"Comet" im Hands-on

Perplexitys KI-Browser besorgt zu viele Konzertkarten und zu wenig Parfum

Uhr
von René Jaun und cbi

Unter dem Namen "Comet" bietet Perplexity einen Web-Browser mit tiefer KI-Integration an. Während den Kurztests erweist sich die Anwendung als unterhaltsam und vielversprechend, aber auch als verbesserungswürdig.

(Source: Frank Cone / pexels.com)
(Source: Frank Cone / pexels.com)

Jetzt gibt’s "Comet" für alle. Den Web-Browser des KI-Unternehmens Perplexity, der zum Start nur den sehr viel zahlenden Usern vorbehalten war, dürfen jetzt alle kostenlos nutzen. Die Anwendung steht für die Betriebssysteme Windows und Mac zum Download bereit. Perplexity bezeichnet "Comet" als den "Browser, der für sie arbeitet" und listet auf seiner Website eine Reihe von möglichen Einsatzszenarien auf: Demnach könne der Browser etwa "einen qualitativ hochwertigen, bequemen und doch günstigen Bürostuhl" kaufen helfen, "eine einfache Website mit dem besten Website-Generatoren" erstellen oder "einen Studienplan basierend auf dem Stundenplan der kommenden Woche" generieren.

Die Redaktion nutzte das allgemeine Go-Live des KI-Browsers für ein paar kurze Tests. Dazu loggte sich der schreibende Redaktor mit seinem eigenen Perplexity-Account in "Comet" ein. Er hat ein kostenpflichtiges Abo, welches der Redaktor aber wegen eines Promo-Deals kostenlos erhält.

Die Eingabemaske des "Comet"-Browsers. In einem weissen Textfeld steht "Ask anything". Hinter dem weissen Feld sieht man ein Bild vom Weltall mit Sternen. (Source: perplexity.ai)

Die Eingabemaske des "Comet"-Browsers. (Source: perplexity.ai)

Test 1 – Accessibility: Geht so

René Jaun ist blind und arbeitet mit Hilfe eines Screen-Readers am PC. Damit lassen sich Anwendungen im Prinzip gut nutzen – aber nur, wenn die Entwickler sie barrierefrei umsetzen. Im Falle von "Comet" kann Perplexity schon mal auf ein gutes Fundament setzen: Der Browser basiert nämlich auf "Chromium". Dort bemüht man sich schon recht gründlich um Accessibility. Im Test ist es denn auch kein Problem, gängige Websites aufzurufen, zu lesen und darauf bestimmte Bereiche (Tabellen, Überschriften, Listen und so weiter) direkt anzuspringen.

Das Installationsprogramm dagegen entpuppt sich als mangelhaft zugänglich. Nur dank einem nerdigen Trick, den Alltags-User nicht kennen dürften – gelingt es dem Redaktor, den "Installieren"-Button überhaupt zu finden und auszulösen.

Schliesslich lassen auch die Status-Infos der Perplexity-KI zu wünschen übrig. Sehende User können anhand kurzer Meldungen jeweils feststellen, welche "Gedanken" sich der KI-Agent macht, welchen Schritt er gerade ausführt und haben die Möglichkeit, den Vorgang bei Bedarf zu unterbrechen. Mit Screen-Reader sind diese Status-Infos zwar lesbar; allerdings muss der blinde User die Meldungen jeweils "zusammensuchen", zumal der Browser den Cursor während dem Bearbeiten einer Aufgabe immer wieder verschiebt. Würde Perplexity diese wichtigen Meldungen mit dem passenden Code versehen (Stichwort: "Live-ARIA"), könnte Perplexity dafür sorgen, dass Screen-Reader die neuen Meldungen jeweils automatisch vorlesen.

Test 2 – Chat: Klappt, aber holprig

Einmal installiert, erteilt der Redaktor dem "Comet"-Browser ein paar Aufgaben aus seinem echten Alltag – Dinge, die er sowieso erledigen wollte. Recht zufriedenstellend erfüllt der Browser die erste Aufgabe: Das Verfassen einer Einladung ans Büro-Team für ein gemeinsames Mittagessen.

Beim ersten Versuch scheitert "Comet" zwar. Die Anwendung öffnet die Website der im Büro genutzten Collaboration-Lösung. Dann aber überlässt der Browser das Steuer dem User: Er solle sich selber anmelden und die Nachricht (immerhin schickt Perplexity noch einen Entwurf dafür) selber ins richtige Chatfenster kopieren.

Nachdem sich Jaun manuell angemeldet und dem Browser den gleichen Befehl erneut erteilt hat, gelingt das Experiment. Nach etwa 90 Sekunden verschickt "Comet" die Einladung in der korrekten Chatgruppe.

Das Problem, dass der Perplexity-Browser zum manuellen Login auffordert, wiederholt sich auch bei den übrigen Experimenten.

Test 3 – tickets: Dörf's es bitzeli meh si?

Als nächstes soll getestet sein, wie gut "Comet" einkaufen kann. ChatGPT soll dies ja neuerdings ganz besonders gut können, wie Sie hier erfahren. René Jaun, ein Fan der Metal-Band August Burns Red, erkundigt sich nun beim Web-Browser, ob noch VIP-Tickets (mit inkludiertem "Meet & Greet") für das im Dezember anstehende "Christmas Burns Red" verfügbar seien; falls ja, soll der KI-Browser doch einen entsprechenden Zwei-Tages-Pass kaufen.

Die Anwendung macht sich an die Arbeit. Mehrmals formuliert sie dabei die Frage um. Auf einmal lautet die Anweisung, Ein Ticket "wenn möglich mit Meet & Greet-Option" zu kaufen, was dem ursprünglich erteilten Auftrag widerspricht. Zum Glück findet die KI aber tatsächlich noch VIP-Tickets mit der gewünschten Option. Von sich aus – hier hätte ein sehender User wohl eingreifen können – wählt sie einen der verfügbaren zwei Tage für "Meet&Greet" aus und gibt dann bekannt, 2 Zwei-Tages-Pässe in den Einkaufswagen gelegt zu haben.

In einem 2. Versuch fordert der Redaktor die KI noch einmal und mit Nachdruck auf, "nur einen Zwei-Tages-Pass" zu kaufen. Aber erneut landet das Produkt am Schluss zweimal im Warenkorb. Es ist weiteres Nachprompten nötig, um den Browser dazu zu bewegen, die Anzahl Tickets von 2 auf 1 zu reduzieren.

Den Kauf abzuschliessen, testete René Jaun übrigens noch nicht. Vermutlich hätte das Experiment ohnehin damit geendet, dass "Comet" ihn dazu aufgefordert hätte, sich manuell in "Paypal" einzuloggen.

Test 4 – Parfum: Weniger ist – na ja – weniger

Zum Schluss schickte der Redaktor den Browser noch auf die Suche nach "Aigner No. 2 for Men". Der Duft der Marke Etienne Aigner ist von offiziellen Quellen nicht mehr erhältlich. Das erkennt die Perplexity-KI auch und offeriert ein paar alternative Bezugsquellen. Von den angebotenen Optionen entscheidet sich der Redaktor für das Auktionshaus "Ebay". Im Verlauf dieses Tests ändert "Comet" kurzfristig die Sprache von Deutsch zu Englisch. Ausserdem muss der User zweimal nachprompten, um "Comet" dazu zu bewegen, nicht nur Anweisungen für eine Produktsuche auszugeben, sondern diese auch tatsächlich auszuführen. Am Schluss landen leider nicht die gewünschten 2 Fläschchen im virtuellen Warenkorb, sondern nur eines.

Fazit: Gerne ausprobieren, aber mit Humor und Vorsicht

Für den Netzwoche-Redaktor waren diese Tests nur der Anfang. Den "Comet"-Browser arbeiten zu lassen, ist manchmal faszinierend (wenn die Aufgaben gelingen), manchmal belustigend (wenn die KI an ihre Grenzen stösst), aber auf jeden Fall unterhaltsam. Das macht Lust auf mehr und ist eine Empfehlung wert.

Gleichzeitig ist der Eindruck zwiegespalten: Das Tool kann vieles, macht aber auch immer wieder blöde Fehler. Ähnliches erlebte der Autor auch schon mit anderen KI-Lösungen – da gibt es etwa den Vorfall mit der Fusspilz-Crème oder dem Beinahe-Kurzschluss. Und es sei an dieser Stelle auf die mit KI-Tools verbundenen Datenschutzbedenken hingewiesen.

 

Als Fan der Perplexity-Suche outete sich übrigens unlängst Urs Bucher, CMO bei Cognizant Netcentric, in einer Netzwoche-Kolumne. Hier finden Sie seine Lobesworte – und seine Challenge an Sie.

 

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