"Strategische Tätigkeiten sollte man nicht auslagern"
Hansjörg Bühler ist Geschäftsführer von Soberano-Sourcing und Leiter der Fachgruppe Sourcing & Cloud von Swiss-ICT. Im Interview spricht er darüber, was es bei der IT-Auslagergung zu beachten gilt.
Herr Bühler, welche Tätigkeiten lagern Unternehmen häufig aus?
Ich arbeite meist im Auftrag für Unternehmen mit 200 bis 1000 Mitarbeitern. Diese lagern vor allem ihre Netzwerke, Server und Daten aus. Auch die PC-Arbeitsplätze von FAT Clients bis hin zu Thin Clients sind interessant zum Auslagern. Drucker kauft man eigentlich heute nicht mehr, da hat man eher ein Service-Abonnement pro gedruckte Seite, inklusive aller anfallenden Kosten (Drucker, Toner, Service). Bei neueren, zukunfstweisenden Konzepten werden je nach Veränderung des Druckvolumens automatisch die passenden Drucker bereitgestellt.
Welche Tätigkeiten sollte ein Unternehmen nicht auslagern?
Solche, die strategisch wichtig sind, weil sie sehr nahe an den Geschäftprozessen sind und das Risiko besteht, dass sie kopiert werden könnten. Die strategischen Tätigkeiten sollte man folglich nicht auslagern, hingegen sollten die restlichen Tätigkeiten unbedingt periodisch auf die Auslagerungsfähigkeit und den idealen Zeitpunkt überprüft werden.
Was sind die Gründe für diese Aufteilung?
Nehmen wir als Beispiel den Betrieb von SAP. SAP als ERP-Anwendung kann für ein Unternehmen strategisch wichtig sein. Das ERP selbst zu betreiben ist hingegen nicht strategisch wichtig. Es muss einfach laufen. Die Weiterentwicklung der Anwendung kann wiederum strategisch wichtig sein, der Unterhalt und die Wartung hingegen nicht, das muss einfach gut gemacht werden. Also gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies anzugehen. Es gibt da kein generelles Richtig oder Falsch.
Wieso wird IT überhaupt ausgelagert?
Wir befinden uns derzeit in einer Phase der Industrialisierung der IT. Einen Webshop kann man heute als Service online beziehen und in den eigenen Geschäftsprozess integrieren. Unternehmen müssen solche Modelle in ihre Geschäftsmodelle einbauen, um langfristig kompetitiv bleiben zu können. Erstens hat man keine Fachkräfte mehr, die das alles selbst machen können und zweitens wäre das auch zu teuer. Das gleiche Prinzip findet man heute beispielsweise in der Automobilindustrie mit den Motoren oder in der Uhrenindustrie mit den Uhrwerken. Die wenigsten Unternehmen produzieren diese Komponenten noch selbst und trotzdem sind sie sehr erfolgreich unterwegs.
Worauf sollten Unternehmen grundsätzlich achten, wenn sie ihre IT oder einen Teil davon auslagern wollen?
Man kann extrem viel falsch machen. Das fängt damit an, dass man als Unternehmen eine Vorstellung entwickeln muss, wie wichtig die eigene IT zukünftig sein wird. Man muss sich auch bewusst sein, wo die Unternehmens-IT in Zukunft Wertschöpfung ermöglichen kann oder soll. Erst wenn man diese Fragen beantwortet hat, kann man entscheiden, was in den nächsten Jahren strategisch wichtig sein wird. Sonst lagert man womöglich das Falsche aus. Man muss sich zudem überlegen, welche Chancen und Risiken durch die IT zukünftig in der eigenen Branche entstehen. Tut man dies nicht, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass man mittelfristig Probleme hat.
Die heutigen technischen Möglichkeiten ändern sich ständig. So etwas zu antizipieren ist folglich nicht einfach?
Nein, das ist es nicht. Man benötigt dafür Branchenkenner und Leute, die antizipieren können, welche Trends sich wirklich durchsetzen werden und inwieweit diese einen strategischen Vorteil ermöglichen. Diese Leute müssen sich zusammen mit der Unternehmensleitung mit diesem Thema auseinandersetzen und so die Zukunft gestalten. Bei der Musikindustrie beispielsweise verdienen diejenigen heute ihr Geld, die vorausgesehen haben, dass es in Zukunft keine Schallplatten und CDs mehr geben wird. Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung eines Unternehmens dürfen sich daher keinesfalls um die IT foutieren, sonst verpassen sie Chancen. Leider noch viel zu oft reduzieren Unternehmen die IT ihres Unternehmens auf die drei Elemente Kosten, PC und ERP-System. Aber das ist zu einfach und birgt zu viele unternehmerische Risiken.
Welches sind die häufigsten Befürchtungen, die Unternehmen Ihnen gegenüber bezüglich In- und Outsourcing äussern?
Das Thema ist für viele Unternehmen völliges Neuland. Outsourcing-Dienstleister hingegen machen den ganzen Tag nichts anderes und haben daher einen enormen Wissensvorsprung gegenüber dem Kunden. Der Kunde hat dadurch eine viel schwächere Ausgangslage für Outsourcingprojekte. Zudem ist das Thema mit grossen Risiken behaftet. Es gibt leider heute noch viele Knüppelverträge, mit denen Provider ihre Kunden an sich binden. Viele Kunden merken dies erst, wenn sie Probleme mit dem Provider haben oder sich vom Provider trennen wollen. Daher ist es sehr wichtig, dass man sich gut überlegt, was man an wen und wann auslagert, was möglich ist und wie der Markt aussieht. Wenn ich Services auslagere, bewirkt das zudem Veränderungen im eigenen Unternehmen. Ich muss folglich einen Provider managen, statt meine eigene IT. Das ist anders und nicht unbedingt einfach.
Welche Auswirkungen hat eine Auslagerung von Dienstleistungen auf die eigenen Mitarbeiter?
Die menschliche Frage ist ein wichtiger Faktor beim IT-Outsourcing. Die Veränderungen im Unternehmen und in den Prozessen haben letztlich Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Man muss sich bewusst sein, dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen können, muss also den Aspekt Mensch berücksichtigen. Zudem stellt sich die Frage, wie man eine Beziehung zum Outsourcing-Partner managen und diese menschlich ausgestalten will. Das ist auch sehr wichtig, da das Ganze mit der Beziehung zu diesem Partner beginnt. Studien zeigen, dass viele Outsourcing Beziehungen scheitern, da dem Beziehungsmanagement zu wenig Beachtung geschenkt wird.
Kleinunternehmen können sich nicht für 20'000 Franken einen Berater leisten. Was können sie tun?
Wir von der Fachgruppe Sourcing und Cloud von Swiss-ICT haben einerseits auf der Hompage von Swiss-ICT Checklisten und Hilfsmittel bereitgestellt, anderseits auch das Berufsbild des Sourcing Managers geschaffen. Verschiedene Fachhochschulen in der Schweiz beginnen nun Aspekte dieses Berufsbildes in Ihre Ausbildungen zu integrieren. Swiss-ICT und die Fachgruppe Sourcing und Cloud führen diesen Herbst in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen einen CAS-Ausbildungslehrgang für Sourcing und Cloud Manager durch. Mit einem Sourcing Manager kann ein Unternehmen das Wissen intern verankern.

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