Wild Card von Marcel Dobler

Über Chinapäckli, oder weshalb das eigene Portemonnaie immer weniger grün ist

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Die Schweiz hat am 20. Oktober 2019 gewählt: Die grüne Welle ist auch hierzulande angekommen. Erstaunlicherweise hat dieses deutlich veränderte Wahlverhalten weder Einfluss auf den Flugbetrieb noch auf das allgemeine Konsumverhalten. Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen ist halt doch schwieriger, als einfach einen Wahlzettel einzuwerfen.

Auch im E-Commerce-Bereich bleibt bisher alles beim Alten: Im letzten Jahr wurden 33 Millionen Kleinwarensendungen (zumeist ohne MwSt. und Zollabgaben) in die Schweiz importiert, davon 23 Millionen allein aus Asien. Und nach wie vor werden etwa 50 Prozent der Zalando-Bestellungen unter anderem von der «Klimajugend» wieder zurückgesandt. So sind auch die wettbewerbsverzerrenden Paketpreise rund um den internationalen Versandhandel noch immer sehr aktuell.

Vom 24. bis 26. September 2019 tagte der Weltpostverein an seinem dritten ausserordentlichen Kongress in Genf zum Thema internationale Posttarife. Der Weltpostverein ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen und stellt das Funktionieren eines weltumspannenden Postnetzwerks sicher, indem er die Regeln dafür festlegt. Namentlich zu erwähnen ist das Endkostenvergütungssystem, das seit seiner Schaffung Rücksicht auf den Entwicklungsstand wirtschaftlich benachteiligter Länder nimmt und vorsieht, dass Sendungen aus weniger entwickelten Ländern im Ausland zu vergleichsweise günstigen Tarifen zugestellt werden. Es bezweckt damit die Unterstützung der Postorganisationen in ärmeren Ländern, um die weltweite Versorgung mit Postdiensten zu fördern.

Vergütungssystem für internationale Paketsendungen

Verhandlungsgegenstand des Kongresses war denn auch dieses Vergütungssystem für internationale Sendungen von kleinen Paketen (bis 2 kg), insbesondere die massiv tieferen Tarife für Entwicklungsländer. Die Paketflut aus Asien, vor allem China (u.a. von Alibaba und Wish), hat dazu geführt, dass die Schweizerische Post jedes Jahr Verlust schreibt, weil sie keine kostendeckende Vergütung für die Auslieferung von im Ausland aufgegebenen Kleinpaketen erhält. Der reine Inlandversand von Kleinpaketen in der Schweiz ist beispielsweise teurer als der Import aus China. Diesem Verlustgeschäft wollte man nun ein Ende setzen: Per Konsens beschloss der Weltpostverein, dass die Postbetreiber im Empfängerland der Sendungen in Zukunft die Höhe der Vergütung für die Endzustellung in einem gewissen Rahmen selbst festlegen dürfen. Damit wurde ein erster Schritt in Richtung Kampf gegen wettbewerbsverzerrende Paketversandpreise getan.

Falschdeklarationen der Mehrwertsteuer, keine Suisa-Abgaben, keine vorgezogene Recyclinggebühr

Eine weitere Problematik in diesem Zusammenhang ist, dass die Anzahl der vom Ausland importierten Pakete viel stärker wächst als die Mehrwertsteuer-Einnahmen beim Import. Es ist deshalb von systematischen Falschdeklarationen der Mehrwertsteuer der Absender auszugehen. Dazu kommt, dass keine Suisa-Abgaben geleistet werden und auch keine vorgezogene Recyclinggebühr entrichtet wird.

Bei Parlamentariern mit Bezug zu Retail und Versandhandel ist dieser internationale Versandhandel und die Forderung nach gleich langen Spiessen für alle Anbieter ein Dauerthema. Letztlich geht es um Steuergerechtigkeit und Arbeitsplätze in der Schweiz! Es werden verschiedene Lösungsansätze diskutiert, um die Flut an Kleinwarenpaketen aus dem Ausland in den Griff zu bekommen. Es stellt sich die Frage, welche regulatorischen Massnahmen getroffen werden müssen und wann oder ob die Schweiz abwarten soll, bis die EU in diesem Bereich aktiv wird. Es besteht sicher weiterer Handlungsbedarf und ich werde mich auch in der kommenden Legislatur dafür einsetzen!

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