Kaspersky-Affäre

Geheimdienst-Aufsicht stellt Strafanzeige wegen mutmasslicher Daten-Weitergabe beim NDB

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von watson.ch / dwi

Die fragwürdigen Vorgänge beim Nachrichtendienst des Bundes rund um eine Kooperation mit Kaspersky sollen die Justiz beschäftigen. Laut SRF stürzt das den Bundesrat ins Dilemma.

(Source: freepik.com)
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Die unabhängige Aufsichtsbehörde über den Schweizer Geheimdienst hat gemäss einem aktuellen Bericht vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Strafanzeige eingereicht wegen früherer Vorgänge beim Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Demnach soll sich die Bundesanwaltschaft mit dem Fall beschäftigen.

Allerdings ist gemäss SRF-Bericht noch offen, ob es strafrechtliche Ermittlungen gibt. Derzeit befasse sich das Justizdepartement von Bundesrat Beat Jans mit der Anzeige. Es müsse entscheiden, ob die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren einleiten dürfe. Was auffällt: Die Verantwortlichen schweigen. Die unabhängige Geheimdienst-Aufsichtsbehörde AB-ND und deren Leiterin Prisca Fischer wollen sich nicht zu ihrer Anzeige "gegen unbekannt" äussern. Und auch die Bundesanwaltschaft erteilt "aktuell keine Auskunft".

Ungewöhnlich – und sinnvoll

Die Strafanzeige der Aufsichtsbehörde gegen den NDB sei ungewöhnlich, aber zu begrüssen, zitiert SRF den Sicherheits- und Rechtsexperten Markus Mohler, den früheren Baselstädtischen Polizeikommandanten. "Es mag sehr ungewöhnlich sein. Aber es ist korrekt. Wenn eine Behörde einen möglichen strafrechtlichen Tatbestand bei einer von ihr beaufsichtigten Behörde feststellt, dann hat sie das anzuzeigen."

Bei "politischen Delikten" sei eine sogenannte politische Ermächtigung vorgeschrieben, schreibt SRF. Zum Schutz der Landesinteressen könne das Justizdepartement aber eine Strafverfolgung auch verbieten. Am Mittwoch hatte das Investigativ-Team von SRF enthüllt, dass es beim NDB während Jahren eine problematische Nähe von eigenen Cyberspezialisten zur russischen Cybersicherheitsfirma Kaspersky gab. Es steht der Verdacht im Raum, dass sensible Informationen vom NDB an Kaspersky weitergegeben wurden und bei russischen Geheimdiensten landeten. Der jüngste SRF-Bericht beruft sich auf vier voneinander unabhängige Quellen, die bestätigten, dass die Strafanzeige bereits vor mehreren Monaten erfolgte.

Im SRF-Bericht ist von einem Dilemma die Rede: "Einerseits könnten Ermittlungen im Umfeld des Nachrichtendienstes dem bereits angeschlagenen Ruf des NDB weiter schaden, vor allem bei wichtigen ausländischen Partnerdiensten. Andererseits besteht grundsätzlich ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung."

Die Aufsichtsbehörde AB-ND hatte im Februar 2024 eine Untersuchung zu den Vorgängen abgeschlossen. Der entsprechende Bericht ist seit Mai 2025 verfügbar. Kürzlich habe die Behörde den Nachrichtendienst deutlich kritisiert: Versprochene zusätzliche Kontrollen im Cyberbereich seien "schlicht nicht umgesetzt" worden.

Der für den NDB zuständige neue Verteidigungsminister, Bundesrat Martin Pfister, hat bereits eine weitere Administrativuntersuchung angeordnet, also eine verwaltungsinterne Untersuchung. Diese soll zeigen, ob beim NDB widerrechtlich Daten gelöscht wurden. Der Magistrat zeigt sich entschlossen: "Ich will wissen, ob wirklich alles gemacht worden ist, was man machen muss in solchen Situationen." Das Vertrauen in den Nachrichtendienst sei von zentraler Bedeutung, und er setze persönlich alles dran, dass dieses wiederhergestellt sei, sagte er zu SRF.

 

Dieser Beitrag ist zuerst bei "watson.ch" erschienen.

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