Editorial

Von der Papierakte zur KI – und irgendwo dazwischen der Mensch

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Dylan Windhaber, Redaktorin. (Source: Netzmedien)
Dylan Windhaber, Redaktorin. (Source: Netzmedien)

Vor ziemlich genau elf Jahren habe ich meine Lehre in einer Gemeindeverwaltung begonnen. Drei Jahre später hielt ich stolz mein Fähigkeitszeugnis in den Händen – und hätte nie gedacht, dass ich irgendwann einmal dieses Editorial schreiben würde. Damals war Verwaltung noch ganz klassisch: Papierformulare, Stempel, Ordner, und das Highlight war das Faxgerät, das tatsächlich funktionierte. Homeoffice? Ein Fremdwort. Und die IT-Infrastruktur war zwar solide, aber eher Mittel zum Zweck und kein «Gamechanger».

Heute, nur etwas mehr als eine Dekade später, ist alles komplett anders. Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Datenanalysen sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Auch im öffentlichen Dienst haben sie Einzug gehalten und versprechen uns, Prozesse effizienter, transparenter und bürgernäher zu gestalten. Das alles klingt grossartig. Aber Hand aufs Herz: Die Frage ist doch, wie wir diese Technologien so einsetzen, dass sie uns nicht irgendwann über den Kopf wachsen. 

Wenn ich an meine Anfänge zurückdenke, dann ist es faszinierend (und zugegebenermassen auch erschreckend), wie stark sich unser Arbeitsumfeld in so kurzer Zeit verändert hat. Innerhalb weniger Jahre sind Themen wie Homeoffice, digitale Aktenführung oder Chatbots Realität geworden.

Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Lehrjahr, als ich in der Einwohnerkontrolle arbeitete. Ein Zuzug bedeutete damals: Formular ausfüllen, Unterlagen kopieren, Dossier anlegen – selbstverständlich in Papierform, ordentlich unter dem entsprechenden Buchstaben in der Schublade einsortiert. Da ich demnächst umziehe, musste ich mich kürzlich selbst ummelden. E-Umzug sei Dank dauerte das Ganze nicht einmal fünf Minuten: kein Stempel, kein Ordner, keine Büroklammer. Ein Effizienzlevel, das man früher wohl kaum für möglich gehalten hätte. Aber auch irgendwie schade, denn ich hielt während meiner Lehrzeit schon mal gern ein Schwätzchen am Schalter.

Das Ganze zeigt mir: Digitalisierung ist grossartig – solange wir das Menschliche nicht verlieren. Denn die eigentliche Chance liegt vielleicht nicht nur in der Geschwindigkeit, sondern darin, dass digitale Prozesse uns Luft verschaffen: mehr Zeit für Gespräche, für echte Begegnungen, und für das, was man eben nicht einfach automatisieren kann. Und genau darum geht es unter anderem auch in dieser Ausgabe: ein Blick darauf, wie wir Technologie, insbesondere künstliche Intelligenz, sinnvoll nutzen, ohne dabei das Wesentliche aus den Augen zu verlieren.

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