Verbandsnachrichten von Asut

Zwischen digitalem Fortschritt und menschlichem Verhalten

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von Dominik Müller, Asut

Verkehrssicherheit ist nicht nur ein technisches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema. Unter dem Leitmotiv «Mit smarten Lösungen zu mehr Verkehrssicherheit» bietet die Mobilitätskonferenz eine ideale Plattform für den Austausch zwischen Unternehmen, Wissenschaft und Politik.

Dominik Müller, Stv. Geschäftsführer, Asut. (Source: zVg)
Dominik Müller, Stv. Geschäftsführer, Asut. (Source: zVg)

Verkehrsunfälle sind kein unausweichliches Schicksal – sie sind vermeidbar. Trotz stetiger Fortschritte in Infrastruktur, Fahrzeugtechnik und Verkehrsmanagement ereigneten sich jedoch 2024 über 17 000 Unfälle mit verletzen Personen, davon 250 mit tödlichem Ausgang. Der technische Reifegrad moderner Assistenzsysteme ist beachtlich und könnte viele Unfälle vermeiden. Doch der Mensch bleibt die grösste Unbekannte im System. Fehlverhalten, Ablenkung, Selbstüberschätzung oder Unkenntnis führen zu Situationen, in denen es trotz sicherer Systeme zu kritischen Zwischenfällen kommt. Wie können wir also smartere Wege gehen, um das Gesamtsystem, also Mensch und Maschine sicherer zu machen? 

Genau hier setzt eine neue Generation smarter Lösungen an: Sie vernetzen nicht nur Fahrzeuge und Infrastrukturen, sondern rücken gezielt das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden ins Zentrum. Denn Prävention beginnt weit vor dem zu vermeidenden Aufprall – in Wahrnehmung, Entscheidung und Interaktion.

Neue digitale Technologien eröffnen dabei innovative Wege. Virtuelle Realität (VR) und Augmented Reality (AR) ermöglichen es, komplexe Verkehrssituationen realitätsnah und ohne reale Gefahr zu simulieren. Solche immersiven Ansätze kommen bereits erfolgreich in Bildungs- und Sensibilisierungsprojekten zum Einsatz. Die Stadt Zürich etwa hat mittels VR tausende Personen in die Perspektive von Schulkindern, Velofahrenden oder Lastwagenlenkenden versetzt – mit dem Ziel, um deren spezifische Risiken und Bedürfnisse sichtbar und erlebbar zu machen. Dieses niederschwellige, emotional ansprechende Format birgt gros­ses Potenzial für eine breite Prävention.

Ausser der Erlebnisebene liefert auch die Analyseebene wertvolle Beiträge zur Verkehrssicherheit. Die zunehmende Verfügbarkeit von Mobilitätsdaten – aus Fahrzeugen, Sensoren, Infrastrukturen oder Mobilitäts-Apps – erlaubt es, Risikomuster frühzeitig zu erkennen. Wo häufen sich Beinahe-Unfälle? Welche Strecken weisen Sicherheitsdefizite auf? Durch intelligente Datenanalyse lassen sich solche Erkenntnisse nutzen, um gezielt Massnahmen zu planen, Infrastrukturen anzupassen oder gezielte Interven­tionen zu entwickeln – lange bevor ein Unfall überhaupt geschieht. Damit wird Prävention vorausschauender, wirksamer und ressourcenschonender.

Ein zentrales Feld in der Weiterentwicklung sicherer Mobilität liegt im Bereich vernetzter intelligenter Verkehrssysteme (C-ITS). Durch die digitale Kopplung von Fahrzeugen, Infrastrukturen und Verkehrsteilnehmern entstehen neue Sicherheitsgewinne. Fahrzeuge können sich gegenseitig vor Gefahren warnen, Ampelsysteme mit Echtzeitdaten reagieren, und schwächere Verkehrsteilnehmer – wie Velofahrende oder Fussgänger – können durch smarte Geräte besser sichtbar gemacht werden. Die Herausforderung dabei: Die einzelnen Komponenten müssen zuverlässig, interoperabel und in ein funktionierendes Gesamtsystem integriert sein. Technische Standards, rechtliche Rahmenbedingungen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit über Branchengrenzen hinweg sind entscheidende Faktoren für den Erfolg solcher Systeme.

Gleichzeitig steht das hochautomatisierte Fahren vor dem Markteintritt. Die Schweiz hat mit der neuen Verordnung zum automatisierten Fahren die dazu notwendige regulatorische Grundlage bereits geschaffen. Die praktische Umsetzung steht jedoch noch bevor. Die Sicherheitsgewinne durch automatisierte Fahrzeuge sind zwar theoretisch erheblich – etwa durch die konsequente Vermeidung menschlicher Fehler wie Ablenkung oder Müdigkeit. Doch das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine ist komplex: Nutzer müssen die Technik verstehen, ihr vertrauen und sie richtig einsetzen. Studien zeigen, dass der Mensch dazu neigt, Assistenzsysteme entweder zu überschätzen oder zu ignorieren – mit riskanten Folgen.

Deshalb gewinnt die psychologische Perspektive in der Verkehrssicherheit zunehmend an Bedeutung. Warum verhalten sich Menschen riskant, obwohl sie die Regeln und die möglichen Konsequenzen von Unfällen kennen? Wie lässt sich sicheres Verhalten im Verkehr fördern, ohne das Gefühl von Autonomie und Kontrolle einzuschränken? Und wie viel technischer Eingriff ist zumutbar, wenn er der kollektiven Sicherheit dient? 

All diese Aspekte zeigen: Verkehrssicherheit ist nicht nur ein technisches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema. Verkehrssicherheit ist ein integriertes Konzept – das dann besonders wirksam ist, wenn smarte Technologien auf menschliche Einsicht, politisches Handeln und gesellschaftliche Verantwortung treffen.


Mobilitätskonferenz 2025

Wie solche integrierten Ansätze konkret aussehen können, steht im Zentrum der von Asut, dem Fonds für Verkehrssicherheit (FVS), dem Bundesamt für Strassen (Astra) und ITS Switzerland (its-ch) organisierten Mobilitätskonferenz 2025. Unter dem Leitmotiv «Mit smarten Lösungen zu mehr Verkehrssicherheit» bietet die Konferenz eine ideale Plattform für den Austausch zwischen Unternehmen, Wissenschaft und Politik. Neben den Vorträgen gibt es Diskussionsrunden und eine begleitende Ausstellung, in der innovative Mobilitätslösungen präsentiert werden. Ein besonderer Programmpunkt: In einer Pitchsession werden drei kreative Lösungen für mehr Verkehrssicherheit vorgestellt – das Publikum kürt die überzeugendste Idee. 


Wann: 11. November 2025, 09.00 bis 16.20 Uhr
Wo: Bernexpo, Guisanplatz, 3014 Bern
Anmeldung: events.asut.ch

Webcode
Amuw9Gk7