Wild Card von Daniel Liebhart

Unter dem Radar

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So ganz nebenbei geschieht Wesentliches im Transportwesen. Aus traditionellen Güterfahrzeugen werden hochmoderne, rechnergesteuerte Transporteinheiten. Die Konsequenzen dieser Entwicklung dürften uns noch lange beschäftigen.

Die Entwicklung hat sich lange angekündigt. Bereits vor zehn Jahren hat Feldschlösschen seinen elektrischen Lastwagen «E-Force» mit einem entsprechenden Fahrzeug mit Dieselmotor verglichen, um zu prüfen, ob sich ein Einsatz lohnt. «Der Elektrolastwagen war auf allen Streckenprofilen mindestens um Faktor 2 effizienter unterwegs als der Diesellastwagen.» Soweit das Fazit der wissenschaftlich fundierten Vergleichsstudie der ETH. Trotzdem dauerte es bis Ende des letzten Jahres, bis ein moderner und konkurrenzfähiger Elektrolastwagen auf den Markt kam: der Tesla Semi. Wenig beachtet stellt er einen Wendepunkt in der Entwicklung des Transportwesens dar.

Gütertransport in der Schweiz

Mit 2273 Millionen Kilometern haben schwere Lastwagen in der Schweiz 2021 einen neuen Rekord aufgestellt – das entspricht 15-mal der Strecke von der Erde zur Sonne. 17,4 Milliarden Tonnenkilometer in Summe waren das, die gemäss BFS-Statistik «Güterverkehr in der Schweiz 2021» von knapp einer halben Million Fahrzeugen bewegt wurden. Das ist eine Steigerung um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Was für Lastwagen gilt, gilt auch für Lieferwagen. Knapp 5 Milliarden Kilometer wurden damit zurückgelegt. Damit liegt deren Fahrleistung um 67 Prozent höher als im Jahr 2000. Der zunehmende Bedarf spiegelt sich in steigenden Transportpreisen wider. So weist der European Road Freight Rates Benchmark Report im dritten Quartal 2022 ein Allzeithoch für die Frachtraten im Strassengüterverkehr aus. Gründe für den Preisanstieg sind neben der zunehmenden Nachfrage die Dieselausgaben und der Fahrermangel. Im Klartext sind das 40 Prozent mehr unbesetzte Fahrerstellen und ein signifikant gestiegener Kostenanteil des Treibstoffs an den Gesamtkosten von den normalen rund 33 Prozent auf bis zu 50 Prozent.  

Hochmoderne rechnergesteuerte Transporteinheiten

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der Tesla Semi und damit die neue Generation von Lastwagen sind der logische nächste Schritt in der technologischen Entwicklung des Transportwesens. Es beginnt beim Energiebedarf. Dieser und damit auch die Energiekosten sind bei Elektro-LKWs signifikant tiefer. Was die Messungen der ETH vor zehn Jahren zeigten, hat sich auf der 800 Kilometer langen Testfahrt des Tesla Semi mehr als bestätigt. Im Minimum kann von einer Halbierung der Energiekosten pro Transportkilometer ausgegangen werden. Da diese Kosten rund ein Drittel aller Transportkosten ausmachen, ist es nicht verwunderlich, dass gemäss einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company nur noch 28 Prozent aller Flottenmanager in Europa überhaupt noch Dieseltrucks bestellen wollen. Darüber hinaus belasten solche Fahrzeuge die Umweltbilanz der Kunden. 

Doch damit nicht genug. Die neuen Fahrzeuge eröffnen weitere Perspektiven. So können beispielsweise ohne gros­sen Aufwand mehrere Fahrzeuge von ein und demselben Fahrer gesteuert werden. Oder sie können nachts auf Schweizer Autobahnen auf einer der Spuren autonom fahren. Darüber hinaus können Leerfahrten, nur teilweise beladene Fahrzeuge, Leerzeiten oder lange Ladezeiten durch intelligente Logistiksysteme, die mit dem Lastwagen in Echtzeit kommunizieren, weitgehend vermieden werden. Wir stehen hier am Anfang einer weitreichenden Veränderung im Transportwesen. Genauer hinsehen lohnt sich!

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