Keynote von Chris Rupp

Auftrag: Projekt abschiessen!

Uhr | Aktualisiert

Die deutsche Anforderungsmanagement-Spezialistin Chris Rupp hielt die Keynote am gestrigen Swiss Requirements Day im Zürcher Kongresshaus. Dabei zeigte sie auf, dass bei zum Scheitern verurteilten IT-Projekten oft nur radikale Massnahmen helfen.

(Quelle: Swiss Requirements Day)
(Quelle: Swiss Requirements Day)

Ein zum Scheitern verurteiltes IT-Projekt auch effektiv abzubrechen, ist oft eine echte Knacknuss. Das weiss die deutsche Anforderungsmanagement-Spezialistin Chris Rupp, die gestern Mittwoch am Swiss Requirements Day im vollen Saal des Zürcher Kongresshaus die Keynote hielt.

Hie und da würden Projekte "totentwickelt", also praktisch ohne Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss weiter am Leben erhalten. Mit der Folge, dass Millionen in den Sand gesetzt werden und die Projektmitarbeiter zunehmend frustriert sind.

Hauptsache Hausfrieden wahren

Da sich von den Beteiligten, häufig aus Rücksicht auf wohlverdiente Manager, niemand getraue die Reissleine zu ziehen, bleibt laut Rupp nur eine Lösung: Einen "Projektmörder" engagieren. Konkret heisst das, ein Beratungsunternehmen "offiziell" mit der Rettung zu betrauen, "inoffiziell" aber die klare Devise herauszugeben, das Projekt "an die Wand zu fahren".

Der Vorteil dieser Lösung sei, dass intern niemand "schuld" sein müsse und der Hausfrieden gewahrt bleibe. "Jede Lösung ist okay, wenn man damit Millionen sparen kann", so Rupp.

Papierkram ohne Ende

Ein weiteres Verhaltensmuster nebst dem "Totentwickeln" ist laut Rupp der sogenannte "Managerismus und Reportismus", der häufig auch bei weniger grossen Projekten vorkomme. Sei etwa ein erstes Release mangelhaft oder zu spät geliefert worden, dann neigten viele Unternehmen dazu, die Schrauben beim Auftragnehmer anzuziehen, engere Lieferfristen zu setzen und schärfere Kontrollen zu machen.

Das führe dazu, dass beide Seiten zunehmend alle Schritte genaustens rapportierten, um sich abzusichern. Das Resultat: Kaum Fortschritte beim Projekt, dafür ein riesiger Papierberg. "Jeder versucht da, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen", so Rupp. Eine mögliche Lösung hier: Die Zeit, die für die Dokumentation aufgewendet wird, im Voraus klar festlegen.

Klare Anforderungen definieren

Von Anfang an klare Anforderungen zu definieren ist auch in einem anderen Szenario wichtig: Nämlich dann, wenn ein über viele Jahre weiter entwickeltes, komplexes System durch eine "einfache" und "moderne" Lösung abgelöst werden soll.

Die Knacknuss hier: Alle haben beim neuen System Sonderwünsche. Wolle man alle Wünsche berücksichtigen, sei das neue Projekt am Ende noch komplizierter als das alte. Deshalb schlägt Rupp hier vor: Die Ausnahmen in Grenzen halten und ein konsequentes Anforderungsmanagement durchzusetzen.

Von Word zu Excel zu ALM

Wie Anforderungen gemanagt werden können, zeigte in einem weiteren Referat Justyna-Wanda Niewiadomski vom Hörgerätehersteller Phonak auf. Für die sogenannte "Fitting Software", mit der unter anderem deren Hörgeräte konfiguriert werden, setzt das Unternehmen seit geraumer Zeit auf eine Application-Lifecycle-Management-Lösung.

Das war nicht immer so: In den ersten Jahren hat das Unternehmen die Anforderungen im Word erfasst. Eine sehr "schwerfällige" Lösung, wie Niewiadomski anfügt. Zum Beispiel sei es sehr aufwendig gewesen, herauszulesen, was effektiv die Anforderungen seien.

Deshalb schlug sie dann den Schritt hin zu Excel vor. Dies hatte den Vorteil, das alles plötzlich viel strukturierter daher kam. Doch auch da stiess man schnell an die Grenzen: Die Listen wurden zunehmend unübersichtlich, die Nachvollziehbarkeit bei Änderungen nahezu unmöglich. Deshalb ging Niewiadomski dann erneut auf die Suche nach einer neuen Lösung.

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