemeinsamer Standards notwendig, mit der sich die Banken und Fintech-Unternehmen derzeit schwertun, auch wenn entsprechende Initiativen und skalierbare Plattformen in der Schweiz bereits vorhanden und in Betrieb sind", merkt Ankenbrand an.

Übrigens: Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) spannt mit dem Verband Swiss Fintech Innovations zusammen, um den Finanzplatz in puncto Open Finance voranzubringen. Ziel ist es, günstige Voraussetzungen zu schaffen, damit Banken untereinander und mit Drittanbietern wie etwa Fintechs möglichst einfach und sicher zusammenarbeiten können. Auf der Agenda stehen unter anderem standardisierte Schnittstellen und Sicherheitsempfehlungen.

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