Focus: Stablecoins

Der Rahmen für Stablecoins wird jetzt gesetzt

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von Martin Hess, Swiss Banking

Die Zukunft von Stablecoins wird aktuell heiss diskutiert. Thematisiert werden die transformativen Impulse für neue digitale Geschäftsmodelle, die erwartete Vervielfachung der Volumen sowie die Regulierungsdynamik. Will die Schweiz ihren Status als führenden Blockchain Hub erhalten, braucht es aber Klärungen im Bereich Stablecoins.

Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik und Chefökonom, Swiss Banking. (Source: zVg)
Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik und Chefökonom, Swiss Banking. (Source: zVg)

Nach der Unterzeichnung des Genius Act durch den US-Präsidenten im Juni 2025 hat sich die Lautstärke der Diskussionen um die Zukunft, Chancen und Risiken von Stablecoins markant erhöht. Dies weniger wegen der im Detail erst noch auszugestaltenden Regeln, sondern eher als Hinweis, dass Stablecoins durch den US-Vorstoss global salonfähig werden dürften. Bis vor Kurzem war dies aufgrund inhärenter Risiken nicht so klar.

Noch im Sommer erklärte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die ultimative Autorität des globalen Geldsystems, dass Stablecoins elementare Anforderungen des Geldsystems nicht erfüllten. Viele Exponenten, vor allem aus der Wissenschaft, sehen in Stablecoins den Ursprung einer nächsten Finanzkrise. Mit den europäischen MiCA-Regeln, dem Genius Act und weiteren nationalen Rahmenwerken stehen die Ampeln für eine breite Herausgabe und Verwendung von Stablecoins jetzt auf Grün.

So auch in der Schweiz: Mit dem DLT-Mantelerlass verfügen wir zwar seit Jahren über eine pragmatische Grundlage für die Blockchain-basierten Geschäftsaktivitäten. Die Entwicklungen rund um Stablecoins wurden damals vom Gesetzgeber jedoch nicht antizipiert. Aus diesem Grund hat das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen am 22. Oktober die Vernehmlassung zu einer neuen Bewilligung für Zahlungsmittelinstitute eröffnet. Ziel der Vorlage ist es, die Rahmenbedingungen für die Marktentwicklung, die Standortattraktivität sowie die Integration innovativer Finanztechnologien in das bestehende Finanzsystem zu verbessern. Aus Bankensicht wird es wichtig sein, dass gleiche Risiken und gleiche wirtschaftliche Vorgänge den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen unterstellt werden.

Da Stablecoins ohne Intermediär übertragen werden können, sind sie für verschiedene Anwendungsfälle möglicherweise besser geeignet als andere Zahlungsmittel. Ihre Fähigkeit, Zahlungsprozesse zu rationalisieren und Transaktionszeiten sowie -kosten zu reduzieren, macht sie für bestimmte Einsatzbereiche im Zahlungsverkehr, für den Handel mit digitalen Vermögenswerten und in Zukunft auch für dezentrale Finanzdienstleistungen attraktiv. Sollte es Stablecoins gelingen, die digitale Wirtschaft zu stärken, könnte die Schweiz als globale Innovationsführerin mit einem starken Finanzplatz von einem CHF-Stablecoin profitieren. 

Als regulierte und beaufsichtigte Finanzintermediäre sind Banken für die Herausgabe von Stablecoins prädestiniert – und zugleich auch an den strategischen Optionen der Blockchain-basierten Finanzwirtschaft interessiert. Dies unterstreicht beispielsweise die jüngste Ankündigung eines internationalen Bankenkonsortiums mit Teilnahme der UBS, den Mehrwert von Herausgabe und Anwendungsfällen von Stablecoins prüfen zu wollen.

Solchen Potenzialen sind die Risiken einer breiten Verwendung von Stablecoins für das Finanzsystem gegenüberzustellen. Für Banken ist das Disintermediationsrisiko zentral: Jeder Stablecoin, den Endnutzer anstelle von Bankeinlagen halten, fehlt der Bank zur Refinanzierung von Krediten. Weitere Risiken ergeben sich, wenn die hierzulande verwendeten Stablecoins im Ausland herausgegeben werden und nicht auf Franken lauten.

Untätigkeit kann somit die strategische Abhängigkeit der Schweizer Wirtschaft vom Ausland erhöhen. Ob und wie ein CHF-Stablecoin herausgegeben wird, entscheiden der Markt als auch der Regulierungsrahmen – und diesen erstklassig auszugestalten, ist nun Sache der Politik.

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